USA 2025 · 103 min. · FSK: ab 12 Regie: Andrew Ahn Drehbuch: Andrew Ahn, James Schamus Kamera: Ki Jin Kim Darsteller: Bowen Yang, Lily Gladstone, Kelly Marie Tran, Han Gi-Chan, Joan Chen u.a. |
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Das Ende der Ewigkeit? | ||
(Foto: Universal) |
Ach, die guten alten Zeiten, als noch nicht die irren Autokraten die Welt regierten und Queer-Sein sich wie ein gewagtes, aber dann doch befreiendes Spiel, das die ganze Welt umgarnte, anfühlte – zumindest in den westlichen Metropolen. Wer heute einen Blick in Ang Lees Film The Wedding Banquet aus dem Jahr 1993 wirft, kann von diesem Gefühl etwas ahnen und außerdem den Film sehen, mit dem Ang Lee der internationale Durchbruch gelang.
Mehr als dreißig Jahre später ist die Welt eine andere. Deshalb ist es nicht verwunderlich, dass das Remake von Ang Lees damals in Berlin mit dem Goldenen Bären ausgezeichneten Film eine etwas andere Geschichte erzählt. Nicht nur, weil Andrew Ahn in seinem Remake natürlich die Gegenwart anvisiert, in der die mittellose Lebenskünstlerin Angela (Kelly Marie Tran) nicht allein (wie im Original), sondern in einer lesbischen Beziehung mit Lee (Lily Gladstone) lebt und dringend Geld für Lees teure In-vitro-Fertilisationsbehandlung benötigt. Geld, das von Min (Han Gi-chan) kommen soll, einem jungen, schönen und reichen Südkoreaner, der mit Chris (Bowen Yang) liiert ist, der ihn jedoch nicht heiraten will, trotz aller Liebesbezeugungen. Seine Bindungsängste sind schlicht zu übermächtig. Genau wie die Ängste von Min bezüglich seiner koreanischen Großmutter, die ihn eigentlich im heimischen Textilimperium integrieren will und nichts von Mins freizügigem, alles andere als hetero-normativen Leben ahnt. Zumindest glaubt Min das. Doch als seine Green Card erneut abläuft und eine Verlängerung nicht möglich ist, muss gehandelt werden, so wie auch im Original-Film.
Schon an der doppelten Queerness- und Namensherkunftsland-Spirale zeigt sich jedoch, dass die Welt und vor allem Amerika noch einmal komplexer und internationaler geworden sind. Das wird über das hervorragende Ensemble und mit einer wie immer doppelbödigen und exzellenten Lily Gladstone (zuletzt in Martin Scorseses Killers of the Flower Moon) so quirlig und ganz im Sinne alter Screw Ball-Komödien auch immer wieder überraschend und intelligent von Andrew Ahn umgesetzt. Vor allem die Über-Assimilierungs-Passagen, die über Angelas Mutter May (Joan Chen) und ihre Aktivitäten beim Seattle Ableger von Parents and Friends of Lesbians and Gays in den Plot integriert werden, sind gerade in Kombination mit dem drohenden Culture Clash durch Mins Grossmutter Ja-Young (Youn Yuh-jung) so süffisant wie überraschend. Denn auch der Culture Clash ist inzwischen eine andere Dimension als noch vor 30 Jahren. Zwar gibt es „die“ Tradition immer noch, doch auch »die« hat sich inzwischen einige Male neu verpuppt.
Dennoch sieht sich Ahns Remake anders als damals Ang Lees Original, das sehr gegenwärtig wirkte, wie aus der Zeit gefallen an.
Denn das, was in dieser unkonventionellen romantischen Komödie mit Green Card- und Heirats-Missbrauch angedeutet wird und dann vor allem das fast obsessive Beschwören queeren Zeitgeistes, scheint angesichts der gegenwärtigen amerikanischen Politik alles andere als gegenwärtig, sondern wirkt wie ein letztes Aufbäumen vor dem Ende der Leichtigkeit, vor dem Ende eines freien Lebens, das bei Ang Lee noch ein Versprechen war, das für alle Ewigkeiten zu gelten schien.
Doch für wirklichen Trübsal ist dieser Film dann doch zu wild und leicht,und kann stattdessen auch als Trotzreaktion gesehen werden. Denn statt aufzugeben und einzulenken und sich wie früher in Mikro-Bubbles zu verstecken, geht es auch anders und so laut wie dieser Film es herausschreit: Make America queer again!