Australien 1997 · 96 min. · FSK: ab 16 Regie: Bill Bennett Drehbuch: Bill Bennett Kamera: Malcolm McCulloch Darsteller: Frances O'Connor, Matt Day, Chris Haywood, Barry Otto u.a. |
Vertrauen ist der Anfang von allem. »Wie gut kennst Du Deinen Lover ?« fragt kess der deutsche Untertitel dieses Films, als ob die Untertitelmacher nicht auch genau wüßten, daß man seinen Lover nie gut kennt, vor allem, wenn man ihn auch noch so nennt. Der eigentliche Filmtitel Kiss or Kill, der glücklicherweise vom australischen Original einfach übernommen wurde, erklärt dann auch, worauf es hinausläuft: Kiss or Kill ist ein spannender, harter Thriller, der wieder einmal die alte Geschichte von Vertrauen und Mißtrauen erzählt. Diese Geschichte beginnt bekanntlich spätestens bei Adam und Eva, wo es auch ums Küssen geht, und um die Erkenntnis, das man seinen Lover nie so gut kennt, wie man ihn zu kennen glaubt.
Einander zu vertrauen ist für Nikki und Al bitter nötig. Denn beide lösen das bekannte Alltagsproblem der Geldbeschaffung nicht durch ehrliche Arbeit, sondern durch anständige Kriminalität. Nikki reißt Männer auf, und betäubt sie im Hotelzimmer, um sie danach mit Al auszurauben. Als einer von ihnen unbeabsichtigt stirbt, und sie bei ihm ein Videoband entdecken, mit dem ein bekannter Football-Star offensichtlich erpreßt wurde, macht sich das Paar ziemlich dilettantisch auf
die Flucht. Nun beginnt ein Road-Movie, Nikki und Al reisen durchs wüstenhafte Outback, verfolgt von zwei Detektiven, die, wie so oft im Film, irgendwie originell und zugleich deppert sind. Außerdem ist ihnen jener Football-Star auf den Fersen.
Seinen Reiz bekommt dieser konventionelle Plot dadurch, daß die Tour der beiden durch eine unheimliche Mordserie und durch schlechte Träume des Paars begleitet wird. Immer wieder werden Menschen denen Al und Nikki begegnen auf mehr oder weniger
brutale Art niedergemetzelt, die Kinozuschauer sehen zugleich Bilder, bei denen man bis zum Ende nicht weiß, inwieweit sie reale Ereignisse zeigen oder böse Träume. Fest steht: Das Mißtrauen zwischen Nikki und Al wächst, jeder hält den anderen für einen perversen Serienkiller, die Beziehungskrise eskaliert.
Interessant ist nun, daß Regisseur Bennett die Story nicht mit platt-logischem Schluß zuende führt, sondern einerseits eine Art Happy End parat hat andererseits vieles
offen hält. Man erinnert sich an Lost Highway oder »TwinPeaks«, und auch wenn Bennett bestenfalls ein Outback-Lynch ist, dem alle Subtilität und wohl auch der Bildungsballast des Amerikaners abgeht (weswegen Adam und Eva nicht weiter vorkommen), gibt es doch Verwandtschaften. Deuten läßt sich das alles natürlich auch, zum Beispiel als Metapher für Geschlechterkampf und die Opfer der
Familiengründung. Man hat also nach dem Kino noch Diskussionsstoff. Schön ist überdies, daß der Low Budget-Film sehr ökonomisch nur klassische 93 Minuten braucht, und das Frances O’Connor gut spielt. Sogar lernen kann man etwas: Vertrauen ist gut, Kontrolle ist besser.