Die Reise des chinesischen Trommlers

Zhan. gu

Hongkong/Taiwan/D 2007 · 117 min. · FSK: ab 12
Regie: Kenneth Bi
Drehbuch:
Kamera: Sam Koa
Darsteller: Jaycee Chan, Tony Leung, Angelica Lee, Roy Cheung, Kenneth Tsang u.a.
Vom Tunichtgut zum Zentrommler

Heim ins Genre

Kwan (Tony »LOVER« Leung Ka Fai) einer der Mafia­bosse von Hongkong, hat einen Sohn und eine Tochter. Die will mit dem krimi­nellen Papa nichts zu tun haben, und flüchtet sich in eine spießige Lang­wei­lerehe. Sid (Jaycee Chan), der Sohn, der mal Papas Geschäfte über­nehmen soll, ist ein Tunichtgut. Als er sich ausge­rechnet mit der Mätresse von Papas größtem Konkur­rent im Bett erwischen lässt, und den auch noch beleidigt, will dieser – hart sind auch die Gesetze der Mafia – blutige Rache: Der Vater soll ihn töten. Doch das täuscht dieser nur vor, tatsäch­lich wird der Sohn, begleitet von Ah Chiu (Roy Cheung), einem treuen Vasallen des Vaters, in einem geheimen Unter­schlupf in Taiwan versteckt, bis Gras über die Sache gewachsen ist.

Das ist nur die Vorge­schichte, denn eigent­lich dreht sich Kenneth Bi’s Film um das, was jetzt folgt: Die mora­li­sche Läuterung des Tunicht­guts zum ebenso verant­wor­tungs­vollen, wie folgsamen Sohn: Schuld daran ist eine Gruppe von »Zen-Trommlern«, die in den Bergen Taiwans für ihre öffent­li­chen Auftritte üben. So etwas gibt es wirklich: Das »U-Theatre« ist in Asien berühmt. Trommeln ist hier weit mehr als bloße Musik: Ein spiri­tu­eller Erkennt­nis­pro­zess. Stell­ver­tre­tend für uns Zuschauer lernt Sid einige Lektionen des Zen-Buddhismus: Vor dem Trommeln steht ein »Oolonng chai« (Tee) zur inneren Reinigung. Dann muss er tagelang schwere Steine schleppen, nicht nur um sich Muskel­kraft und die richtige Mischung aus Kraft und Erschöp­fung anzu­trai­nieren, die die Arme stun­den­lang in flüssig-relaxtem Rhythmus schlagen lässt – sondern vor allem um Demut und Geduld zu lernen. Wir lernen, dass Trommeln viel mit dem Herz­schlag zu tun hat, und dass das Geheimnis des buddhis­ti­schen Trommelns darin liegt, »zu trommeln ohne zu trommeln.«

Was Sid und wir mit ihm da lernen sollen, ist ein Leben in Genüg­sam­keit und Askese – warum nicht, wenn man’s mag? Auf dem Weg dahin geht es trotz allem Buddhismus aber manchmal auch nicht anders zu, wie in einer preußi­schen Kadet­ten­an­stalt.

Im letzten Drittel bekommt der Film dann noch eine weitere Wendung. Nicht nur weil Sid erwar­tungs­gemäß inzwi­schen auch einer hübschen Tromm­lerin (Lee Sinje) näher gekommen ist, sondern weil er nach Hongkong zurück kommt, und dort das Gelernte anwenden kann: Da kommt dann auch Ah Chiu noch mal neu ins Spiel, Sid entpuppt sich doch ganz als Vaters Sohn, und die Ordnung der Hongkong-Familie ist wieder herge­stellt. Moral: »Don’t be like me.« Aber man lernt auch, wenn man es noch nicht aus vielen Hongkong-Gangs­ter­mo­vies wusste, dass Zen und Gangster-Moral offenbar keines­wegs ein Wider­spruch sind. So reiht sich Bi’s Reise durch die Gangster-Genre­ty­po­logie am Ende wieder gut ins Genre ein.