Den Sternen so nah

The Space Between Us

USA 2016 · 121 min. · FSK: ab 6
Regie: Peter Chelsom
Drehbuch:
Kamera: Barry Peterson
Darsteller: Asa Butterfield, Britt Robertson, Gary Oldman, Carla Gugino, B.D. Wong u.a.
Empathische Annäherung an die eigene Fremdheit

Heute hier, morgen dort

Dem seriösen Science Fiction-Genre Zuge­wandten mag das viel­leicht nicht schmecken, aber im Grund ist es eine gute Nachricht: dass wir mit Den Sternen so nah tatsäch­lich in den Genuss eines roman­ti­schen Teenie-Science Fiction-Films kommen. Und besser noch, eines roman­ti­scher Teenie-SF-MARS-Films. Und noch einmal besser: in der Regie von Peter Chelsom. Denn Chelsom, der von ernster Komödie (Funny Bones) über Musical (Shall We Dance?) bis Teenie-Komödie (Hannah Montana) Genre-mäßig weit bewandert ist, wirft in diesen wirk­li­ches Neuland beschrei­tenden Film seine gesam­melten Erfah­rungen und seine filmische Hand­schrift gleich mit hinein.

Wie in bislang allen seinen Filmen – die nicht immer erfolg­reich waren und die im Laufe der Jahre immer senti­men­taler wurden – geht es bei Chelsom auch in Den Sternen so nah nicht ohne Liebe und ihre Tücken und eine diffuse Sehnsucht nach dem Glück. In diesem Fall ist es das Unglück von Gardner (Asa Butter­field), der unter sehens­werten Umständen auf dem Mars zur Welt kommt und von dort nicht mehr zurück zur Erde darf: zum einen aus physio­lo­gi­schen Grünen, da seine Organe die höhere Schwer­kraft auf der Erde nicht überleben würden, zum anderen aus wirt­schaft­li­chen Gründen. Denn der Leiter der Expe­di­tion (Gary Oldman), der Gardners Geburt »verur­sacht« hat, befürchtet ausblei­bende Spenden, sollte bekannt werden, dass Gardner existiert. Da Gardner jedoch seine ganze Kindheit unter der Obhut von Wissen­schaft­lern verbringt, liegt es auf der Hand, dass er sich schneller als gewöhn­lich eman­zi­piert und inkognito mit der Erde zu kommu­ni­zieren beginnt und sich – kaum verwun­der­lich – schon bald in Tulsa (Britt Robertson) verliebt und auf die Suche nach seinem Vater begeben will. Ohne Zweifel sollte schon an dieser Stelle deutlich werden, wie ausbaufähig der Plot auf roman­ti­scher wie auch auf SF-Ebene ist und das mit Chelsom die dementspre­chenden drama­ti­schen Elemente bis zur Genüge ausge­kostet werden.

Diese unge­wöhn­liche Mischung macht bei aller Vorher­seh­bar­keit wirklich Spaß und immer wieder kommt man sich in Den Sternen so nah vor wie in einer beschwingten, leicht insze­nierten Fort­set­zung von Ridley Scotts Marsianer. In der eine Zeit behandelt wird, in der die mühsame Pionier­ar­beit der Mars­er­schließung abge­schlossen, in der nicht ums nackte Überleben gekämpft wird, in der nicht mehr Tage wie Jahre vergehen, in der endlich Zeit für ein bisschen Alltag und damit auch Liebe und Romantik ist.

Chelsoms Qualitäten als Regisseur lagen neben seinem Hang zur Emotio­na­lität stets auch in seinem Bemühen sich seinen Charak­teren, gerade seinen jugend­li­chen Prot­ago­nisten, langsam und empa­thisch zu nähern. Das gelingt ihm auch in Den Sternen so nah immer wieder eindring­lich, vor allem, in dem er das Dilemma der Fremdheit für Gardner auf dem Mars, dem der Fremdheit für Tulsa auf der Erde gegenüber­stellt. Und damit Fremdheit zur eigent­li­chen Moti­va­tion werden lässt, in der Fremde des jeweils anderen nach der eigenen Heimat zu suchen. Das dazu immer auch die Liebe des anderen gehört, mag keine neue Erkenntnis sein, dass Chelsom uns damit aber einen glaub­wür­digen, inter­stel­laren Alltag beschert, der ohne Zweifel als Blaupause für unseren tatsäch­li­chen Aufbruch zu den Sternen taugt, ist die wirklich gute Nachricht.