Die Schlümpfe: Der große Kinofilm

Smurfs

USA/B/I 2025 · 90 min. · FSK: ab 0
Regie: Chris Miller
Drehbuch:
Musik: Rihanna, Henry Jackman
Schnitt: Matt Landon
Die Schlümpfe: Der große Kinofilm
Ratlos, aber nicht tatenlos...
(Foto: Paramount)

Das klickende Geräusch der Heimtücke

Mit dem Reboot des Schlumpf-Franchises von Chris Miller werden die Schlümpfe erwachsen. Das funktioniert vor allem bei der Suche nach neuen Identitäten hervorragend, hat aber auch Nachteile

Fran­chises sind die besten Zeit­ma­schinen. Das ist im Film nicht anders als in der Comic-Welt. Als die Schlümpfe das erste Mal 1958, im neunten Band von Peyos groß­ar­tigem Klassiker Johann und Pfiffikus auftauchten, als „Statisten“ während einer Reise ins „Verwünschte Land“, konnte noch niemand ahnen, dass die blauen Zwerge zu Peyos größtem Erfolg werden würden, hat er doch neben „Johann und Pfiffikus“ auch den eigent­lich noch viel besseren „Klassiker“ Benni Bärs­ten­stark ins Leben gerufen.

Aber viel­leicht ist es eben dieses „ins Leben rufen“, dass die Schlümpfe so erfolg­reich gemacht hat. Wie alle „großen“ Helden von Peyo sind es eigent­lich „kleine“ Helden, die über ein paar magische Tricks (nicht anders als bei Benni und Pfiffikus) ihren Alltag und ihr Leben bewäl­tigen. Und die Schlümpfe sind viel­leicht die extremste Variante, um miese­pe­trigen Anfein­dungen im Alltag mit fröhlich ins Leben gerufenen Parolen zu begegnen. Gefahren, die bei den Schlümpfen vor allem in Form von über­großer Natur oder über­großer Bosheit durch den ewigen Feind, den Zauberer Gargamel in ihr kleines Dorf einbre­chen.

Ihren Wider­stand konnten sie auch deshalb so einfach formieren, weil die Gesell­schafts­struktur der Schlümpfe eine simple Nomen-est-Omen-Struktur war. Der Schreib­schlumpf war fürs Schreiben zuständig und Papa-Schlumpf für die Entschei­dungen, obgleich das natürlich nicht hier­ar­chisch zu verstehen ist, denn Peyo war wie viele Comic-Künstler seiner Zeit von der Reform­pä­d­agogik der 68er geprägt, die im Kern anti­au­to­ritär war und selbst­ver­s­tänd­lich verhielten sich so auch Peyos Helden.

So war Peyos bekann­teste Comic-Serie mit ihren kleinen Helden immer auch eine kleine Helden­reise und das war sie auch noch mit den ersten franko-belgi­schen Verfil­mungen 1965 (Les Aventures des Schtroumpfs) und 1976 (Die Schlümpfe und die Zauber­flöte). Der Zauber dieser stark an Peyos Artwork ange­lehnten Filme verlor sich erst, als Sony ab 2011 zwei entsetz­lich leblose und vulgär-kitschige Live-Action-Animation-Schlumpf-Filme auf den Markt warf und die Fans erst wieder mit einem dritten Teil, Die Schlümpfe – Das verlorene Dorf (2017) mit liebe­vollen Anima­tionen und einer wieder etwas märchen­haf­teren Anlage versöhnte, auch wenn der Zeitgeist einen femi­nis­ti­schen Grundton diktierte, der etwas aufge­schlumpft daherkam.

Der Zeitgeist ist aller­dings auch in Para­mounts neuem Reboot allge­gen­wärtig, doch wirkt er anders als 2017 nicht aufge­setzt, sondern ist nahtlos in eine aben­teu­er­liche Handlung inte­griert, die die Schlümpfe nicht nur in die Realwelt nach Paris führt, sondern immer wieder auch genug Zeit für tradi­tio­nelle Panels im Stil von Peyo lässt, in denen die Schlümpfe sich nicht nur mit ihrem Erzfeind Gargamel, sondern vor allem seinem Bruder Razzamel ausein­an­der­setzen müssen.

Neu ist in diesem Reboot vor allem die Suche nach Identität, die ja in unserer Gegenwart nicht nur national-politisch, sondern auch für den Einzelnen eine immer schwerere und komple­xere Last ist, so wie Ulrich Beck das seit Mitte der 1980er Jahren in seinen Werken ausge­führt hat. Bei den Schlümpfen ist es der No Name-Schlumpf, der unter dieser Last zu tragen hat, aber auch die anderen Schlümpfe kommen über ihre Helden­reise ins Zweifeln darüber, was und wer sie eigent­lich sind. Dass sie nicht anders als der neue Superman von James Gunn mit dem klickenden Geräusch der Heimtücke plötzlich zu Wacht­hü­tern des Guten werden, will ihnen erst nicht in den Sinn, doch die Regie von Chris Miller und das Drehbuch von Pam Brady, die bereits mit Ruby taucht ab (2023) ein über­ra­gendes Drehbuch zu einem schwie­rigen Coming-of-Age-Thema geschrieben hat, lässt über ein paar Portal­reisen auch die Schlümpfe reifen. Das geht weit über das hier sehr lang­weilig und stereotyp arti­ku­lierte „Wenn wir zusam­men­halten, sind wir stärker!“ hinaus, so dass sich die Schlümpfe am Ende eigent­lich dort wieder­finden, wo auch der neue Superman sich am Ende findet, in einem zu Hause, das voller fremder, neuer Ideen für eine ungewisse Zukunft steckt.

Diese Super­hel­den­trans­fo­ma­tion ist zwar zeitgemäß, reibt sich aller­dings nicht nur mit der histo­ri­schen Bedeutung der Schlümpfe, die ja gerade das nie sein wollten und sollten, nämlich Super­helden, steckt doch in jedem Super­helden auch ein Stück Autorität. Die Trans­for­ma­tion reibt sich aller­dings auch an der Gegenwart, denn mit diesem Erzähl­strang wird die Geschichte der Schlümpfe eine beliebige Geschichte, weil sie sich dem gegen­wär­tigen Super­helden-Main­stream fast schon unan­ge­nehm anbiedert.

Wie so oft bei leichten Musi­cal­va­ri­anten und Anima­ti­ons­filmen aus den USA muss auch hier angemerkt werden, dass die Stimmen der Origi­nal­ver­sion die deutschen Synchron­spre­cher- und Sänger gnadenlos ausste­chen. Nicht nur Rihanna als Schlumpfine und einem dann aber etwas durch­schnitt­li­chen Titelsong, sondern vor allem mit John Goodman, der Papa Schlumpf seine Stimme leiht und schließ­lich die alles über­ra­gende Stimme von Nick Offerman, der in Kürze als Erzähler in der Stephen King-Verfil­mung von The Life Of Chuck zu hören sein wird und hier als Ken die Leinwand zum Schlumpfen bringt.