Trolls – Gemeinsam stark

Trolls Band Together

USA 2023 · 92 min. · FSK: ab 0
Regie: Walt Dohrn
Drehbuch: , ,
Musik: Theodore Shapiro
Schnitt: Nick Fletcher
Auf der Suche nach der totalen Harmonie...
(Foto: Universal)

Kinderfilm auf Speed

Auch das dritte Troll-Installment überrascht mit durchgeknalltem Storytelling, psychedelischer Ästhetik, aktueller Politik und Psychologie und einem wilden Musical-Mix

Schon 2016 konnte man sich ein wenig verwirrt den Kopf kratzen, bot der erste Trolls-Film doch eine fast schon brutale Spie­ge­lung ameri­ka­ni­scher Fami­li­en­ideale und ihrer Dekon­struk­tion. Da gab es das tief­trau­rige Megamons­ter­volk der Bergen, das wahres Glück nur durch den einmal jähr­li­chen Verzehr eines Trolls erreichen konnte, ein Mini­mons­ter­volk, das ausschließ­lich glücklich und ständig am Kuscheln ist und wo Wider­stand gegen dieses Diktats des Glücks fast schon einem Terrorakt gleich­kommt. Der Streit um Land, Rechte und die richtige Ausübung eines glück­li­chen, also quasi­re­li­giösen Lebens gaben schon damals Anlass, das ganze auch politisch sehen zu können, so etwas wie ein Versuchs­uto­pie­feld für den Nahen Osten.

Der zweite Teil – Trolls World Tour – versank dann leider unter lautem Gezeter 2020 wegen der Pandemie sehr schnell im Stream-Nirwana, und ist die musi­ka­li­sche Brücke zum nun dritten Teil des Fran­chises, das in einer nun fast perfekten Utopie statt­findet, einer Art Paläs­t­is­rael, in dem sich nicht mehr die Köpfe einge­schlagen werden und die Vergan­gen­heit nur mehr eine dunkle Wolke ist, die aller­dings durch eine versprengte Enklave trau­ma­ti­sierter Trolls wieder zu regnen beginnt und in der wie im zweiten Teil die Musik und ein dunkles Fami­li­en­ge­heimnis im Zentrum stehen. Auch das alles könnte man natürlich wunderbar mit heutigen psycho­lo­gi­schen Nähan­lei­tungen angehen, die vorgeben, wie man am besten trans­ge­ne­ra­tio­nale Traumata vermeidet. Dieses asso­zia­tive Angebote ist eine Stärke der Filmreihe, die vor allem jene Erwach­senen bei der Stange hält, die vom ober­fläch­li­chen Bonbon-Enter­tain­ment im ersten Augen­blick viel­leicht ein wenig abge­schreckt sein könnten. Aber auch die Geschichte selbst könnte dabei helfen.

Branch, im Original von Justin Timber­lake gespro­chen und vor allem gesungen, und Poppy mit der Stimme von Anna Kendrick, stehen im Zentrum dieser Geschichte, die so wild, schnell und kreativ geschnitten ist, dass es Momente gibt, die auch durch ihre ästhe­ti­schen Verfrem­dungen so bizarr geraten sind, dass man an die musi­ka­li­schen und künst­le­ri­schen Explo­sionen und Expo­si­tionen der 1968er unter Drogen­ein­fluss erinnert wird. Aber die Geschichte um Diebstahl künst­le­ri­schen Eigentums ist dann eine ganz gegen­wär­tige, wird hier doch das, was durch soziale Medien und aufge­bauschte Influencer in unserer Gegenwart immer wieder bizarrste Formen annimmt, fami­li­en­film­ge­recht runter­ge­bro­chen und mit trie­fender Ironie und immer wieder auch brutalem Witz gespie­gelt.

Und das dabei wieder die Prämisse des totalen Glücks – sorry: der totalen Fami­li­en­har­monie in den Raum gestellt wird, um sich innerlich und indi­vi­duell zu befreien – was natürlich genau so unsinnig ist wie einst der Ausruf des totalen Krieges – ist zum einen ein fast schon zärt­li­cher Verweis auf den ersten Teil und endet dann auch hier in einer psycho­lo­gisch wirklich klugen Lösung, die zwar im ersten Augen­blick wie eine LSD-Über­do­sie­rung aussehen mag. Aber dass weniger dann doch oft mehr ist und radikaler Ruhm am Ende immer auf Kosten der Bergen­heit, Trollheit oder Mensch­heit geht, ist dann einfach zu sympa­thisch um, um sagen zu müssen, dass auch weniger platt manchmal besser wäre.