Terminator: Dark Fate

USA 2019 · 129 min. · FSK: ab 16
Regie: Tim Miller
Drehbuch: , ,
Kamera: Ken Seng
Darsteller: Mackenzie Davis, Linda Hamilton, Arnold Schwarzenegger, Natalia Reyes, Edward Furlong u.a.
Blockbuster der Nach-#Metoo-Ära

Was bist du?

Bei all den Sequels und Prequels, die den Block­buster-Markt seit Jahren ohne Ende spring­flut­artig schwemmen, hat schon manch ein leiden­schaft­li­cher Kinogeher die Lust am »Filme atmen« verloren. Dabei wird gerne übersehen, dass gerade Block­buster in unseren politisch und moralisch unsi­cheren Zeiten eine der wenigen Bezugs­größen sind, die noch Konstanz bieten und viel­leicht auch deshalb den Zuspruch erfahren, den mancher Kritiker schon gar nicht mehr wahrhaben will.

Diese Prämisse gilt sicher auch für das Termi­nator-Franchise, das seit 1984 mit dem ersten Termi­nator konti­nu­ier­lich und in brutaler Abgren­zung zu Ridley Scotts poeti­scher KI-Dystopie Blade Runner (1982) daran erinnert, dass ein kritik­loses Vertrauen in die KI-Entwick­lung gravie­rende Folgen haben kann. Und gleich­zeitig die Hoffnung schürte, dass auch künst­liche Intel­li­genz Abtrün­nige der eigenen Spezies generiert und zusätz­lich der Mensch dann doch genug Willens­kraft besitzt, um am Ende zu wider­stehen.

Besaßen die ersten beiden noch unter der Regie von James Cameron entstan­denen Teile die kreative Wucht, sich bis ins kollek­tive Unbe­wusste einer ganzen Genera­tion einzu­brennen, verlor das Franchise ab dem dritten Teil zunehmend seine kreative Kohärenz und landete mit dem fünften Teil, Termi­nator: Genisys (2015), dann auch noch in einer wirt­schaft­lich so verwir­rend dysto­pi­schen Gegenwart, dass trotz eines über­ra­schenden Erfolges auf dem chine­si­schen Markt keine weitere Fort­set­zung sinnvoll erschien.

Doch dann änderten sich – fast so wie in den zunehmend abstrusen Zukunfts­vi­sionen der späteren Termi­nator-Teile – ganz über­ra­schend ein paar Koor­di­naten. James Cameron war bereit, einen neuen Teil mitzu­pro­du­zieren und sich auch am Drehbuch zu betei­ligen. Und Linda Hamilton, die eine Sarah Connor im Renten­alter spielen sollte, gab neben Arnold Schwar­zen­egger ebenfalls ihr Einver­ständnis, einer weiteren Fort­set­zung eine Chance zu geben. Damit war aller­dings auch klar, dass der nunmehr sechste Teil auch aus erzäh­le­ri­schen Gründen Teile 3-5 igno­rieren musste und eine direkte Fort­set­zung von Termi­nator 2: Judgment Day (1991) werden würde.

Das Ergebnis ist eine Über­ra­schung. Zwar war von vorne­herein klar, dass die Thematik brand­ak­tuell ist – nicht umsonst ist das KI-Thema inzwi­schen mit Ian McEwans »Machines like me« auch in der absoluten Hoch­li­te­ratur ange­kommen – doch dass das kreative Team um Cameron und die Regie von Tim Miller sich sogar aus der stereo­typen Gender-Vergan­gen­heit heraus­schreiben würde können, hätte wohl kaum einer für möglich gehalten.

Denn Termi­nator Dark Fate ist – kaum zu glauben – ein wasch­echter »Frau­en­film« geworden, ein Hard-Core-Block­buster der Nach-#Metoo-Ära, der nicht nur gender­mäßig mit der Zukunft aufräumt, sondern auch mit der Gegenwart. Und der sogar den Bechdel-Test bestehen würde. Noch nie gab es eine Heldin wie Linda Hamilton, die mit 63 Jahren nicht nur »wort­ge­wandt« mit ihrem Umfeld aufräumt, sondern auch an der Waffe überzeugt. Die schau­spie­le­risch subtil ihre eigene Rolle aus dem zweiten Termi­nator zitiert, etwa in der Szene, als sie T-800/Carl mit einem sehr ähnlichen Stärke/Schwäche Moment gegenü­ber­tritt wie in der legen­dären Fahr­stuhl­szene aus dem zweiten Teil – um dann erneut zu einer völlig neuen Persön­lich­keit, einer völlig anderen Frau zu werden, ohne dabei auch nur in Ansätzen an irgend­welche Harold and Maude-Sentenzen zu erinnern.

Aber nicht nur Hamilton selbst, auch die Frauen an ihrer Seite wider­stehen über­ra­schend allen Stereo­ty­pi­sie­rungen. Mehr noch dürfen sie in ihren Rollen als modi­fi­zierte Cyborg-Frau Grace (Mackenzie Davis) und als Mexi­ka­nerin Dani (Natalia Reyes) sogar charak­ter­liche Entwick­lungen durch­laufen, die man einem Action-Franchise wie Termi­nator nie und nimmer zugetraut hätte. Und dann ist da noch Arnold Schwar­zen­egger als T-800/Carl, der zwar noch bereit ist zu kämpfen, sich aber eigent­lich als hand­lungs­ak­tiver, plato­ni­scher Liebe frönender Fami­li­en­vater mit Frau und zwei Kindern seit über 20 Jahren ein solides, durchaus sympa­thi­sches und selbst­iro­ni­sches Spießertum erar­beitet hat.

Die alten Helden können also auch anders. Sie fragen nicht nur danach, wer einer ist, sonder auch was er ist. Was ja nicht selbst­ver­ständ­lich ist, sieht man sich etwa Sylvester Stallones Rambo: Last Blood an, der zwar in seiner archai­schen Borniert­heit seine über­zeu­genden Momente hat, aber gegen die sowohl schau­spie­le­risch als auch erzäh­le­risch auf hohem Niveau, alle Zeit- und Genera­ti­ons­schranken wegwuch­tende Produk­tion wie Termi­nator: Dark Fate nur noch wie ein schlechter Alther­ren­witz wirkt.

I’ll be back and back and back

Dem Schicksal zu entkommen ist Sisyphusarbeit

Beim Termi­nator geht es wie immer um alles: um das Schicksal aller Menschen. Aber mit dem Wandel der Gegenwart ändert sich auch der Kampf um die Zukunft. Er wird weib­li­cher, älter und ist nicht mehr nur weiß.

Kurz zu den ersten Szenen, die in Mexiko-Stadt spielen: Während Dani Ramos (Natalia Reyes) sich um Vater und Bruder kümmert, ihnen Essen beschafft, auf dem Markt mit den Menschen spricht und den Job des Bruders durch Gespräche mit dem Chef zu retten versucht – er soll durch einen Indus­trie­ro­boter ersetzt werden –, steht ihr Bruder, ein junger, musku­löser Heldentyp, charmant lächelnd herum und laviert sich leicht schäkernd durch die Frau­en­welt, in etwa so wie Tony Stark als Iron Man. Man ist kurz gewillt, sich eini­ger­maßen wider­stre­bend an sein Grinsen zu hängen, aber er macht es nicht lange, diese typische jung­män­ner­hafte Helden­figur hat hier ausge­dient.

Es sind Frauen, die im Mittel­punkt stehen, neben Natalia Reyes sind das Mackenzie Davis (Grace) und Linda Hamilton (Sarah Connor). Hamilton und Arnold Schwar­zen­egger (T-800) bilden außerdem noch eine etwas wider­stre­bende Gemein­schaft der »Alten«, denn ihr Verhältnis ist verständ­li­cher­weise nicht das Beste und während er fast alters­milde geworden ist, ist ihre Kampf­be­reit­schaft da wie eh und je. Sonst ist die Geschichte um diese Mensch-Cyborg-Maschinen-Gruppe die altbe­kannte: Grace, ein »verbes­serter« Mensch aus der Zukunft, kommt, um Dani vor einem Rev-9 (Gabriel Luna) in Sicher­heit zu bringen. Sarah Connor und der T-800 helfen, und gemeinsam beschließt die Gruppe, nicht zu fliehen, sondern zu kämpfen.

Grace und der Rev-9 kommen aus dem Jahr 2041, und es lohnt sich, ihr »in die Gegenwart geworfen Werden« zu analy­sieren: Grace, die eher rutscht, wie bei einer Geburt (ein bisschen so wie Kyle Reese im ersten Teil). Der Rev-9, der nackt und ziel­ge­richtet landet, aber das mit dem Denken wohl nicht einmal mehr versucht, wir erinnern uns an den T-800, der immer in einer Art Rodin'schen Denker­pose landete. Der Rev-9 wurde von einer KI, die zur Cyber­kriegs­füh­rung entwi­ckelt wurde, geschickt. Was aller­dings die Ziel­füh­rung einer KI ist, die die Menschen ausschalten will, bleibt leider offen, macht die Sache aber natürlich auch leichter, weil hier das Böse im abstrakten Bereich bleibt und sein Ursprung, der ja im Menschen als dessen Schöpfer liegt, nicht wie bei anderen Teilen thema­ti­siert wird. Also keine Befragung der mensch­li­chen Verant­wor­tung an ihrem eigenen Schicksal, wie es z.B. auch bei I, Robot oder I Am Mother geschieht. Hier: Nun ja, es ist eine KI zur Kriegs­füh­rung, also führt sie Krieg. Dark Fate ist damit ein Action-Film durch und durch. Es scheint keine andere Lösung als den Kampf zu geben, und das, obwohl der Gegner wieder mal so dermaßen unbe­siegbar scheint, eine Art ulti­ma­tiver Endgegner ohne Schwächen. In der Gruppe hat jeder seine Schwächen, aber das ist natürlich auch ein Zeichen ihrer Mensch­lich­keit.

Grace ist zwar ein verbes­serter Mensch, aber sie braucht Medi­ka­mente, um wieder auf die Beine zu kommen. Ihr ursprüng­li­cher Körper wurde teilweise ersetzt, aber auch der Rev-9 hat keinen einheit­li­chen Körper, er besteht aus einem Gerüst und einer öligen Flüs­sig­keit. Der Körper als Einheit, die bei dem T-800 oder bei Sarah Connor noch voll­s­tändig ist, fällt hier ausein­ander. Grace und der Rev-9 haben keine absoluten Körper mehr. Der T-800 hat, neben der Gebun­den­heit an seinen Körper, noch weitere Eigen­schaften, in denen er den Menschen ähnelt. In Termi­nator 2 – Tag der Abrech­nung schon gab es eine Art Rollen­tausch, eine Art, wenn auch nur leicht, eman­zi­pierten Termi­nator. Während Sarah aufrüs­tete und loszog, den Feind zu besiegen, kümmerte sich der Termi­nator um John, das Kind. Er wurde »Vater« oder doch zumindest eine Art Baby­sitter, wobei sich noch etwas umkehrte, denn das Kind wurde zum Lehrer des Termi­na­tors, John brachte ihm Reden und Lächeln bei – so ein bisschen zumindest. In Dark Fate ist Arnold endgültig Vater geworden. Seine Selbst­aus­sage dazu, er könne »Windeln wechseln, ist verläss­lich, ein guter Zuhörer und extrem humorvoll«. (Bleibt allein die Frage: Warum ist Arnold so mensch­lich gealtert?). Sarah ist, wie auch schon in Teil 2, noch nicht so weit, die Welt ohne seine Hilfe zu retten. Natürlich muss der Termi­nator fina­li­sieren, aber anders als in Teil 2 bekommt sie hier doch so einiges selber termi­niert.

Aber das Männer­bild, das der T-800 liefert, ist ohnehin immer schon ein ironi­sches und damit viel­leicht auch schon immer ein anachro­nis­ti­sches: Sein Hang zu modischen Acces­soires, zur Sonnen­brille, zu Leder­kla­motten, seine Muskeln, die schon im zweiten Teil völlig nutzlos sind. Dagegen steht im sechsten Teil die eher kleine Dani mit ihrer Fähigkeit zu kommu­ni­zieren, ihrem Vermögen, Gruppen zu bilden und zusam­men­zu­halten. Das ist beides für die Gegenwart und Zukunft sehr wichtig, spielt aber im Film trotzdem leider nur eine unter­ge­ord­nete Rolle, weil in der sich selbst zu immer neue Höhen aufschwin­genden Action der Kampf leider doch an erster Stelle steht: Viel Zeitlupe, krasser Sound und metal­lisch-orga­ni­sche Verbo­gen­heiten und zerstörte, künst­liche Körper. Es gibt massig Verfol­gungs­jagden, dieses Mal steigt man richtig gut eine Stufen­leiter der Fort­be­we­gungs­mittel hinauf: alter Truck, neuer Truck, Hubschrauber und Flugzeug (Moment, sicher war auch irgendwo ein Motorrad). Daneben gibt es auch noch die unan­ge­nehme Stelle, wenn einem Arnold erzählt, dass Waffen eben notwendig wären, um die Familie zu vertei­digen. Das ist schade und dann eben doch auch etwas fatal, denn so steht über allem immer auch die Waffen­ver­herr­li­chung. Grace, der T-800 und der Rev-9 sind eben auch nichts anderes als Soldaten und Solda­tinnen, wenn nicht sogar Kampf­ma­schinen. Das hätte man sich auch anders denken bzw. imagi­nieren können, das sollte man eigent­lich sogar tun, und das hätte dem Film sicher gutgetan.

Was bleibt neben der Gewalt: Es gibt gute, und es gibt schlechte künst­liche Menschen. So richtig gut werden die Maschinen erst, wenn sie mensch­liche Eigen­schaften entwi­ckeln. Wie das mit unseren Körpern weiter­geht, das bleibt abzu­warten, bzw. daran arbeiten wir. Sicher ist nur, dass es da etwas zu verhan­deln gibt, erst einmal zwischen den Industrie-Robotern und dem Menschen und irgend­wann auch zwischen (huma­no­iden) Robotern, scheinbar körper­losen KIs – und uns.