USA 2004 · 100 min. · FSK: ab 12 Regie: Todd Phillips Drehbuch: John O'Brien, Todd Phillips, Scot Armstrong Kamera: Barry Peterson Darsteller: Ben Stiller, Owen Wilson, Snoop Dogg, Vince Vaughn u.a. |
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Abgelenkte Männerfreundschaft |
Man kennt das aus unzähligen Polizeifilmen: Der Held ist schon in zweiter Generation Gesetzeshüter und steht immer im Schatten des übermächtigen Vorgängers aus der eigenen Familie. Alle im Revier messen ihn am (selbstverständlich immer geradezu übermenschlich erfolgreichen) Ahnen. Ein Kampf gegen die verklärte Vergangenheit, den er nur verlieren kann. Und, das schwingt dabei freilich unterschwellig stets mit, ein virtueller Schwanzvergleich, bei dem unser Held stets den Kürzeren zieht. Was es dann wirklich peinlich (und tiefenpsychologisch gesehen vollends prekär) macht, dass der Vorfahr im Polizeidienst, an dem David Starsky sich dauernd messen lassen muss, seine Mutter war.
»Eine romantische Komödie zwischen zwei heterosexuellen Männern,« nennt Regiesseur Todd Phillips (Road Trip) seinen Film, und es hat gar keinen Sinn, als Kritiker da lange nach einer perfekteren Formulierung zu suchen. Es geht um die Beziehung zwischen dem Gesetzesbuchstaben-treuen Detective Starsky (Ben Stiller) und seinem anarchischen Kollegen Ken »Hutch« Hutchinson (Owen Wilson)
– von ihrem Chef zur Zwangsehe als Ermittlerteam verdonnert und sich im Lauf der Zeit in einer innigen Hassliebe arrangierend, welcher dann irgendwann der Hass abhanden kommt.
Das ist freilich klassischstes Buddy-Movie-Muster – aber seit Jahren hatte kein Film mehr so gutes Recht darauf wie dieser. Denn dieses Schema wurde überhaupt erst entscheidend mitgeprägt von der legendären Fernsehserie Starsky & Hutch, die von 1975-1979 im US-Fernsehen lief und die
auch hierzulande heiß geliebt und heiß diskutiert – »Zu brutal!,« hieß es – wurde. (Und die man nicht unbedingt kennen muss, um dennoch einen Heidenspaß an dieser Filmversion zu haben.)
Anders als die (auf ihre Art nicht minder famosen) Charlie’s Angels-Filme, beamt Starsky & Hutch die Elemente seines Vorbilds nicht mit Turbokraft ins Hier und Heute. Er gibt
sich als Kostümfilm, Historiendrama, der mit diebischer Freude den Fundus der Seventies plündert. Seine große Leistung dabei ist es, genau das richtige Maß an Augenzwinkern zu halten: Alles hat diesen winzigen Tick ins Überzeichnete, der eine amüsierte Distanz im Blick beläßt. Wir sehen nie einen Film, der so tut, als würde er WIRKLICH in den Siebzigern spielen – es geht immer um eine Fantasie jener Dekade. Aber zugleich ist das Ganze weder pure Karrikatur noch Parodie. Nicht
gegenüber der Ära, die er – mit unglaublich liebevoller Fleißarbeit seiner Ausstatter – auf die Leinwand träumt, und auch nicht gegenüber seines TV-Vorbilds.
Ben Stiller hat in einem Interview erzählt, er habe schon als Kind immer Episoden aus Starsky & Hutch nachgespielt. Und genau so wirkt, im allerbesten Sinne, dieser Film: Ein grandioser Spielplatz, auf dem sich Leute austoben dürfen beim kreativen Nachschaffen von etwas, das sie begeistert hat. Dadurch, dass die Kostüme, Dekors, Requisiten zum einen oft bis ins kleinste Detail Originale aus der TV-Serie wiedergeben, sie zum anderen durch die latente Ironie, die über allem
schwebt, auch immer einen Anflug des Künstlichen, Unwirklichen bekommen, erscheinen sie wie das Äquivalent für Kinder von Multimillionären zu Starsky & Hutch-lizensierten Plastikfiguren und Spielsets. (Und ja: Selbstverständlich ist auch der legendäre rot-weiße Ford Gran Torino im Maßstab 1:1 mit dabei.)
Der Film ist klug genug, genau diesen Geist zu feiern, seine Kostüme, Perücken, beweglichen Zubehörteile auch wirklich zum Spiel-Zeug zu machen für seine
Darsteller. Er weiß, dass seine eigentlichen Attraktionen Ben Stiller und Owen Wilson sind (auf’s Trefflichste unterstützt vom stets schätzenswerten Vince Vaughn als Oberschurken, und mit Snoop Dogg als inspirierte Wahl für die black-pimp-Ikone Huggy Bear). Es herrscht die pure Freude der beiden am (Schau-)Spiel, daran, sich lustige Kunsthaare auf den Kopf zu setzen, Bärte anzukleben und in komische Klamotten zu schlüpfen: Ob nun Ben Stiller einen prima Easy Rider-Dennis Hopper hinlegt, inklusive aller Ticks, ob er zum Disco-Tanzduell antritt, ob er und Wilson als Pantomimen bei einer Kinderfeier auftreten, ob sie Cowboy und Gangster mimen.
Bei allem Aufwand und trotz mancher Action-Einlage bleibt Starsky & Hutch ein purer, fast schon intimer Schauspielerfilm, eine regelrechte Charakterkomödie. Den absolut überwiegenden
Teil seiner Gags (und das sind etliche – schon lang ist dem Mainstream-Hollywood keine so Lacher-reiche Komödie mehr geglückt...) entwickelt er aus den Figuren heraus, aus der Interaktion seiner Darsteller. (Dabei hilft sehr, dass Todd Phillips sich in Farbdramaturgie und Wahl der filmischen (Stil-)Mittel bewusst weitgehend am Fernseh-Vorbild orientiert, sich selbstzweckhaften, modischen Kino-Schnickschnack verkneift.) Klar, der Film ist im Wesentlichen eine reine
Sketch-Revue – aber eine verdammt gelungene, weil ihre Komödianten ein unbestechliches Timing haben und es funkt zwischen den beiden.
Womit wir wieder bei der »romantischen Komödie zwischen zwei heterosexuellen Männern« wären. Starsky und Hutch machen eine veritable Beziehung durch, nur ohne den Sex (dafür scheint das Fahren im Ford Gran Torino die Ersatzbefriedigung zu sein). Da ist mehr als Männerfreundschaft im Spiel, doch der Film hat einen höllischen Spaß daran, dem kokettierend immer mehr Bilder unterzuschieben, die eindeutig in Richtung Männerliebe zu weisen scheinen, ohne die Grenze dorthin wirklich zu überschreiten. Starsky sieht blaue Zeichentrick-Vöglein, wenn Hutch Gitarre spielt (okay, damit hat das versehentlich in seinen Kaffee geratene Koks auch was zu tun), und auch wenn er behauptet »I’m not a crier,« so findet er doch bei Hutch buchstäblich endlich die starke Schulter, an der er sich – zu unserer großen Gaudi – ausheulen kann. Dann stehen sie beide in den Polizei-Duschräumen und haben, statt der großen Duschhandtücher, nur Minirock-gleich die kleinen Handtrockentücher um die Hüften. Und die einzige Möglichkeit, einem inhaftierten Gangster mit einem sehr eigenwilligen Drachenfetisch dringend benötigte Informationen zu entlocken ist, ihm eine Drachen-Balztanz-Show hinzulegen.
Aber wie soll man es dem armen Starsky auch verübeln, dass er im Zwischenmenschlichen so seine Probleme hat und irgendwie zu Frauen nicht den rechten Zugang zu haben scheint, er aber auch nicht auf Männer steht. Wo doch die Geschichte mit seiner Mutter ist. Sowas prägt halt.
Wenigstens auf anderer Ebene klappt es mit der Emanzipierung von übermächtigen Vorbildern besser: Paul Michael Glaser und David Soul, die originalen Starsky & Hutch, geben in einem hübschen
Gastauftritt Stiller und Wilson ganz offiziell den Segen und lassen sie als Nachfolger ans Steuer.