Zeder

Italien 1983
Regie: Pupi Avati
Darsteller: Gabriele Lavia, Anne Canovas, Bob Tonelli
Hände wühlen sich aus Mauern raus
(Foto: Filmscoop)

Torkelndes Sterben der Einarmigen

Ein fast zaghafter Zombie-Film

Der viel­sei­tige italie­ni­sche Regisseur Pupi Avati war (ungenannt) an dem Drehbuch zu Pier Paolo Pasolinis Die 120 Tage von Sodom (1975) beteiligt. Darüber hinaus drehte Avati unter anderem Komödien und action­reiche Filme. Dem Genre­lieb­haber ist Avati insbe­son­dere durch dessen unge­wöhn­li­chen Giallo Das Haus der lachenden Fenster (1976) bekannt. Und 1983 drehte er mit Zeder – Denn Tote kehren wieder einen der unge­wöhn­lichsten Zombie­filme der Film­ge­schichte.

Haupt­dar­steller ist der Schrift­steller Stefano (Gabriele Lavia). Er bekommt von seiner Frau Alle­sandra (Anne Canovas) zum Geburtstag eine gebrauchte, elek­tro­ni­sche Schreib­ma­schine geschenkt. Als diese streikt, entdeckt Stefano auf dem Farbband Texte des Vorbe­sit­zers. Diese beschreiben die von Paolo Zeder in den 1950er-Jahren entdeckten »K-Zonen«. Das sind Gebiete, in denen die Grenzen der Zeit aufge­hoben sind und in denen die Toten deshalb zum Leben zurück­kehren können. Da Stefano eine gute Story für sein nächstes Buch wittert, fängt er an zu recher­chieren. Dabei gerät er ins Visier einer mächtigen Orga­ni­sa­tion, die sich ebenfalls für die »K-Zonen« inter­es­siert. Bald ist nicht nur sein Leben in Gefahr.

Anfang der 1980er-Jahre wurde der italie­ni­sche Genrefilm von einer Welle ultrab­ru­taler Zombie- und Kanni­ba­len­filme ergriffen. In Zombie­filmen wie Lucio Fulcis Ein Zombie hing am Glocken­seil (1980) und Über dem Jenseits (1981) und in Kanni­ba­len­scho­ckern wie Ruggero Deodatos Nackt und zerfleischt (1980) und Umberto Lenzis Die Rache der Kanni­balen (1981) werden keine Gefan­genen gemacht. Diese Filme suhlen sich in Blut und in Gedärm. Obwohl es sich bei Zeder der Handlung nach ebenfalls um einen Zombie­film handelt, hat Pupi Avatis Werk mit den zuvor genannten Genre­bei­trägen nichts gemein. Zeder kommt nicht deftig-explizit, sondern fast schon zaghaft verhalten daher. Statt auf rohe Gewalt setzt Avati auf leisere Töne.

Der Film schildert die Spuren­suche von Stefano. Über weite Strecken wirkt das wie eine Detek­tiv­ge­schichte. Entspre­chend nüchtern und dialog­lastig ist Zeder in den ersten zwei Dritteln seiner Laufzeit. Lediglich der dyna­mi­sche Score von Riz Ortolani sorgt hier für Atmo­s­phäre. Ortolani war übrigens auch für die Musik in Ruggero Deodatos Kanni­ba­len­scho­cker Nackt und zerfleischt verant­wort­lich. Doch die nüch­ternen Sequenzen sind immer wieder durch Szenen aufge­bro­chen, die ein Geheimnis in den Film hinein­bringen. Ein Mädchen, das in einem Keller die Hände in die Erde krallt. Eine Frau auf einem Stuhl, von der im Dunkeln nur die Beine zu sehen sind. Tauben, die aus einem leeren Sarg heraus­fliegen. Mit der Zeit verdichtet sich der Film und eine Atmo­s­phäre des Grauens nimmt zu. Eine junge Frau wird in dunklen Gewölben erstochen. Aus einer alten Mauer wühlen sich Hände heraus und legen sich um den Hals von einem Mann. Eine Einarmige torkelt aus einer Tür und sinkt tot zu Boden.

Durch Stefanos Verfol­gung durch die Geheim­or­ga­ni­sa­tion, die ebenfalls die »K-Zonen« erkunden möchte, wirkt Zeder stre­cken­weise wie ein 1970er-Jahre Para­noi­athriller wie Alan J. Pakulas Zeuge einer Verschwö­rung (1974). Doch allzu große Spannung kommt in diesem Film lange Zeit nicht auf. Das Drehbuch, an dem ebenfalls Pupi Avati mitge­schrieben hat, ist voller Logik­lü­cken und lässt eine Vertie­fung der Charak­tere vermissen. Zu Letzterem trägt auch das blasse Spiel von Gabriele Lavia in der Rolle von Stefano bei. Zudem ist seine Frau Alle­sandra eine voll­kommen passive Frau, die für Stefano eher ein Klotz am Bein als eine Unter­stüt­zung ist. An dieser Stelle zeigen sich die Geschlech­terkli­schees aus der Entste­hungs­zeit des Films. Erst im letzten Drittel nimmt Zeder deutlich an Fahrt auf. Auf einem geheim­nis­vollen und scheinbar verlas­senen Gelände macht Stefano eine erschre­ckende Entde­ckung. Am Ende mündet die Handlung in einen finalen grau­en­haften Twist, der jedoch erneut wunderbar zurück­hal­tend insze­niert ist.

Zeder – Denn Tote kehren wieder ist das hoch­in­ter­es­sante Beispiel für einen Zombie­film, der die mit diesem Genre verbun­denen Klischees sorg­fältig meidet. Dabei ist der Film jedoch nicht perfekt, sondern hat durchaus seine kleineren Schwächen. Trotzdem ist das Ergebnis insgesamt äußerst sehens­wert.