09.05.2013
28. DOK.fest München 2013

Gulabi Gang

Subjektiv - Dokumentarfilm im 21. Jahrhundert
Starke und schlagfertige Frauen

Nicht Pretty in Pink

Von Natascha Gerold

Bei uns hat sich dieser Farbe ein Unter­neh­mens­riese bemäch­tigt. Doch in Indien ist sie Symbol einer neuen Kraft, die mitt­ler­weile auf 400.000 Unter­s­tützer zählen kann: Die in Pink geklei­deten Frauen der Gulabi Gang (»gulabi« bedeutet pink auf Hindi) sind unüber­sehbar in den Dörfern Nordin­dens, das mit einem pulsie­renden Stadt­leben der Metro­polen wenig gemein hat. Sie stellen Öffent­lich­keit her, schaffen Bewusst­sein gegen ein Patri­ar­chat, das sich unter dem Deck­män­tel­chen einer verquasten »Vorbe­stimmt­heit« immer noch alles zu erlauben glaubt: Sie unter­su­chen die oft als »Küchen­un­fälle« getarnten Morde an Ehefrauen, unter­s­tützen Strei­kende im Kampf gegen Korrup­tion, kandi­dieren für lokale Wahlen … und helfen schon mal mit dem Stock nach, wenn Männer nicht von Gewalt gegen Frauen ablassen wollen.

Regis­seurin Nishtha Jain begleitet die starke Truppe nicht nur bei ihrer Arbeit und porträ­tiert, quasi nebenbei, die uner­müd­liche und niemals hilflose Sampat Pal, die die Gruppe 2006 ins Leben rief. Jain richtet vor allem den aufmerk­samen Blick auf die Wirkung, die die Gulabi Gang auf die Öffent­lich­keit hat: Sie zeigt, dass es noch viel zu tun gibt, denn auch unzählige Geschlechts­ge­nos­sinnen haben das System von Gewalt, Schweigen und Bestechung nach wie vor verin­ner­licht und auch innerhalb der Gruppe wird deutlich, dass Idee und Realität auf tragische Weise manchmal nicht zusam­men­finden.

Doch das zarte Pflänz­chen der Wehr­haf­tig­keit ist eindeutig gesät, man sieht es vor allem an den Gesich­tern der Mädchen, die inter­es­siert beim Recruting der Gulabi Gang dabei sind und den flam­menden Reden Sampat Pals zuhören. Ihre junge Wut, die sich nicht mehr mit einem lako­ni­schen »ist halt Schicksal« abspeisen lassen will, macht Mut. Und so manchem Unver­bes­ser­li­chen bleibt bei der Konfron­ta­tion mit der pinken Frau­en­power nur hilfloses Herum­stehen oder ungläu­biges Starren, als ob gerade ein Ufo gelandet sei. Und irgendwie ist es das auch, denn mit der Gulabi Gang hat für Indiens Frauen eine neue Zukunft begonnen.

Gulabi Gang Sa., 11.05., Völker­kun­de­mu­seum München, und Mi., 15.05., Rio 2