Deutschland 1999 · 100 min. · FSK: ab 12 Regie: Thorsten Schmidt Drehbuch: Stefan Kolditz Kamera: Klaus Eichhammer Darsteller: Jürgen Tarrach, Tamara Simunovic, Hannes Jaenicke, Dieter Landuris u.a. |
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Jeder hat andere Vorbilder. Thorsten Schmidt z.B., Jungfilmemacher, preisgekrönt und als hoffnungsreich gepriesen, steht offensichtlich auf Ran – nein, nicht den Kurosawa-Film, sondern die Sendung auf Sat.1, die drollige Genreszenen am Rande des Fußballsports dokumentiert. Um die Spiele selbst kümmert sich die Sendung wenig, meist werden grimmige Manager und fuchtelnde Trainer gezeigt oder Gewinnspiele veranstaltet. Bei Schmidts Spielfilm Schnee in der Neujahrsnacht gibt es auch eine Art Preisauschreiben: Der Bürgermeister von Berlin verspricht dem ersten Berliner Baby zum Millenium eine Million DM, wahrscheinlich von dem Konto, das Kohl extra für solche Zwecke in der Schweiz eingerichtet hat.
Zufällig ist die Russin Natalia schon am Sylvesterabend von oben bis unten schwanger, leider ist der Vater unpässlich, so daß sich Natalia bis zur Niederkunft um zwölf mit einem Busfahrer anfreunden muß, um nicht Alleinerziehende zu werden. Zugleich plant ein verlassener Ehemann, seine Gattin von einem Heißluftballon aus niederzuknallen. Als das Feuerwerk beginnt, stürzt das Gefährt ab, und er verspricht am Handy schnell, mit dem Saufen aufzuhören, falls er überlebt, was er schließlich tut. Jede der vier, fünf Episoden hat eine übersichtliche Problemstellung und erfährt eine hurtige Auflösung. Alkoholismus, Armut und Deppression werden von märchenhafter Hand beseite gewischt. Als Geländer dienen der jeweiligen Handlung die Meldungen, die ein einsamer Radio-DJ dem nächtlichen Berlin zuverkünden hat. »In Berlin ist der Bär los« heißt es da mehrfach, haha, denn, tatsächlich ist aus'm Zoo einer entlaufen.
Schwarzenegger hat kürzlich einen Mangel an »Millänniums-Fülmen« festgestellt. Der eine hier ist schon zuviel. Gut, auf Sat.1 wäre er nicht weiter negativ aufgefallen. Auf der Leinwand aber macht er revueartig auf alle Unzulänglichkeiten deutschen Kinos aufmerksam, bringt’s weder zumMärchen, noch zur Schnulze, noch zur Komödie, zieht sogar ehrbare Darsteller wie Jürgen Tarrach nach unten und verschwendet den leibhaftigen Eric Burdon an eine hinfällige Nebenrolle. Der Bär als Turbulenz-Quotient ist nicht die einzige ausgefranste Idee, schlimmer ist Hannes Jaenicke als einsamer Wolf im Radio. Mit sonorer Stimme mauschelt er Großstadtphilosphisches daher, bis die einsame Nachbarin von gegenüber ihn endlich, endlich während des Abspanns erhört und damit zum Schweigen bringt.