Die zweite Frau

Deutschland 2007 · 88 min.
Regie: Hans Steinbichler
Drehbuch:
Kamera: Christian Rein
Darsteller: Matthias Brandt, Monica Bleibtreu, Maria Popistasu, Sven Pippig, Maia Morgenstern u.a.
Keine geglückte Menage à trois

Erwin und die Frauen

Erwin ist der Albtraum aller Frauen. Dabei ist er doch eigent­lich ganz nett. Zugegeben, ein bisschen plump und unbe­holfen wirkt er viel­leicht, mit dem riesigen Schlüs­sel­bund, der vorne an seiner Hose baumelt, und seinen grauen Socken, die er zu Alther­ren­san­dalen trägt. Er ist eben eher einer von der stillen Sorte, einer, der lieber seine Fische füttert, anstatt Frauen anzu­spre­chen. Der Haken an ihm ist eigent­lich nur eines: seine Mutter.

In seinem neuen Film Die zweite Frau bedient sich Hans Stein­bichler des allseits bekannten Klischees vom Mutter­söhn­chen. Mit seinen 41 Jahren wohnt Erwin Kobarek (Matthias Brandt) noch immer bei seiner Mutter (Monica Bleibtreu), die ihm mittags die Soße über die Knödel gießt und ihm in der Badewanne den Rücken einseift. Auch sonst führt die Mutter das Regiment in dem kleinen Haus im Nirgendwo. Kein Wunder also, dass es mit den Frauen nicht so recht klappt. Erwins Leben ändert sich schlag­artig, als ausge­rechnet seine Mutter es für ange­bracht hält, ihren Sohn mit der Frau­en­welt in Kontakt zu bringen. Sie schickt den schüch­ternen Erwin nach Rumänien zu einer Heirats­agentur, damit er sich eine Frau aussucht.

Hier beginnen die Pein­lich­keiten, bei denen man sich ange­sichts des unge­schickten 41-Jährigen am liebsten im Kino­sessel verkrie­chen möchte. So wird der Zuschauer zum Beispiel Zeuge, wie Erwin beim Treffen mit einer poten­zi­ellen Heirats­kan­di­datin einen von Mutti zusam­men­ge­stellten Präsent­korb, in dem sich Scho­ko­lade, Schwarz­wäl­der­schinken, Nescafé und Kosmetika befinden, mit den Worten über­reicht: »Wir dachten, so was gibt´s hier nicht!« Der Film über­treibt nicht nur das Mutter­söhn­chen-Klischee, sondern gründet seine Komik auf dermaßen platten Witzen, dass eigent­lich nur die einge­blen­deten Lacher, die man aus ameri­ka­ni­schen TV-Serien kennt, fehlen.

Wer hätte es gedacht, der plumpe Erwin wird in Rumänien trotz seiner Unge­schickt­heit fündig und nimmt die attrak­tive Kran­ken­schwester Irina (Maria Popi­a­stasu) mit nach Hause. Natürlich ergeben sich aus der neuen Drei­er­kon­stel­la­tion im Hause Kobarek enorme Probleme: ein Macht­kampf zwischen Erwins beiden Frauen ist unver­meid­lich, da die Mutter Irina zu verstehen gibt: »Erwin ist mein Sohn« – und sie damit die erste Frau im Haus.

Die zweite Frau ist eine Komödie, deren Geschichte auf platten Klischees aufbaut, es aber dennoch schafft, sich gegen Ende des Films zu eman­zi­pieren. Ganz langsam entwi­ckelt sich Erwin vom Mutter­söhn­chen zum Rebellen, der zum ersten Mal in seinem Leben für etwas kämpft – für die Liebe einer Frau. Dem Zuschauer bleibt nichts erspart, vom ersten Orgasmus Erwins bis zu seiner Suche nach Irina, die sich nach einiger Zeit vergeb­li­chen Bemühens in ihre Heimat zurück­flüchtet. Am Ende aber blickt uns dann doch noch ein anderer Erwin von der Leinwand an – einer, der eigent­lich doch ganz nett ist.