Ferpektes Verbrechen

Crimen ferpecto

Spanien/Italien 2004 · 103 min. · FSK: ab 12
Regie: Álex de la Iglesia
Drehbuch: ,
Kamera: José L. Moreno
Darsteller: Guillermo Toledo, Mónica Cervera, Luis Varela, Fernando Tejero u.a.
Perfekt?

In der perfekten Welt von Rafael Gonzáles himmeln ihn alle Frauen an. Alles riecht perfekt, schmeckt perfekt, passt perfekt. Nur in einer solchen Welt könne er es überhaupt aushalten, erzählt Rafael (Guillermo Toledo), und es dauert eine ganze Weile, bis man begreift, dass Rafael nur ist ein stink­nor­maler Ange­stellter in einem stink­nor­malen Kaufhaus in Madrid ist und seine Traumwelt eine künst­liche, nur geschaffen, um möglichst viel Profit abzu­werfen. Es ist eben alles eine Frage der Perspek­tive, und der Erzähler in Ferpektes Verbre­chen des Spaniers Alex de la Iglesia ist nunmal Rafael selbst und der hält sich für etwas ganz Beson­deres. Schließ­lich ist er Chef der Damen­ab­tei­lung im Kaufhaus Yeyo’s und dort der Hahn im Korb.

Es gleicht einer Vertrei­bung aus dem Paradies, als nicht Rafael zum Chef der ganzen Kauf­hau­se­tage ernannt wird, sondern sein schwuler Wider­sa­cher Don Antonio (Luis Varela) aus der Herren­ab­tei­lung. In einem Streit tötet Rafael Don Antonio, und ausge­rechnet Lourdes (Mónica Cervera), die einzig häßliche Ange­stellte unter lauter Super­mo­dels, wird Zeugin des Mordes. Sie beginnt Rafael, mit ihrem Mitwissen zu erpressen.

Ein Mann für das Subtile war Regisseur Alex de la Iglesia, unter anderem verant­wort­lich für Perdita Durango und zuletzt Allein unter Nachbarn, noch nie. Schock­ef­fekte und Tabu­brüche waren ihm immer schon wichtiger als stimmige Charak­tere oder glaub­wür­dige Geschichten, sozusagen Comic statt Entwick­lungs­roman. Und am Besten hat das immer dann funk­tio­niert, wenn man als Zuschauer erschro­cken darüber war, über welche Abscheu­lich­keiten man noch lachen kann.

Auch in Ferpektes Verbre­chen trägt De la Iglesia dick auf, doch Spaß macht das nur zu Beginn, als noch über die Mittel­mäßig­keit von Rafaels Wunsch nach dem einzig­ar­tigen Leben gespottet wird. Schließ­lich will jeder besonders sein. Es ist wirklich komisch, wie wenig Rafaels Habitus und seine beruf­liche Stellung zusam­men­passen wollen. Ergeben umkreist die Kamera immer wieder den Haupt­dar­steller, als sei dieser tatsäch­lich das Zentrum des Univer­sums. Die Kassie­re­rinnen zeigen ihr Zahn­re­klamen-Lächeln und durch das Lächeln leuchtet Lug und Trug. Als jedoch Lourdes nach dem Mord damit anfängt, Rafaels Traumwelt umzubauen, erkennt man, was der eigent­liche Witz des Films sein soll: die Erkenntnis, dass das Paradies des einen des anderen Hölle, Hölle, Hölle sein kann. Lourdes zwingt Rafael dazu, ihn zu heiraten.

Bald geht es nur noch um die Frage: Wie lange lässt sich Rafaels Geschmack demütigen, bevor er durch­dreht und versucht, Lourdes umzu­bringen? Nebenbei soll auch noch am schönen Schein der Warenwelt gekratzt werden, doch letzt­end­lich nur, um zu beweisen: Eine häßliche Frau ist für einen selbst­er­nannten Ästheten eine absolute Zumutung. Die Situa­tionen werden dras­ti­scher, die Figuren skuriller. Irgend­wann wird dann wirklich jeder Kalauer mitge­nommen, jede Über­trei­bung zum Witz erklärt. Als es dann auch noch surreal wird und Don Antonios Geist auftaucht, wird endgültig klar: Der eigent­liche Wahnsinn, das ist der normale Tages­ab­lauf im Einkaufs­zen­trum zu Beginn des Films, der Rest ist nur noch zäher Klamauk. Statt Hölle und Verdammnis nur quälend lang­wei­liges Fegefeuer.