Urlaubsreif

Blended

USA 2014 · 117 min. · FSK: ab 0
Regie: Frank Coraci
Drehbuch: ,
Kamera: Julio Macat
Darsteller: Adam Sandler, Drew Barrymore, Kevin Nealon, Terry Crews u.a.
Krankenhausreif

Vor allem zu viel und zu wenig

Der deutsche Verleih­titel lässt nichts Gutes ahnen – Urlaubs­reif. Welt­weiter Start 23. Mai, einen Monat bevor in der west­li­chen Hemi­s­phäre so langsam die großen Sommer­fe­rien eingeläutet werden. Nach welt­weitem Stamm­tisch­glauben und Smalltalk-Ritual also die Zeit, da jeder genau das sein sollte – nämlich urlaubs­reif. Der Film also nicht nur zur Jahres­zeit, sondern auch für ein ausge­sucht breites Ziel­pu­blikum: Mittel­klasse, ange­stellt, mehr­heit­lich weiß. Keine guten Vorgaben. Allein schon der Gedanke an andere massen­kom­pa­tible Jahres­z­ei­ten­filme – man denke nur an Weih­nachten – reicht da schon, das kalte Grausen zu bekommen.

Doch Urlaubs­reif ist immerhin von Adam Sandler produ­ziert und auch von Sandler mit der männ­li­chen Haupt­rolle besetzt. Und immerhin spielt Drew Berrymore an seiner Seite. Eine Kombi­na­tion, die in 50 erste Dates und Eine Hochzeit zum Verlieben recht gut funk­tio­nierte. Beide sind natürlich inzwi­schen älter geworden, für beide ist also die Zeit gekommen, sich auf alters­ge­mäße Bezie­hungs­mo­delle umzu­stellen. Ein Umstand, den der englische Titel bereits andeutet: Denn Blended könnte auch eine Umschrei­bung für Patchwork sein, denn genau dies ist – neben dem Feri­en­thema – der zweite narrative Anker in Urlaubs­reif: zwei allein­er­zie­hende Eltern, Lauren (Drew Barrymore) und Jim (Adam Sandler), versuchen sich vergeb­lich über ein Blind Date näher zu kommen, haben dann aber weitaus mehr Erfolg, als sie durch einen selten dämlichen Zufall nicht nur den gemein­samen Urlaubsort, sondern auch das Zimmer teilen müssen. Samt Kindern, versteht sich.

Wer den von Adam Sandler ebenfalls produ­zierten und bespielten Chaos-Dad gesehen hat, weiß, dass Sandler beim Thema Familie nicht zimper­lich ist, dass er durchaus bereit ist, Projekte zu fördern, die sich dem gesell­schaft­li­chen Main­stream und jedweder politisch korrekten Aussage gerade in Bezug auf Fami­li­en­struk­turen wider­setzen. Humor als Waffe des Wider­stands, Allheil­mittel zur Stärkung gegen den biederen Alltag – was gibt es Besseres! Doch was in Urlaubs­reif zusam­men­kommt, stärkt niemanden, sondern schlägt einen statt­dessen kran­ken­haus­reif.

Nicht nur gelingt es Frank Coraci kaum, die Fäden des abstrusen Plots zusam­men­zu­halten, der völlig wirr zwischen roman­ti­scher Komödie, Bezie­hungs­drama, Coming of Age-Elementen, und dümm­lichsten Slapstick-Einlagen hin und her-taumelt und bisweilen an die bizarren 70er-Jahre Komödien von Adriano Celentano erinnert. Nein, was darüber hinaus weitaus mehr schmerzt, ist ein pudelwohl daher­stol­zie­rendes konser­va­tives Familien- und Männ­er­bild, das durch verhal­tene Ironie zwar dann und wann pflicht­schul­digst abge­watscht, aber im Kern doch zele­briert wird, indem aus zwei desolaten Klein­fa­mi­lien – hoko­s­pokus – eine intakte Groß­fa­milie generiert wird. Hilfe­stel­lung leistet dabei der gemein­same Urlaub, der wohl­weis­lich in Südafrika platziert ist, wo Trieb, Natur und »Ursprungs­fa­milie« ja wie jeder weiß, ihre biolo­gi­sche Heimat haben.

Während man also verblüfft und fassungslos einem pseudofolk­lo­ris­ti­schen Feuerwerk zuschaut, das zudem von unvor­stellbar ausgehöhlten ethni­schen Stereo­typen unter­füt­tert ist, entgleitet einem der Film auch längen­mäßig immer wieder, wird oft zu viel gesagt, um zu wenig zu erklären. Und steht am Ende seltsam verdutzt da und fragt sich, ob soviel Groteske auch etwas Gutes abzu­ge­winnen ist.