Weißer Oleander

White Oleander

USA/D 2002 · 110 min. · FSK: ab 12
Regie: Peter Kosminsky
Drehbuch:
Kamera: Elliot Davis
Darsteller: Michelle Pfeiffer, Renée Zellweger, Robin Wright Penn, Alison Lohman u.a.

Mode und Verzweiflung

Im Hollywood-Jargon ist Peter Kosminskys Weißer Oleander, die Verfil­mung von Janet Fitchs Best­seller, ein »Frau­en­film«: Die Handlung drama­tisch bis zum Melo, die Gefühle echt und groß bis zum Senti­men­talen, im Zentrum das komplexe Verhältnis von vier sehr unter­schied­li­chen Frauen. Zwei davon werden von Stars darge­stellt, die zu Recht schon viele Lorbeeren geerntet haben: Michelle Pfeiffer und Renée Zellweger, und den Namen der eigent­li­chen Haupt­dar­stel­lerin, der noch unbe­kannten Alison Lohman sollte man auch nicht wieder vergessen.

Am Anfang wird man in ein kompli­ziertes Mutter-Tochter-Verhältnis einge­führt: Lohman spielt Astrid, Pfeiffer ihre Mutter Ingrid. Vertrau­lich tauschen die beiden ein paar kluge Sätze über das andere Geschlecht aus, Sätze, wie man sie in Hollywood zumeist eher am Ende eines Films hört, weise Einsichten nach über­stan­denen Kämpfen, direkte Übergänge ins Happy End. Doch viel hat es mit der gelas­senen Weisheit nicht auf sich, bei der nächsten Gele­gen­heit bringt Ingrid ihren Lover um. Während die Mutter für 35 Jahre ins Gefängnis kommt, findet Astrid in wech­selnden Pfle­ge­fa­mi­lien keinen rechten Halt. Das mag auch daran liegen, dass Ingrid Liebe mit Herrsch­sucht verwech­selt, und noch von der Zelle aus versucht, in das Leben ihrer Tochter einzu­greifen. Doch so barsch der Ton, so unnett mancher ihrer Ratschläge, so fies ihre kleinen Einmi­schungen – tief im Inneren weiß der Zuschauer, weiß auch Astrid, dass die Mutter schärfer sieht, fast immer recht hat.

Doch bevor einen je das Mitleid packt, domi­nieren ergöt­zende Einblicke: Kleine entlar­vende, herrlich voyeu­ris­ti­sche Über­ra­schungs­reisen in die Nischen des American Dream, Fami­li­en­szenen, wie man sie zuletzt nur bei Todd Solondz sehen durfte – die Einheit von Mode und Verzweif­lung. Auch später, wenn Astrid ziellos durch Kali­for­nien reist, und auf der Suche nach sich selbst erst einer reli­giösen Spinnerin (Robin Wright Penn), dann einem labilen Ex-Filmstar (Renée Zellweger) über den Weg läuft, behält der Film seinen klugen, bösen Blick: Keine Satire, sondern eine Selbst­be­frei­ungs­story, die seltene Kombi­na­tion von scharfer Intel­li­genz und Opti­mismus im Gewande des Unter­hal­tungs­films.