Wildhexe

Vildheks

Dänemark/N 2018 · 100 min. · FSK: ab 6
Regie: Kaspar Munk
Drehbuch: , ,
Kamera: Adam Wallensten
Darsteller: Gerda Lie Kaas, Sonja Richter, Signe Egholm Olsen, Vera Mi Fernandez Bachmann u.a.
Yakari, Katniss und Harry in einem

Die Macht des Marktes

Eigent­lich ist das ein schlechtes Zeichen. Dass jetzt auch die Dänen, deren Film­in­stitut sich in den letzten Jahren ausge­spro­chen kreativ für originäre Stoffe im Kinder- und Jugend­film­be­reich einge­setzt hat, mit einer Best­seller-Verfil­mung aus dem Fantasy-Bereich – deren Fort­set­zungen jetzt schon absehbar sind – zu punkten versuchen. Was umso mehr erstaunt, als sogar den Deutschen inzwi­schen klar geworden ist, wie schwer es ist, das Ruder wieder rumzu­reissen, hat man einmal der Macht des Marktes nach­ge­geben. Erst Anfang September wurde auf einer Konferenz zur Zukunft des deutschen Kinder­films dieses Dilemma wieder offen­kundig: Es werden zwar vermehrt neue Stoffe entwi­ckelt und sogar verfilmt, doch gelangen sie entweder nie ins Kino (siehe z.B. die Königin von Niendorf in München), werden aus Kosten­gründen erst spät von den Fern­seh­sen­dern aufge­kauft oder versinken ganz und gar im Nichts. So wirkt das Fazit der Konferenz – »mutig zu sein, Neues zu etablieren, konkrete Forde­rungen zu stellen, den Blick über die Branche hinaus zu wagen, sich regel­mäßig in Feed­back­runden auszu­tau­schen und auf Bran­chen­treffs zu vernetzen, eine gemein­same Sprache zu entwi­ckeln und zu koope­rieren« – in seiner Flos­kel­haf­tig­keit fast schon ein wenig hilflos, umschreibt aber ziemlich genau, woran es der neuesten Produk­tion aus Dänemark mangelt.

Denn Wildhexe dürfte als Literatur-Verfil­mung des ersten Bandes der erfolg­rei­chen Wildhexe-Reihe (mehr als 300.000 verkaufte Exemplare in Deutsch­land) der dänischen Autorin Lene Kaaberbøl mit ziem­li­cher Sicher­heit erfolg­reich genug sein, um weitere Teile gene­rieren zu können, aber mutig oder neu ist an diesem Film sehr wenig.

Statt­dessen wird schon nach weniger als 15 Minuten klar, in welchem Universum wir uns befinden: da ist die 12-jährige Clara, die wie jedes andere Mädchen ist und ganz normal zur Schule geht. Alles ändert sich jedoch, als sie eines Tages von einem schwarzen Kater gekratzt wird. Clara entdeckt, dass sie eine einzig­ar­tige Begabung hat: Sie kann mit Tieren sprechen. Und genauso schnell findet sie heraus, dass sie eine Wildhexe ist. Noch dazu eine ganz besondere, denn sie ist die neue Wächterin der Wilden Welt. Zusammen mit ihrer Tante Isa, die sie das Hexen­ein­mal­eins lehrt, und ihren Freunden Oscar und Kahla stellt sie sich nach anfäng­li­chem Zögern ihrem Schicksal, das darin besteht, die Natur und sich selbst zu retten und zu kämpfen.

Dieser kurze inhalt­liche Abriss sollte deutlich machen, an welche Erfolge Wildhexe andocken möchte: da ist Yakari, der ebenfalls mit Tieren sprechen kann und Sprach­rohr für eine Natur­be­zie­hung ist, die in unserer tech­no­iden Welt mehr und mehr verloren geht; da ist Harry Potter, der über Magie ebenfalls das Böse zu bekämpfen versucht und genau wie Clara einen ständigen Spagat zwischen seiner »normalen« und seiner »beson­deren« Persön­lich­keit leisten muss; und da sind natürlich die Tribute von Panem mit ihrer starken weib­li­chen Haupt­rolle, die hier von Gerda Lie Kass verkör­pert wird.

Dieser anspruchs­volle Mix aus Erfolgs­re­zepten der letzten Jahre bringt aller­dings auch den Film immer wieder ins Strau­cheln, weil für all die Hand­lungs­ele­mente und Perso­nen­skizzen, die es braucht, um diesen Ansprüchen gerecht zu werden, einfach die Zeit fehlt, die einem Kinder- und Jugend­film im Normal­fall zuge­standen wird. Deshalb bleibt am Ende trotz der groß und trick­tech­nisch perfekt insze­nierten Spannung dann doch immer das schale Gefühl, dass hier mehr fehlt, als eigent­lich da ist.