USA 1999 · 114 min. · FSK: ab 6 Regie: Wayne Wang Drehbuch: Alvin Sargent Kamera: Roger Deakins Darsteller: Susan Sarandon, Natalie Portman, Shawn Hatosy, Hart Bochner |
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Mutter und Tochter |
Mit wem soll man sympathisieren? Schnell sieht sich der Zuschauer vor diese Aufgabe gestellt, nicht weil die beiden Hauptfiguren in Überall, nur nicht hier so unsympathisch wären, sondern vielmehr, weil man sie so gut verstehen kann: da ist die 16jährige Ann (überzeugend und präzis: Natalie Portman), aus deren Perspektive US-Regisseur Wayne Wang (Smoke) seine Geschichte erzählt. Wie in ihrem Alter üblich, nörgelt und hadert sie mit ihrer Mutter Adele (Susan Sarandon). Denn die ist gar zu peinlich, und ihre theatralischen Auftritte werden zur Qual für die Tochter.
Doch auch Adele kann man gut verstehen. Wang zeigt eine nicht mehr ganz junge Frau, die ihrer Jugend – auch der ungelebten – nachtrauert, und ihrem Dasein endlich einen neuen eigenen Sinn geben möchte.
Der Film konzentriert sich ganz auf diesen Generationenkonflikt und die Irritationen zwischen Mutter und Tochter. Das Drehbuch des zweimalige Oscargewinners Alvin Sargent zeichnet zwei sensible Frauenfiguren im Widerstreit zwischen Liebe füreinander und Streben nach Autonomie.
Dabei geht es um mehr als bloß Persönliches. Unverkennbar zeigt Wang auch das Drama der Kinder der Protestgeneration. Wo nicht nur Jobs und Wachstum unsicher sind, die Bildung verfällt,
sondern die Eltern zu allem Überfluß auch noch Rechte für sich selbst fordern, werden aus den Kids Anwälte rückwärtsgewandter »family values«. Doch wenn die Mutter lauthals einen Song der »Beach Boys« plärrt, dann ist das zwar nicht schön gesungen, aber wenigstens ein echtes Gefühl. Was ist – jenseits des Pubertären – dahingegen die Scham der Tochter? In der Figur dieser Ann, die über die Eskapaden ihrer Mutter nur den Kopf schüttelt portraitiert Wang hier auch in positivem
Grundton eine neue Spießigkeit, einen Konservativismus aus Phantasielosigkeit.
Was schwerer wiegt, ist eine Frage der Form: Kaum etwas an diesem Film überrascht, alles hat man schon mehr als einmal gesehen: Es wird geheult, geschrien, gestritten, noch mal geheult, versöhnt und schließlich lauthals das Leben und die Lebenslust gefeiert, was es das Zeug hält – eigentlich fehlte nur noch, dass Mami an Krebs erkrankt. Hätte Wang auf seine tränendrüsigen Klischees verzichtet, wäre es mehr geworden, als nur Durchschnitt.