Spanien/F/I 2002 · 113 min. · FSK: ab 6 Regie: Fernando León de Aranda Drehbuch: Fernando León de Aranda, Ignacio del Moral Kamera: Alfredo F. Mayo Darsteller: Javier Bardem, Luis Tosar, José Ángel Egido, Nieve de Medina u.a. |
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Wo ist ein Platz an der Sonne frei? |
Wer sehnt sich nicht nach etwas mehr Freizeit? Doch die kann auch eine Belastung werden, der mit Humor und Einfallsreichtum begegnet werden muss. Wie bringt man die Tage herum, die früher vom regelmäßigen Rhythmus der Arbeit in der Werft bestimmt waren? Diese Frage stellt sich nach der Schließung »ihres« Betriebes in der nordspanischen Hafenstadt Vigo einer Gruppe Männer, die sich unversehens als Opfer der Globalisierung auf der Straße sehen. Ihr Leben bekommt einen neuen, getrageneren Rhythmus, zwischen den Gängen zum Arbeitsamt und den abendlichen Kneipengesprächen ist viel Zeit, die Sonne zu genießenwenn sie denn scheint.
Jeder hat seine eigenen Strategie, mit den Veränderungen in seinem Leben umzugehen. Santa, der aufsässige, weigert sich, klaglos sein Schicksal zu akzeptieren: er versucht, die Gemeinschaft seiner Freunde zu erhalten, benennt die Ursachen ihres Unglücks und versucht, sich durch Flirts und Romanzen die Zeit zu vertreiben. Sein Freund José fühlt sich durch die Tatsache, dass nun seine Frau Ana die Hauptverdienerin ist, in seiner Rolle als Ehemann verunsichert. Und Lino, der sich vor seinen beiden erwachsenen Kindern schämt, kommt bei seiner Suche nach einer neuen Stelle auf die seltsamsten Ideen, ohne gegen sein wesentlich jüngeren Mitbewerber den Hauch einer Chance zu haben.
Zusammen mit Sergej, dem ehemaligen Kosmonauten, und Amador, dessen Frau nur kurz weggefahren sein soll, um ihre Mutter zu besuchen, treffen sie sich abends in der Bar »La Naval«, die ihr ehemaliger Kollege Rico mit dem Geld aus seiner Abfindung eröffnet hat. Einen neuen Job hat nur Reina, der die Untätigkeit der Ex-Kollegen kritisch betrachtet und doch von ihnen geschätzt wird: schließlich ermöglicht ihnen der Sicherheitsmann den Gratis-Besuch des Fußballstadions, wenn auch die Sicht ihrer »Logenplätze« zu wünschen übrig lässt.
Die Folgen der persönlichen Arbeitslosigkeit sind vielfältig: mehr als der Geldmangel, der durch staatliche Versorgung zumindest teilweise aufgefangen wird, beeinträchtigen der Verlust einer Aufgabe, das Ausscheiden aus der Gemeinschaft im Betrieb die Selbstachtung und das Lebensgefühl der Betroffenen. Theoretisch ist das vielen klar, und doch bilden die Arbeitslosen, zumal die Älteren, die so gut wie keine Chance auf einen neuen Job haben, eine öffentlich wenig be- und geachtete Gruppe. In unserer Gesellschaft gilt »Arbeit« oft als mehr als nur eine bezahlte Beschäftigung: der Begriff ist aufgeladen mit Werten und Gefühlen, und erst beim unerwünschten Ausfall dieses Lebensmodells wird die Leere sichtbar, die unser Konzept von Berufstätigkeit als Selbstverwirklichung hinterlassen kann.
Leon benennt die Ängste und Probleme, die er bei seinen zweijährigen Recherchen unter entlassenen Arbeitern angetroffen hat, und zeigt dabei doch Wege, mit dem Zusammenbruch des alten Lebens zurechtzukommen. Er fordert Einsicht und Mitgefühl bei einer Situation, die stets mehr Menschen betrifft, als in der Statistik auftauchen, denn auch die Angehörigen müssen lernen, sich auf die veränderten Umstände einzustellen. Und dies alles gelingt Leon auf überaus fesselnde und unterhaltende Weise, ohne jemals aufgesetzt zu wirken.
Der Autor und Regisseur verlässt sich dabei weniger auf Lehrbuchweisheiten über Dramaturgie, sondern überzeugt durch die liebevolle Gestaltung seiner glaubwürdigen Charaktere. Neben Javier Bardem als Santa haben auch Luis Tosar und Nieve de Medina, die das um ihre Ehe ringende Paar José und Ana spielen, verdient Darstellerpreise erhalten, wie der Film überhaupt in Spanien bei Publikum und Kritik starken Anklang fand. Als spanischer Anwärter auf den Auslands-Oscar vorgeschlagen, kann dem Preisregen, der auf Los lunes al sol niederging, noch eine glänzende Krone aufgesetzt werden.