14.05.2013
28. DOK.fest München 2013

A River Changes Course

A River Changes Course
A River Changes Course: Noch auf dem richtigen Kurs?
(Foto: the film collaborative)

Ein Volk verschwindet

Von Natascha Gerold

Nein, Tiger, Bär und Elefant gibt es in diesem Dschungel Kambo­dschas nicht mehr. »Heute haben wir keine Angst mehr vor wilden Tieren, sondern vor den Menschen«, sagt eine weibliche Stimme aus dem Off, während die Kamera ein Stück abge­holzten Waldes abtastet. Die Aussage deckt sich mit den Nach­richten: Wie der britische Guardian erst vor kurzem berich­tete, wurden zwecks Kaut­schuk­anbau Wälder gerodet und Eigentum der Reis­feld­bauern okkupiert – mit ausdrück­li­cher Erlaubnis der kambo­dscha­ni­schen und laoti­schen Regie­rungen und, unter anderem, finan­ziert von Deutscher Bank und Weltbank.

Im Juni und November wechselt der Fluss Tonle Sap in Kambo­dscha seine Fließrich­tung. Doch für die Khmer, dem kambo­dscha­ni­schen Volk, gibt es kein Zurück mehr. Bei der globa­li­sierten Invasion geht es aber nicht nur um die Vernich­tung von Exis­tenz­grund­lagen in einem der ärmsten Länder Südostasiens. Das kambo­dscha­ni­sche Volk verliert immer mehr ihre Identität, schluss­fol­gert Regis­seurin Kalyanee Mam in A River Changes Course: Ange­sichts des über­fischten Tonle Sap sind Fischer keine Fischer mehr, niemand kann mehr dem selbst­stän­digen Reisanbau oder dem so detail­genau gezeigten Handwerk der Rattan-Produk­tion so wie einst nachgehen. Schul­den­fallen, in die die Menschen durch Preis­an­stiege für Lebens­mittel oder Medizin getrieben werden, wirken wie ein zusätz­li­cher Elends­ka­ta­ly­sator, der Familien zerreißt: Kinder müssen zugunsten jüngerer Geschwister auf die Schule verzichten, Jugend­liche ihr Eltern­haus verlassen, gehen in die Textil­fa­briken oder arbeiten weit weg auf den Feldern von Groß­kon­zernen – mit nur einem Ziel: So schnell wie möglich wieder nach Hause zurück­zu­kehren, um der Familie weiter­zu­helfen.

Mam kennt die globa­li­sierten Markt­mächte und die Mecha­nismen der inter­na­tio­nalen Finanz­in­dus­trie allzu gut, zeichnete sie doch für die Kamera beim ebenfalls hervor­ra­genden Doku­men­tar­film The Inside Job verant­wort­lich. In A River Changes Course lässt sie die Betrof­fenen deutlich zu Wort kommen und zeigt ihr Heimat­land – in dem viele Menschen aus dem Westen so gerne einen ange­nehmen Urlaub verbringen – in höchster Not.

A River Changes Course Di., 14.05., 20:30 Uhr,Völker­kun­de­mu­seum

www.dokfest-muenchen.de