Der Super Mario Bros. Film

The Super Mario Bros. Movie

USA/J 2023 · 93 min. · FSK: ab 6
Regie: Aaron Horvath, Michael Jelenic
Drehbuch:
Musik: Koji Kondo, Brian Tyler
Schnitt: Eric E. Osmond
Ein bisschen weniger glatt und etwas mehr verpixelt hätte es schon sein dürfen...
(Foto: Universal)

Auf dem Regenbogen-Highway

Super Mario als Film ist retro und heutro in einem, funktioniert für Kinder von damals so gut wie für Kinder von heute und nervt nur dann und wann auch mal ein bisschen

Zum Thema: »Verschwende deine Jugend« nämlich, bei der Suche nach einer Konsole, mit der man glücklich Stunden in einem sehr, sehr bunten Land verbringen konnte. Am Anfang war das stark verpixelt, zwei­di­men­sional und es gehörte schon viel Phantasie dazu, Donkey Kong, Jump Man und der Prin­zessin eine Art Charakter zu geben, aber das störte uns nicht, auch bei allen anderen Spielen nicht.

Aber weg von der Nostalgie, hin zum Hier und Jetzt, denn die »Super Mario Bros.«-Reihe hat ja nie aufgehört, sie setzt sich bis heute auf dem Regen­bogen-Highway fort und hat sich in zahl­rei­chen Spin-Offs ausge­breitet, so dass man sie einfach schon »World« nennen kann, wie die »Super Mario Bros.«-Reihe auch seit ihrer vierten Ausgabe heißt. Es ist eine Welt oder sogar mehr, ganz wie Prin­zessin Peach im Film sagt: »Es gibt ein riesiges Universum da draußen, mit sehr vielen Galaxien!«

Kurz zum (Computer/Konsole-)spiel-Film, der – anders als das Spiel zum Film – ein Film ist, der auf einem Compu­ter­spiel basiert. Oft kommt ja das Spiel nach dem Film raus und surft quasi auf der Welle des Erfolgs mit, gerade z.B. das Spiel »Hogwarts Legacy«. Harrys Welle ist aber schon besonders lang und da surft so Einiges mit. Anders eben bei Tomb Raider, »Zelda« und dem auch just diese Woche star­tenden Dungeons & Dragons – ursprüng­lich ein Pen&Paper-Rollen­spiel, das z.B. von den Kids in »Stranger Things« gespielt wird und auf dessen Spielidee und Universum dann eine Reihe von Compu­ter­spielen basieren. Das birgt Probleme, ein Mal, weil Spiele sehr komplex und lang sein können, und das andere Mal weil sie sich, gerade bei der Zeit­spanne von 40 Jahren, auch eine Community aufgebaut haben, die sehr viel weiß und auf diesem Wissen auch Ansprüche auf »Echtheit« aufbauen. Das bedeutet zwar, dass man schon auto­ma­tisch ein Publikum hat, dieses aber auch sehr kritisch sein kann. Außerdem ist ein Spiel per se natürlich was anderes als ein Film. Inter­ak­ti­vität gehört dazu, aber auch zwei zentrale Teile, die in jedem Spiel anders gewichtet sich: Die eine Seite ist die Spiel­me­chanik und die andere Seite die Story, also das Story Telling, das Narrativ des Spiels. Das ist natürlich alles komplexer, aber ich will ja irgend­wann auf den Film kommen, deshalb nur kurz. Es gibt viele Spiele, die halten sich nicht mit Story Telling auf, z.B. viele soge­nannte Stra­te­gie­spiele oder auch Baller­spiele, sie basieren fast ausschließ­lich auf der Spiel­me­chanik, also z.B. im Abschießen von Gegnern oder dem Aufbauen eines Reiches, wer man ist, und warum man das nun genau tut, ist oft (nicht immer) neben­säch­lich. Anders als z.B. in einigen Adven­tures oder auch vielen Indie-Produk­tionen, hier spielt die Story eine größere Rolle, weil die Moti­va­tion in ihr begründet ist und nicht nur im reinen Treffer-Zählen. Viele Spiele lösen die Frage nach der Story mit mehr oder weniger abge­setzten Einschüben zwischen den Aktionen, in denen die Story kurz und nicht unbedingt inter­aktiv weiter­ge­trieben wird, oft wirkt es dadurch ein bisschen hilflos und unmo­ti­viert.

Die »Super Mario Bros.«-Reihe aller­dings basiert bis heute mehr auf der Spiele­me­chanik als auf der Story. Zumindest glaube ich nicht, dass sich jemand, der die Spiele spielt, viele Sorgen um Prin­zessin Peachs Zustand in der Gefan­gen­schaft, Marios und Luigis brüder­li­ches Verhältnis oder Bowsers psychi­sches Befinden macht, und das ist ja auch völlig ok so, es ist ein Jump ’n’ Run, das einfach ziemlich viel Spaß macht. Aber das kann natürlich ein Problem für einen Film sein, denn selbst wenn viele Menschen auch »Super Mario Bros.«-Let’s Plays gucken, heißt das nicht, dass man das einfach auf eine Kino­lein­wand über­tragen kann – na oder das tun sollte. Kino ist was anderes.

Also? Man nimmt, was man hat und spielt damit, immerhin bieten Mario und Luigi ja ein paar Ansätze für eine Charak­ter­bil­dung: Ihre Herkunft, ihre Jobs, die Schnauz­bärte (eigent­lich scheinen die beiden viel zu jung für so einen Bart) und ihre Outfits, na ja und 2-3 sich wieder­ho­lende Sätze. Auch dass Mario sich in Prin­zessin Peach verliebt, könnte eine Eigen­schaft sein, aber irgendwie folgt sie doch zu sehr einem Klischee, als dass ich sie als Gefühlsäuße­rung akzep­tieren kann, aber dazu gleich mehr. Auf diese wenigen Basics stützt sich der Film, und er tut gut daran, so wie er auch sonst sehr nahe an den Spielen bleibt, aber doch versucht, mehr Narration mit der Aktion zu verbinden.

Alle diese Eigen­schaften werden von Mario und Luigi, den beiden Klempnern aus Brooklyn als eine Art Marken­zei­chen und Werbung für ihren Betrieb genutzt, der leider nicht so gut läuft. Sie starten zuerst als Helden des realen Wasser­rohr­bruchs und scheitern aber leider an den Widrig­keiten, die so manchen Hand­wer­kern zu schaffen machen: Haustiere, genauer Hunde.

Der Run zum ersten Einsatzort ist schon eine kleine Hommage an die 2D-Spiele, weil die Kamera ihnen seitlich folgt, während sie durch die Stadt und über ihre Hinder­nisse jumpen. Das ist schon sehr schön. Etwas später tauchen die beiden, beim Versuch, Brooklyn vor dem Wasser­rohr­bruch zu retten (ein wenig Größen­wahn gehört dazu), in die Unterwelt ein, und da trifft einen dieses gesetzte, dunkle »dudu­du­du­dudud«, die »Unterwelt-Musik« aus den Spielen, schon sehr. Mario und Luigi gelangen durch eine Rohr­lei­tung in die andere Welt, in der Bowser den Super­stern gestohlen hat und plant, das Pilz­kö­nig­reich von Prin­zessin Peach anzu­greifen, um sie zu heiraten – so alt, so bekannt. Aller­dings werden jetzt Mario und Luigi getrennt und so ist es im weiteren Verlauf Luigi, der gerettet werden muss – na und noch eine ganze Gruppe anderer: Pinguine, Kongs und ein fata­lis­ti­scher, blauer Stern (keine Ahnung, woher er kommt, aber er ist gut) ... aber eben nicht Prin­zessin Peach. Peach macht sich nämlich zusammen mit Mario und Toad auf, ihr König­reich zu retten.

Apropos Prin­zessin Peach, denn hier ist auch der einzige, wirklich starke Eingriff zu sehen, der sich hoffent­lich auch in den Kanon der zukünf­tigen Spiele einschreiben wird (n bisschen spät Nintendo!!). Wird sie uns zu Beginn noch von zwei kleinen, nied­li­chen Toads mit einem aus den Spielen bekannten Zitat ausge­redet: »Leider ist die Prin­zessin in einem anderen Schloss, warum probiert ihr es nicht da?« So trifft uns zwar bei ihrem Erscheinen Alt-Bekanntes, wie Bowser schön beschreibt: herz­för­miger Pony und unver­rück­bare Tiara, aber man merkt dann glück­li­cher­weise gleich, dass es eine »neue« Prin­zessin Peach ist. Peach ist eine Kämpferin, die aber auch diplo­ma­ti­sche Pläne für den Angriff auf ihr Pilz­kö­nig­reich hat, sie will die Kong-Armee um Hilfe bitten.

Kurz über 40 Jahre zurück, ursprüng­lich hat Donkey Kong sie im ersten Spiel 1981, in dem sie noch Pauline (später Prin­zessin Toadstool) hieß, entführt und eben jener Jump Man (Mario) musste sie befreien. Nun hat sich das Verhältnis geändert und sie steigt hoffent­lich aus, aus ihrer Rolle, der Prototyp aller »Jung­frauen in Nöten« zu sein. Das Spiel »Donkey Kong« sieht man ganz zu Anfang kurz auf einem Spiel­au­to­maten. Ursprüng­lich wollte Nintendo ein Arcade Game für den US-ameri­ka­ni­schen Markt entwi­ckeln, mit Popeye in der Haupt­rolle (da wäre dann wahr­schein­lich Olivia entführt worden), sie bekamen aller­dings die Rechte nicht und haben dann eigene Charak­tere entwi­ckelt. Die »Jungfrau in Nöten« wird gemeinhin gekid­nappt und muss irgendwo ausharren, während der männliche Held sich aufmacht, um sie zu befreien. Peach ist dabei so eine Art Spielball zwischen Bowser und Mario, den sie beide »besitzen«, äh »lieben« wollen. Zu diesen »Liebes­dingen«, die ja eher die Probleme der Männer sind, äußert sich Peach nicht. Bowser liebt sie ja nicht, sondern will nur sein Bild eines einsamen, unver­stan­denen Incel-Piano-Manns weiter­leben, das ja selbst seine Koopas recht seltsam und frag­würdig finden und Mario ist in einer Liebes-Klischee-Zeitlupe einge­froren, die man nicht wirklich ernst nehmen kann. Peach sollte sich also nicht nur im Kanon der Nintendo-Spiele ändern, sondern im besten Fall auch einen neuen »Prototyp« für andere Spiele stellen, der auch gerne noch progres­siver sein dürfte.

Shy Gus, Koopas, ein Magic Koopa, Dry Bones, Pipes, Clear Pipes, fliegende Platt­formen, Ziegel­steine in der Luft, die Taods, die, ziemlich gelang­weilt, routi­niert Gold­s­tücke aus Blöcken schlagen, Super­sterne, verschie­dene Power-ups, Cat Mario, Tanooki Mario (der sich sehr schwer bedienen lässt), die Star Power ... und in all dem ein Mario, der einfach nicht aufgibt. Peach sagt mal zu Mario und sie meint das als Kompli­ment: »Dass du einfach nicht weißt, wann man aufhören soll«. Das ist ja auch sehr wichtig bei Spielen und Spie­lenden, dass man nicht aufgibt, sondern es immer und immer wieder versucht. Diesen schmalen Grat bedienen die Spiele auch auf einzig­ar­tige Weise: Es muss Spaß machen, auch wenn man es noch mal versuchen muss, also es muss so schwierig sein, dass man stolz ist, wenn man es geschafft hat, aber auch so leicht, dass man irgend­wann durch­kommt und alles nicht in Frust umschlägt. Aber so etwas wie Frust kann man sich bei so jemandem wie Mario ohnehin nicht vorstellen.

Auch auf die Nied­lich­keit der Figuren wird, besonders von ihnen selber, immer wieder ange­spielt, denn eigent­lich basiert die ganze bunte Mario-World auf guter Laune und eben Nied­lich­keit. Man rutscht auf Bananen aus, einge­zo­gene Schild­kröten werden zu Wurf­ge­schossen und ein ganzes König­reich besteht aus unter­schied­lich farbigen Pilzen. Aber nicht nur die Mario-World wird hier bear­beitet, auch andere Hinweise zu anderen Spielen des Nintendo Enter­tain­ment System, kurz NES, kann man hier, wie kleine Easter Eggs finden, z.B. den Namen eines fran­zö­si­schen Restau­rants, das an einer Ecke steht und der übersetzt »Duck Hunt« (ein NES-Spiel von 1984, so ein bisschen wie »Moorhuhn«) lautet. Oder »Punch-Out!!«, auch ein Nintendo-Spiel des gleichen Jahres. Irgendwo steht auch mal der Name Jump Man und sicher gibt es noch Unzäh­liges mehr zu entdecken, halt für Leute, die den Film öfter durch­spielen wollen.

Ich habe mich sehr über die Kart-Sequenz gefreut, weil, denn mal ehrlich, Auto­rennen in Compu­ter­spielen gehen immer, sie sind zeitlos und ökolo­gisch weniger proble­ma­tisch als in der realen Welt und auch weniger gefähr­lich. Toad, Peach und Mario können sich ihre Fahrzeuge – wie im Spiel – selber zusam­men­stellen und dann fahren sie mit den Kongs los: Auf der Rainbow-Road, wo sie von der Blue Shell ange­griffen werden, einem blauen Koopa, der immer die erste Position atta­ckiert, denn – noch mal zurück zum Spiel – es soll sich ja niemand so richtig schlecht fühlen und auch niemand alle anderen immer ohne große Probleme überholen. Also die, die nicht so gut sind, schaffen es irgendwie, für die anderen wird die Heraus­for­de­rung etwas größer. Bei Mario Kart kommt jeder und jede ans Ziel und selbst wenn man Letzter oder Letzte ist, wird auf einen gewartet und es wird einem ggf. auch auf den richtigen Weg geholfen. An dieser Stelle, aber auch an vielen anderen, ist die 3D-Version dann doch sehr sinnig, die ich leider nicht gesehen habe.

Eigent­lich fand ich auch den Sound­track gut, mit den Scores, die man aus den Spielen kennt, aber auch mit Hits aus der Zeit, in der die Spiele entstanden sind, z.B. Bonnie Tyler: »I Need A Hero« (1986), Electric Light Orchestra: »Mr. Blue Sky« (1977) oder »Take on me« (1984) von A-HA (während Peach, Mario und Toad von einem Gorilla in weißem Sakko und mit Sonnen­brille durch Donkey Kong Country gefahren werden). Ich schreibe eigent­lich, weil den Film das befallen hat, was viele Filme heute prägt, eine Art Dauer­be­schal­lung, die einem ziemlich auf den Keks geht, weil wirklich keine Sekunde Ruhe ist, und das hat weniger damit zu tun, Emotionen zu erzeugen, als mögliche Schwächen des Films zu retu­schieren. Es ist einfach zu laut zum Denken!!

Aber ja, es hat Spaß gemacht und ich als Kind von damals, das auf Kinder von heute trifft, die damit auch aufwachsen, schon alleine, weil ihre Eltern, die Kinder von damals sind und Nintendo weiter­ge­ar­beitet hat, hatte so ein paar Nostalgie-Momente und Lust, wieder Mario Kart zu spielen, ich habe nur immer noch keine Konsole. Es hätte aber gerne ein bisschen weniger glatt und etwas mehr verpixelt sein dürfen.

Noch ein kleines Manko zum Schluss: Es war dann doch alles recht schnell zu Ende, so eine Art Outro oder Erklärung zum weiteren Vorgehen, z.B. zur Bewegung zwischen den Welten, gab es nicht, na aber immerhin durfte dann Joshi doch noch auftau­chen, das wäre auch sonst mega seltsam gewesen, denn der redet zwar nicht viel, ist aber noch nied­li­cher als die Toads und seine Zunge macht ein so ganz eigenes, lustiges Geräusch.