Blickwechsel |
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Palästina, Israel – versöhnt für zwei Tage: Tarek und Keren erkunden Tel Aviv |
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(Foto: Studiocanal) |
Von Dunja Bialas
Es ist Krieg in Gaza – momentan Waffenruhe – , wochenlang gab es tägliche Berichte über Bombeneinschläge in Israel, dann im Gazastreifen. Mehr als 1000 Menschen, zivile Menschen, sind gestorben in den zwei Wochen des intensiven Bombardements gegen die Hamas. Immer wieder geht die Bombe eines islamistischen Selbstmordattentäters in Israel hoch. Wie lebt es sich unter der ständigen Drohung von Kriegsaggression und Terroranschlag? Abseits der politischen Schlichtungsbemühungen oder Scharfmacherparolen: Was machen die Einwohner der umkämpften Gebiete, um zu überleben? Gibt es Widerstand gegen den Konflikt, oder sind beide Seiten schon so infiltriert von der Feindschaft, dass auch für sie ein Leben miteinander nicht mehr stattfinden kann?
Genau um dieses alltägliche Leben inmitten des Konflikts zwischen Israel und Palästina geht es vom kommenden Samstag an in München. Die zweite Filmwoche Palästina / Israel, die vom 24. bis 31. Januar im Münchner Gasteig stattfindet, lädt ein zum »Blickwechsel«. Mit zehn abendfüllenden Filmen spannt sich für den Besucher ein weites Panorama auf, das den Blick auf beide Seiten des Konflikts freigibt. Spannend ist dabei, das hier Filme gezeigt werden, in denen die Filmschaffenden das Augenmerk auf den jeweils Anderen legen, die Palästinenser auf die Israelis, die Israelis auf die Palästinenser.
Es geht um das alltägliche Leben der Bevölkerung, um die Palästinenser in der Westbank, in Ost-Jerusalem und im Gaza-Streifen, auch um die Tür-zu-Tür-Nachbarschaft der Araber mit den Israelis in Israel. »Die Luft über Jerusalem ist voller Gebete und Träume«, schickt Mohammed al-Atar seinem Dokumentarfilm Jerusalem – The East Side Story voraus. Warum gibt es dieses Bestreben der
israelischen Politik, die christlichen und muslimischen Einwohner von Jerusalem abzudrängen und eine »jüdische bevölkerungsstatistische Überlegenheit« herbeizuführen? Al-Atar spannt die Geschichte der Stadt auf, befragt Wissenschaftler und Intellektuelle. Und kommt zur Erkenntnis: Jerusalem ist der Schlüssel zum Frieden.
Ein Selbstmordattentäter ist der Protagonist in dem Spielfilmdebüt Alles für meinen Vater des Israelis Dror Zahavi. Tarek, ein junger Palästinenser plant ein Selbstmordattentat in Tel Aviv, um seinen Vater zu rächen. Die Selbstzündung aber misslingt. In den folgenden Tagen taucht Tarek in die pulsierende Stadt ein, nimmt Kontakt auf zur israelischen Bevölkerung, verliebt sich gar. Ein Hoffnungsschimmer, Versöhnung? Der Film verschränkt wie der formenstrenge Day Night Day Night der russisch-amerikanischen Regisseurin Julia Loktev, der vor kurzem im Kino zu sehen war, politische mit privater Geschichte, ist leichtfüßig erzählt, was das Hoffnungsvolle unterstreichen mag.
Ein israelischer Politiker zieht in die Westbank, und befiehlt die Abholzung von 50 Jahre alten Zitronenbäumen, da sie ein Sicherheitsrisiko darstellen – schließlich bilden sie einen möglichen Unterschlupf für Terroristen und dies direkt vor der Haustür des israelischen Verteidigungsminsiters. Der israelische Regisseur Eran Riklis erzählt in seinem Spielfilm Lemon Tree vom
mühsamen Kampf der palästinensischen Bäuerin Selma, ihre Bäume zu retten – und mit ihnen die Wurzeln ihrer Familie.
In der aktuellen Berichterstattung über den Gaza-Israel-Krieg wurden die Bilder der zivilen Opfer in unsere Wohnzimmer gesendet, wir sahen die trauernden Mütter, die toten Kinder. Diesem Blutvergießen ein Ende bereiten wollen die Menschen im Dokumentarfilm The Encounter Point. Zwei Jahre lang begleiteten die israelischen
Filmemacherinnen Ronit Avni und Julia Bacha Menschen in Israel und Palästina, die aufstehen gegen den eskalierenden Konflikt. – Die couragierten Protagonisten der Filmwoche zeigen: Frieden ist möglich. Wenn nur der Blick auf den anderen geschieht.
Dunja Bialas
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