Frankreich/D 2009 · 101 min. · FSK: ab 0 Regie: Caroline Bottaro Drehbuch: Caroline Bottaro Kamera: Jean-Claude Larrieu Darsteller: Sandrine Bonnaire, Kevin Kline, Francis Renaud, Jennifer Beals, Valérie Lagrange u.a. |
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Konzentriert: Sandrine Bonnaire |
Fast ist es ein eigenes Genre: der »Sandrine-Bonnaire-Film«. Sandrine-Bonnaire-Filme sind die Art von Filmen, in denen sich eine zurückhaltende Frauenfigur vorsichtigen Schrittes aus einengenden Verhältnissen herauswagt und dabei auch immer femininer wird… Genau wie in Die Schachspielerin, der jetzt im Kino läuft, selbstverständlich mit dem Urweib dieser Art Frauenfilme: Sandrine Bonnaire.
Sie spielt die maliziöse Hélène, die sich in das
komplexe Spiel des Schachs verfängt, als sie bei ihrer Arbeit als Hotel-Zimmermädchen einen weltmännischen Gast beobachtet, wie er mit einer jüngeren Begleitung diesem Spiel so lustvoll frönt (wunderbar: Kevin Kline als assimilierter Franzose). Da scheint ihr in jedem Zug und Blick mehr Leidenschaft als in ihrer Ehe. Den Zuschauer erwartet im Folgenden eine höchst erotische Anbahnung in vielen kleinen Bewegungen und Blicken quer über alle schwarz-weißen Felder hinweg.
Die Spannung erhöht sich dann durch den erschwerenden Umstand für die lustvolle Grenzüberschreitung, nämlich dass – ganz banal – Hélène seit Jahren verheiratet ist, auch eine 15-jährige Tochter hat. Nach ihrem Mann gefragt, antwortet Hélène kurz: »Er ist schön«. Eigentlich könnte alles schön sein, wenn man es nicht anders kennt. Und der Ehemann nicht mit der aktuellen Wirtschaftskrise, auch um seine Existenz als Hafenarbeiter fürchtend, noch weniger Beachtung für die
Bedürfnisse seiner Frau hätte. Diese stillt sie dafür in dem erotischen Spiel von Verteidigung und Angriff. Doch beide sind vom Leben so weit geschult, dass sie nicht zu sehr ihre Deckung aufgeben.
Die Ehe dagegen wirkt so wie die Insel Korsika, auf der die Geschichte sich zuträgt, oft karg, aber immerhin mit einer Ruhe eines sicheren Familienlebens und der kleinen, funktionierenden Gemeinschaft der Bewohner. Natürlich bleiben in so einem Umfeld die bekannten Folgen nicht aus,
und es spricht sich herum, dass Hélène inzwischen viel länger im Hotel bleibt, als es notwendig wäre. Ebenso wie die positiven äußerlichen Veränderungen, da sie bei ihren Visiten im Hotel inzwischen als attraktive Frau wahrgenommen werden möchte. Dabei hält sie nicht nur die Servicedienste im Hotel, sondern auch die Aufgaben im heimischen Haushalt zunehmend knapper. Auch die Tochter ist in einem schwierigen Alter und fühlt sich nicht mehr so wichtig genommen.
Ihr Schachspiel jedoch wird immer selbstbewusster, was auch einem Nichtkenner des Spiels durchaus vermittelt wird. Schach ist wie kaum ein anderes Spiel ein Wettkampf, in dem verschiedene Persönlichkeiten zum Ausdruck gelangen. So bereitet es ihrem Lehrmeister zwar zunehmend Vergnügen, die anfangs von ihm nicht sehr ernst genommene Bedienstete bei ihrer Entwicklung zu einer kreativeren und eigenen Spielweise zu fördern. Ihr Ehrgeiz weckt aber auch seine Erinnerungen an frühere Versäumnisse. Seine verstorbene Frau hatte Ambitionen zu einer eigenständigen Laufbahn statt das Anhängsel eines gebildeten Mannes zu bleiben. Hélène dagegen ist eine Frau voll Eigeninitiative. Sie wählt sich ihren Schachpartner und unternimmt dann auch noch durch den Kauf eines Schachcomputers für ihren Mann den Versuch, diesen nicht nur dem Kneipensport Backgammon zu entwöhnen und ihn aus der Pinte loszureißen, sondern vielleicht sogar dem ehelichen Leben eine zweite Chance zu geben. Die Frau ist eine Spielerin, deren Brett das Leben ist und ihre Mitmenschen nur Figuren, die sie hin- und herbewegen will. Deshalb ist auch der französische Originaltitel Joueuse, die »Spielerin« ganz allgemein, viel treffender.
Ein Sandrine-Bonnaire-Film: Da haben wir am Anfang die verdruckste Hélène, für die es zunächst vor allem ein elektrisierender Gedanke ist, mit dem charmanten Fremden wenn schon nicht das Bett, so doch zumindest das Brett zu teilen. Eine Sandrine-Bonnaire-Figure aber lernt recht schnell. In diesem eher männlich dominierten Bereich verschafft sie sich als selbstsichere Frau einen mentalen Vorteil und wagt sich sogar hinaus in die Turnierszene. Und bei der Besetzung hat man mit diesem Film schon fast sicheren Genuss.