Volveréis – Ein fast klassischer Liebesfilm

Volveréis

Spanien/F 2024 · 114 min. · FSK: ab 6
Regie: Jonás Trueba
Drehbuch: , ,
Kamera: Santiago Racaj
Darsteller: Itsaso Arana, Vito Sanz, Fernando Trueba, Andrés Gertrúdix, Francesco Carril u.a.
Volvereis
Um sich selbst kreisen und sein eigenes Thema performen...
(Foto: Piffl)

Impressionen und Depressionen

Fernando Trueba formt in »Volveréis« aus einer banalen Geschichte einen runden, temporeichen Screwball

»Ihr kommt doch sowieso wieder zusammen.« Das zumindest sagen alle Freunde, denen Ale und Alex erzählen, dass sie sich nach 15 Jahre trennen wollen, einver­nehm­lich. Von nun an könne ihre fantas­ti­sche Beziehung nur noch lang­weilig und routi­niert werden, irgendwie ist die Luft raus. Ale und Alex aber bilden nicht nur phone­tisch fast eine Einheit, sie sind auch beruflich ein Team. Ale ist Regis­seurin, Alex ist Schau­spieler, fast alle Projekte haben sie mitein­ander gemacht. Was wird aus ihnen, wenn sie sich trennen? Allein in der Berufs­wahl für seine Figuren lässt sich erahnen, dass der Film wohl bald mehrere Ebenen einschlagen wird. Hinzu kommt der Hippie­vater von Ale, der von Fernando Trueba gespielt wird, Urgestein des spani­schen Kinos und Jonás Truebas eigener Vater, eine Inkar­na­tion der Film-im-Film-Thematik, die wenig später durch­de­kli­niert werden wird. Er gibt den Kindern mit: Wenn man sich trennt, muss das mit einer großen Party gefeiert werden, mehr noch als eine Hochzeit. Und so schmiedet das tren­nungs­wil­lige Paar plötzlich wieder gemeinsam Pläne, lädt die fassungs­losen Freunde zu ihrer Party ein, wohnt während­dessen in getrennten Zimmern.

Und bald darauf geht es los, mit dem Film im Film: Ale und Alex werden gespielt von Itsaso Arana und Vito Sanz, zwei bekannten Gesich­tern der Film­fa­milie um Inde­pen­dent-Regisseur Jonás Trueba. Arana ist selbst Regis­seurin und Schau­spie­lerin des jungen spani­schen Kinos, und sie hatte bereits mit Sanz in Truebas letztem Film You Have to Come and See It gespielt. Arana und Sanz stehen also nicht nur auf der Leinwand in enger Verbin­dung, und das nutzt Trueba auf raffi­nierte Weise für seinen Film, indem er das Ganze einfach noch eine Drehung weiter schraubt. Denn über die Party-Vorbe­rei­tungen dreht Ale mit Alex einen Film – sie können einfach nicht anders, als ihr Leben auch in eine Fiktion zu verwan­deln. Noch dazu ist der Film, den Ale dreht, genau der Film, den wir sehen. Beim Sichten des Materials im Schnei­de­raum kommen­tieren die beiden ihre eigene Geschichte und damit auch den Film, der gerade im Kino zu sehen ist – und dies überaus kritisch. Bemängeln die Wieder­ho­lungen, den Kitsch, der sich immer wieder breit­macht, schneiden das Material um. Hier wird die roman­ti­sche Komödie zur aber­wit­zigen Fikti­ons­komödie und zum leicht­hän­digen Spiel von Liebe und Wieder­ho­lung.

Ale und Alex haben vom Hippie­vater nicht nur den Tipp mit der Tren­nungs­party, sondern als Dreingabe auch ein Buch in die Hand gedrückt bekommen: Es ist Sören Kier­ke­gaards »Die Wieder­ho­lung«, das sie von nun an abwech­selnd lesen. Ein Schlüs­sel­text für ihr eigenes Dasein – und für den Film. Über das Gelesene wird wiederum disku­tiert. So kreist Volveréis (spanisch für »ihr werdet zurück­kehren«) um sich selbst, performt sein eigenes Thema, nimmt sein Entstehen in den Blick, wägt ab und verwirft. Der Vater hat ihnen noch ein weiteres Buch mitge­geben: »Pursuits of Happiness« des ameri­ka­ni­schen Philo­so­phen Stanley Cavell, in dem es um die »comedy of remar­riage« geht. Er will sie offen­sicht­lich wieder von ihrem Plan abbringen und sich ohnehin nicht mehr an seine ureigene Philo­so­phie der glück­li­chen Trennung erinnern. All diese Bücher lesen Ale und Alex, halten die Buchcover in die Kamera, während sie – jeder in seinem eigenen – Bett liegen. Dazu gesellen sich noch »Impre­siones y depre­siones« (»Eindrücke und Depres­sionen«) des Schau­spie­lers und Dreh­buch­au­tors Fernando Fernán-Gómez und Daniel Gascóns »El padre de tus hijos« (»Der Vater deiner Söhne«). Darin geht es u.a. um eine Frau, die kurz vor der Trennung steht und Besuch von ihrem Vater erhält, und um einen Mann, der den Sommer seiner geschei­terten Ehe damit verbringt, sich klas­si­sche Hollywood-Komödien anzusehen. Trueba dreht seine Geschichte in alle erdenk­liche Rich­tungen immer weiter, die Buchtitel funk­tio­nieren auch so als einfache, poin­tierte Jokes.

Trueba verankert seine im Grunde völlig banale Geschichte der Thirty-Something-Gene­ra­tion in einem komischen Reigen, der viel von Woody Allens damals noch guten Stadt­neu­ro­ti­kern hat und auch von Eric Rohmers leicht­fing­rigen roman­ti­schen Komödien. Und sogar an Hong Sang-soo lässt sich bei diesem Reigen der Wieder­ho­lungen, Brechungen und Bezie­hungs-Bana­li­täten immer wieder mit größtem Vergnügen denken.

Daraus wird bei Trueba ein runder, tempo­rei­cher Screwball, in dem das Denken wie bei Francis Picabia die Richtung wechseln kann. Wie auch der Film im inter­na­tio­nalen Titel heißt: the other way around…