Zwei im falschen Film

Deutschland 2017 · 107 min. · FSK: ab 12
Regie: Laura Lackmann
Drehbuch:
Kamera: Friede Clausz
Darsteller: Laura Tonke, Marc Hosemann, David Bredin, Katrin Wichmann, Christine Schorn u.a.
Tja, Selbstreferentialität…

Heinz und Hans in Wonderland

Geht man frei­willig ins Kino, um sich einen Film mit dem Titel Zwei im falschen Film anzu­schauen? Hans und seine Freundin Heinz (!), gespielt von Marc Hosemann und Laura Tonke, haben es getan – und sind sich nach der Vorstel­lung schnell einig, dass ihnen der Film nicht gefallen hat. Zu absehbar sei die Handlung, zu schwülstig die Musik, und den Figuren ist man auch nicht nahe gekommen. Dass die beiden sich gerade selbst auf der Leinwand gesehen haben, ist ihnen offenbar nicht aufge­fallen. Heinz will von Hans nur wissen, ob sie der Haupt­dar­stel­lerin ähnlich sieht.

Heinz und Hans sind seit acht Jahren ein Paar, sie verdient ihr Geld als Synchron­spre­cherin, und er arbeitet in einem Copyshop, in dessen Lager­räumen sie es sich wohnlich einge­richtet haben. Bald ist unüber­sehbar, dass ihre Beziehung in die Jahre gekommen ist und sich nur noch in seltsamen Routinen erschöpft. Als aber Hans einem Exfreund von Heinz bereit­willig ihre Nummer gibt und keine Spur von Eifer­sucht zeigt, wird Heinz plötzlich ganz emotional und es platzt aus ihr heraus: Ihr fehlen die »Sachen«, die eine Beziehung »filmreif« machen: Romantik, Sex, Leiden­schaft, Drama.

Das Paar einigt sich, die »Sachen« abzu­ar­beiten. Heinz gibt sich mit Hilfe von Exten­sions ein vermeint­lich flotteres Aussehen, und das Paar arran­giert bzw. orga­ni­siert ein paar filmreife Settings, die der Beziehung zu neuem Schwung verhelfen sollen: Zunächst lädt Heinz zum Reenact­ment ihrer ersten Begegnung in den gleichen Club­räumen wie einst (diesmal nur ohne Musik), und später mieten sie sich im orien­ta­lisch deko­rierten Liebes­hotel »Sherezade« ein, in dem sich Heinz, wie sie sagt, endlich wieder und ordent­lich »durch­fi­cken« lassen will. Aber diese Aktionen setzen doch nur negative Energien frei. Den Rest gibt ihnen ein trost­loses Film-Kostüm­fest mit Karaoke-Einlagen, zu dem ein befreun­detes Paar geladen hat – und Hans und Heinz scheinbar endgültig ausein­an­der­bringt. Nur kommt es ganz anders.

Zwei im falschen Film ist nach Mänge­l­ex­em­plar (nach dem Roman von Sarah Kuttner) die zweite Regie­ar­beit der DFFB-Absol­ventin Laura Lackmann. Mit diesem Projekt geht es ihr ausdrück­lich um den Konflikt zwischen realis­ti­schen und eska­pis­ti­schen Ambi­tionen beim Filme­ma­chen, und sie treibt diesen Wider­streit in teilweise absurd selbst­re­fe­ren­ti­elle Sphären (siehe oben). Mit drama­tur­gi­schen Volten, mit surrealen Einlagen und insze­na­to­ri­schen Stol­per­fallen sabotiert sie all die Erwar­tungen, viel­leicht auch die Stereo­typen, die man mit einem Bezie­hungs­film verknüpft. So bekommt fast jede Szene einen irri­tie­renden doppelten Boden. Laura Tonke begegnet mehrmals ihrem Alter Ego, sie sieht sich als Model in Werbe­an­zeigen, sogar als Figur in einem Film­schnipsel, den sie synchro­ni­sieren muss. Irri­tie­rend könnte man auch das hölzerne Spiel von Marc Hosemann finden, womit er sich wohl ganz bewusst von der expressiv agie­renden Laura Tonke absetzen soll.

Die Regis­seurin entscheidet sich schließ­lich fürs Happy-End. Dass sie dafür kurz vor dem vermeint­li­chen Finale einen neuen Hand­lungs­strang einführen muss, der den Span­nungs­bogen in sich zusam­men­fallen lässt und den Film unge­müt­lich in die Länge zieht, scheint ihr ziemlich egal zu sein. Denn nun kann sie Hans' Mutter unver­hofft ins Spiel bringen, die dement sein soll, aber lauter weise Dinge sagen darf. Und von ihr erfahren wir: Das Glück kommt, wenn man aufhört, mehr vom Leben zu erwarten, als man schon hat.