The King – Mit Elvis durch Amerika

Promised Land

Deutschland/USA/F 2017 · 109 min. · FSK: ab 6
Regie: Eugene Jarecki
Drehbuch: ,
Kamera: Etienne Sauret, Tom Bergmann
Schnitt: Simon Barker, Èlia Gasull Balada, Alex Bingham, Laura Israel
Save our souls!

American Traum und Alptraum

Elvis war ein Superstar. Ein begna­deter Sänger und Musiker. Der kommer­ziell erfolg­reichste Solo­künstler, den die Mensch­heit hervor­ge­bracht hat.
Die USA waren einmal eine Super­macht. Militä­risch, wirt­schaft­lich und kulturell. Mächtiger als jede andere Hege­mo­ni­al­macht der Geschichte.

Das Verspre­chen, mit dem die USA Millionen Menschen aus der ganzen Welt angelockt hat, lautete: Wenn du hart arbeitest und alles gibst, wirst du auch alles bekommen. Egal, woher du kommst. Egal, wer deine Eltern waren. Im Land der unbe­grenzten Möglich­keiten kann ein Teller­wä­scher Millionär werden.

Elvis Aaron Presley hat diesen ameri­ka­ni­schen Traum verwirk­licht, wie es nur wenigen gelungen ist. Er ist Millionär geworden und das Idol einer ganzen Gene­ra­tion. Obwohl er nur mit Mühe und Not die Schule geschafft hat. So legendär wie Elvis' rasante Karriere war auch sein Ende. Ein früher Tod mit 42 Jahren.

Eugene Jareckis Doku­men­tar­film ist nicht nur ein musi­ka­li­sches Road-Movie auf den Spuren des »King of Rock 'n' Roll«. Parallel zu den Stationen und Wende­punkten von Elvis' Leben unter­nimmt er einen Parforce­ritt durch die Geschichte der USA. Ihren Aufstieg und ihren Nieder­gang unter dem Präsi­denten Donald Trump.

Auf den ersten Blick wirkt der Ansatz, diese beiden Geschichten mitein­ander zu verknüpfen, etwas weit hergeholt. Wie ein weiterer ange­strengter Erklä­rungs­ver­such für das »Phänomen Trump«, für das es schon jede Menge Erklä­rungs­ver­suche gibt. Die meistens mehr Ratlo­sig­keit hinter­lassen als Klarheit.

Doch als Jarecki im Jahr 2016 in Elvis' Rolls-Royce durch die USA kurvte, orches­trierte Donald Trump gerade erst seinen schmut­zigen Wahlkampf gegen Hillary Clinton. Fast alle dachten, der Immo­bi­lien-Tycoon und Reality-TV Star hätte sowieso keine Chance.

Zum Glück erklärt diese Doku nicht, wie man es sonst gewohnt und manchmal schon leid ist. Mit erhobenem Zeige­finger und mora­li­scher Empörung. Im Gegenteil. Ausschnitte aus Konzerten, Fernseh-Shows und Inter­views lassen Elvis' magische Wirkung aufleben, als wäre er nicht vor über 40 Jahren gestorben.
Schil­de­rungen von Zeit­zeugen, Histo­ri­kern, Biogra­phen und Künstlern ergeben ein viel­schich­tiges, faszi­nie­rendes Porträt. Mal mit verblüf­fenden Über­ein­stim­mungen, mal mit offen­sicht­li­chen Wider­sprüchen. Die der Film einfach neben­ein­ander stehen lässt.
Spätes­tens wenn einfache Bürger zu Wort kommen, für die das Leben eher Alptraum ist als Traum, fällt es einem wie Schuppen von den Augen: Elvis' Leben eignet sich vortreff­lich als Metapher für den »American Way of Life«. Der Aufstieg und Fall des Super­stars, sowie Aufstieg und Fall der Super­macht haben jede Menge Paral­lelen.

Der Wohlstand der USA zum Beispiel beruhte auf Enteig­nung und Ausrot­tung der india­ni­schen Urein­wohner und der Ausbeu­tung schwarzer Sklaven.
Elvis' Hits waren fast alle Songs schwarzer Musiker, die selten mehr als das Exis­tenz­mi­nimum bekommen haben.
Gemeinsam litten die USA und ihr berühm­tester Unter­hal­tungs­künstler auch unter der fatalen Verwechs­lung zwischen persön­li­chem Glück und Gewinn­ma­xi­mie­rung.
In den fünfziger Jahren wurde der Kapi­ta­lismus noch als Voraus­set­zung gepriesen für Demo­kratie und Freiheit. Tatsäch­lich waren Elvis' lukrative Verträge mit Hollywood Sargnägel für seinen Untergang. Aus dem aufre­genden, blendend ausse­henden Rebellen wurde ein aufge­dun­sener Publi­kums­ma­gnet, der seine Auftritte unter Drogen absol­viert hat.

Jedes Mal, wenn die Doku Auswüchse streift von Rassismus, Globa­li­sie­rung, Kapi­ta­lismus oder dem Versagen der Demo­kratie, bekommt sie eine gespens­ti­sche Aktua­lität. Und jedes Mal, wenn Ideale des ameri­ka­ni­schen Traums aufblitzen, wie er ursprüng­lich gedacht war, schürt sie Hoff­nungen, dass er noch nicht voll­s­tändig begraben ist.