What Happiness Is

Österreich 2012 · 91 min. · FSK: ab 0
Regie: Harald Friedl
Drehbuch:
Kamera: Helmut Wimmer
Schnitt: Michaela Müllner, Harald Friedl
Strahlendes Lachen! Es kann keinen Irrtum geben! Dies hier ist eindeutig Glück!

Lifestyle-Quatsch in Bhutan

Das Glück. Wer hat es schon wirklich? Wer hätte es nicht gern? Aber die Probleme mit dem Glück beginnen bereits damit, dass keiner so ganz genau sagen kann, woran man das Glück erkennt, wenn man es hat – geschweige denn, wie man es, wüsste man denn nun, was es ist, erreichen kann. Je genauer man das Glück anblickt, um so proble­ma­ti­scher wird es, und um so unglück­li­cher das denkende Bewußt­sein.

Seit Jahr­tau­senden haben sich die Philo­so­phen aller Länder bereits mit alldem herum­ge­schlagen, lange hatte man das Glück philo­so­phisch ignoriert oder gar verachtet – als schönen selbst­süch­tigen Hedo­nismus hat man es denun­ziert, hat sich lustig gemacht über jene angel­säch­si­schen Utili­ta­risten, die »das größte Glück der größten Zahl« per exakter Formel mathe­ma­tisch berechnen wollten, oder man hat es gut pessi­mis­tisch mit dem antiken Griechen Epikur gehalten, der das größt­mög­liche Glück nur in der Abwe­sen­heit von allem Unglück sehen konnte.

Dann, in den letzten 20, 30 Jahren wendete sich das Blatt, und das Glück wurde plötzlich reha­bi­li­tiert: Im Zeichen der Post­mo­derne, mit ihrem Verblassen utopi­scher Höhen­flüge und ihrer Aufwer­tung der Indi­vi­dua­lität, vor allem aber mit dem Abschied von allen Gewiss­heiten kam plötzlich das Glück zurück auf die Tages­or­dung

Wenn es schon weit und breit keine Wahrheit mehr geben sollte, dann könnte man doch wenigs­tens glücklich sein – die einen verdienten viel Geld, die anderen ließen sich die Sonne auf den Bauch scheinen und nannten es »mittel­mee­ri­sches Denken«. Und die Philo­so­phen, drohte, nachdem sie zuerst alle Götter für tot erklärt und dann alle Ideo­lo­gien verab­schiedet hatten, die Arbeits­lo­sig­keit – solange sie nicht im Auftrag einer Privat­bank Vorträge über Wirt­schafts­ethik hielten. Oder aber sie wandelten sich von Propheten letzter Gewiss­heiten zu Agenten der Lebens­kunst und Analy­ti­kern des Glücks...

Genau dies steht im Zentrum vom Film What Happiness Is des Öster­rei­cher Harald Friedl.

Die Alter­na­tive zu alldem Unglück des Westens liegt offenbar im fernen Osten. Der Film reist ins König­reich Bhutan, und zeigt Beamte eines Glücks­mi­nis­te­riums, die das Brut­to­in­lands­glück ermitteln. – Klingt wie ein Science-Fiction-Roman von Orwell oder Huxley, ist aber für Friedl offenbar die Alter­na­tive zu 2000 Jahre Philo­so­phie­ge­schichte und damit mal so eben die Lösung aller Glücks­pro­bleme durch aufge­klärten Abso­lu­tismus.

In der Doku­men­ta­tion von Harald Friedl efährt man trotzdem nicht viel. Friedl zeigt weit­ge­hend unkom­men­tiert wenig Subtan­ti­elles, eher geht es ums Fühlen. Und um eine fröhliche Diktatur: In Bhutan ist erst seit einem Jahrzehnt Fernsehen erlaubt – natürlich nur staat­li­ches. Filialen von Fast-Food- und Hotel-Ketten sind verboten, die Einfuhr von Plas­tik­waren aller Art ist regle­men­tiert. Dafür ist der Umwelt­schutz in der (neuen) Verfas­sung verankert – da freut sich der durch Müll­trennen und 30 Jahre Ökode­batten vom Wald­sterben bis zur Klima­ka­ta­strophe geschulte Mittel­eu­ropäer.

Trotzdem sieht auch eine junge Dorf­be­woh­nerin in Bhutan auf die Frage, was für sie »Glück« bedeute, die Antwort im neuen Handy-Mast. Das Abendland ist zumindest im fernen Osten noch nicht unter­ge­gangen, das westliche Leben und damit das Unglück des Wohl­stands, des Brut­to­so­zi­al­pro­duks und der Frage nach dem Glück lassen nicht mehr lange auf sich warten.

So entpuppt sich dieser Film am Ende als Bluff. Er ist Teil der west­eu­ropäi­schen Glück­in­dus­trie, die schon immer außerhalb Europas den Ausweg aus allen europäi­schen Debatten fand – bei Konfuzius und Buddha, bei Hare-Krishna und den Sanyassin, und jetzt eben in Bhutan beim Brut­to­so­zi­al­glück.

Dieser Film ist, mit anderen Worten, ein Beispiel für den ganz normalen üblichen Lifestyle-Quatsch.