USA 2012 · 105 min. · FSK: ab 6 Regie: Peter Hedges Drehbuch: Peter Hedges Kamera: John Toll Darsteller: Jennifer Garner, Joel Edgerton, CJ Adams, Odeya Rush, Shohreh Aghdashloo u.a. |
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Kino ist Magie. Ein Topos, der das Schaffen auf der großen Leinwand seit den Anfängen begleitet hat. Und auch in jüngster Zeit von Filmemachern immer wieder beschworen wird. Erst 2011 stellte einer der großen Regie-Künstler eindrucksvoll die magischen Qualitäten des filmischen Mediums unter Beweis. Martin Scorseses Hugo Cabret, basierend auf einem Roman Brian Selznicks, ist weitaus mehr als ein atemberaubend fotografierter Kinderfilm in 3D. Mit Liebe zum Detail zeichnet der amerikanische Regisseur darin den Zauber der ersten cineastischen Gehversuche nach und setzt Georges Méliès, einem der bedeutendsten Pioniere des Kinos, ein würdiges Denkmal.
Auch der von Disney produzierte Familienfilm Das wundersame Leben des Timothy Green will, das lässt der vielsagende Titel bereits vermuten, die magische Kraft des Films spürbar machen. In der Rahmenhandlung sitzt das Ehepaar Cindy und Jim Green im Büro einer Adoptionsbehörde und erzählt den anfangs wenig geduldigen Mitarbeitern von ihren unglaublichen Erfahrungen mit Timothy, der wie aus heiterem Himmel in ihr Leben getreten ist: Nachdem die beiden erfahren haben, dass Cindy nicht schwanger werden kann, schreiben sie in einem Akt der Verzweiflung all die Eigenschaften nieder, die ihr Wunschkind haben sollte. Die Zettel vergraben sie schließlich in einer Holzkiste im Garten und glauben so, das traurige Kapitel abschließen zu können. Noch in derselben Nacht entsteigt jedoch der zehnjährige Timothy der Erde. Genau an der Stelle, wo Cindy und Jim die Zettelbox vergraben haben. Auch wenn der wundersame Junge, dem Blätter an den Beinen wachsen, keinen Zweifel daran lässt, dass er die Greens für seine Eltern hält, ist das Paar überfordert. Nur langsam finden sich Cindy und Jim in der unerwarteten Elternrolle zurecht.
Um die dramatische Grundsituation deutlich zu machen, scheut Regisseur und Drehbuchautor Peter Hedges zunächst nicht vor plakativen Bildern zurück. Natürlich muss das vollkommen verzweifelte Ehepaar nach dem niederschmetternden Gespräch beim Frauenarzt noch im Aufzug auf eine liebevolle Mutter treffen, die ihr Kind beschützend an sich drückt. Auch das wundersame Auftauchen Timothys wird von sehr konventionellen Umständen begleitet. Wie so oft ist es eine stürmische Gewitternacht, in der Außergewöhnliches geschehen kann. Erklärungen für Timothys wundersames Erscheinen und seine Herkunft liefert das Drehbuch nicht. Es zählt nur eins: Der Junge ist der Beweis, dass jeder Wunsch in Erfüllung gehen kann. Eine schöne Vorstellung und gleichzeitig der amerikanische Leitgedanke schlechthin.
Wohltuend aufgelockert werden die anschließenden Verwicklungen durch das eindrucksvolle Spiel des Jungdarstellers CJ Adams. Scheinbar leichtfüßig gelingt es ihm, die Unbekümmertheit Timothys und seine unbändige Neugier spürbar zu machen und den Zuschauer sofort für sich einzunehmen. Souverän umschifft Adams auch die allzu rührseligen Momente und bewahrt den Film so ein ums andere Mal davor, in seichte Gefühlsduselei abzugleiten. Themen wie die erste Liebe und elterliche Verantwortung spielen im Verlauf der Geschehnisse ebenso eine Rolle wie die Akzeptanz von Andersartigkeit, die am Beispiel Timothys betont wird. In die Tiefe geht Hedges freilich nur selten. Dafür ist seine Geschichte zu sehr darauf bedacht, allen Altersklassen zugänglich zu sein.
Die immer wieder eingestreuten Szenen aus der Rahmenhandlung bilden einen vor allem komischen Kontrapunkt zur wundersamen Geschichte Timothys, sind der Spannung des Hauptstranges letztlich jedoch abträglich. Warum die Greens im Büro einer Adoptionsbehörde sitzen und weshalb sie von den Erlebnissen mit ihrem außergewöhnlichen Sohn berichten, dürfte – zumindest für das erwachsene Publikum – recht schnell ersichtlich sein. Das melodramatisch vielleicht etwas zu sehr aufgeladene Finale kann so nicht wirklich überraschen.
Optisch weiß Das wundersame Leben des Timothy Green in weiten Teilen zu überzeugen. Der Kameramann und zweifache Oscar-Preisträger John Toll fängt den Indian Summer rund um die Kleinstadt, in der die Greens leben, in kraftvollen und wunderschönen Bildern ein. Die magische Aura, die der Film durch seine Hauptfigur zu verbreiten sucht, findet hier ihre formale Entsprechung. Auch wenn die erzählte Geschichte nicht immer an diese Ausdrucksstärke heranreicht, lässt sie das magische Potenzial des Kinos doch nachdrücklich aufscheinen.