USA 2002 · 133 min. · FSK: ab 18 Regie: Randall Wallace Drehbuch: Randall Wallace Kamera: Dean Semler Darsteller: Mel Gibson, Madeleine Stowe, Greg Kinnear, Sam Elliott u.a. |
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Jede Menge Helden |
Das größte militärische Trauma in der Kriegsgeschichte der Vereinigten Staaten ist weder das jahrelange Desaster von Vietnam, noch der blutige Bruderkampf des Bürgerkrieges, sondern die Schlacht am »Little Big Horn«. Mit nur etwas mehr als 200 Toten vergleichsweise eine Marginalie, war die fast völlige Niedermetzelung von General Custers Kavallerieeinheit durch die auch strategisch überlegenen Sioux-Krieger des Häuptling Sitting Bull die erste Niederlage vermeintlich in jeder Hinsicht überlegener US-Truppen gegen scheinbar »primitive« kulturell wie kriegtechnisch weit unterlegene Feinde. Der Kriegshistoriker John Keegan hat in seinem Buch über »American Battlefields« vor einigen Jahren das Ausmaß an Arroganz und in Selbstüberschätzung wurzelnder Ignoranz beschrieben, die der Niederlage vorausgingen, aber auch auf tiefere Ursachen hingewiesen, wie die Machokultur des damaligen US-Offizierskorps in der Custer strahlender Held und Outsider zugleich war, mmer unter dem Druck stand, sich durch neue Taten zu beweisen.
Die Parallelen zu Custer und seiner Einheit werden in Randall Wallace' Wir waren Helden (im Original: We Were Soldiers) immer aufs Neue gezogen. Und auch wenn sich seit dem späten 19.Jahrhundert einiges geändert haben mag, auch wenn man sich von allem antiamerikanischem Ressentiment frei fühlt, sind es Filme wie dieser, die einen daran zweifeln lassen, ob sich seit den Tagen des General Custer wirklich viel geändert hat.
»Custer war ein Schlappschwanz, Sir – Sie nicht!« – Mel Gibson, dem in Wir waren Helden dieses Lob zuteil wird, ist hier einmal mehr in der Rolle zu sehen, die er in den letzten Jahren am liebsten mochte: der ein bisschen schlichte, treusorgende, idealtypische Familienvater der weißen Mittelklasse, ein einfaches, aber dafür umso kampftauglicheres Gemüt – weil kaum durch des Zweifels Blässe angekränkelt. Ein amerikanischer »Patriot«, der weiß, dass man sich am besten aus allem heraushält, weil »die da oben« sowieso machen, was sie wollen, weil reden Betrug ist, und sich eh' nichts ändern lässt – ein Held des Antipolitischen, der praktischen Tat, in der das Handeln zum Selbstzweck wird, weil sich nur dadurch die inneren Zweifel bekämpfen lassen. Aus solchem Holz seien, suggeriert Wallace' Film wie schon sein oscarträchtiger Braveheart wie schon Emmerichs unsäglicher Patriot, diejenigen geschnitzt, mit denen sich in Staat machen lässt, fernab von Washington und dem Geschwätz der Politiker. Und wenn man damals im Dschungel zwischen Saigon und Hanoi nur mehr solcher Typen gehabt hätte, dann, suggeriert der Film, wäre auch der Vietnamkrieg anders ausgegangen. Mit derartigen indirekt natürlich hochpolitischen (und auch als solche beabsichtigten) Thesen markiert Wir waren Helden eine neue Stufe in der filmischen Bearbeitung der amerikanischen Vietnamkriegs-Erfahrung. Prägte fast alle früheren Filme ein verhältnismäßig differenziertes Bild auf diesen nach wie vor nicht endgültig verarbeiteten Krieg, hatten selbst die schlechteren unter ihnen noch so etwas wie Schamgefühl gegenüber dem tatsächlichen historischen Geschehen und Achtung für die moralischen Abgründe der eigenen Nation, so fallen solche Skrupel in Wir waren Helden weg.
Erzählt wird ganz konkret die Geschichte des Ausbildungs-Offiziers Moore (Gibson). Nicht aus Begeisterung, sondern aus Pflichterfüllung (natürlich) verschlägt es ihn nach Vietnam, wo er zwar tapfer kämpft, aber doch in eine ausweglose Situation gerät – ähnlich wie Custer in der Prärie. Klar, das die USA in Südostasien sowieso nur als Friedensengel im Einsatz waren, Heilsbringer, die freilich um das schmutzige Mittel des Krieges nicht herumkommen, um, wie es so schön heißt: Schlimmeres zu verhindern. Klar auch, dass ihre Feinde eine genauere Betrachtung nicht verdienen, vielmehr sieht man sie, wenn überhaupt, nur in rassistischen Stereotypen und als mordlüsterne Barbarenbande. So wird man Zeuge all jener ermüdenden Klischees, die die meisten Kriegsfilme – von politisch-moralischen Einwänden abgesehen – so unendlich langweilig machen. Vorhersehbare Gemetzel mit vorhersehbaren Minidramen schein in erster Linie die Funktion zu haben, den Film auf Länge zu bringen. Den Gipfel der Unverfrorenheit bildet allerdings die moralische Rechtfertigung der Napalmbombe, die der Film quasi nebenbei unternimmt – wobei man im Gesamtzusammenhang den Verdacht nicht los wird, dass hier mit den Zuschauern nicht nur künftige Kriegstote, sondern auch neue Superwaffen stellvertretend schon einmal eingeübt werden sollen.
Im Unterschied zu anderen Kriegsfilmen der jüngeren Zeit, wie etwa Ridley Scotts in Deutschland unklugerweise einstweilen vom Verleih auf unbestimmte Zeit verschobenen, künstlerisch wesentlich interessanteren und auch politisch zweideutigeren Black Hawk Down, erzählt Wir waren Helden seine Geschichte so eindimensional wie sie im Titel schon anklingt. Stilistisch hat man es mit primitivstem, blutrünstigen Gemetzel zu tun, und theoretisch kommt man über die schale Weisheit, Krieg sei als Vater aller Dinge eben doch letztlich der menschliche Naturzustand, auch nicht hinaus. Nicht Neues also, nur alles schlechter wie bisher.