Frankreich 2024 · 98 min. · FSK: ab 0 Regie: Laura Piani Drehbuch: Laura Piani Kamera: Pierre Mazoyer Darsteller: Camille Rutherford, Pablo Pauly, Charlie Anson, Annabelle Lengronne, Liz Crowther u.a. |
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Emotional harmlos.. | ||
(Foto: Splendid Film) |
»I’m not living in the right century!«
– Agathe
Agathe (funkelnd gespielt von der britisch-französischen Schauspielerin Camille Rutherford), ist klug, hübsch, und Single. Nicht ganz freiwillig. Vielleicht hat die Buchhändlerin (die immerhin bei »Shakespeare and Company« in Paris arbeitet, wo einige der frühen Szenen gedreht wurden), die auch eine verhinderte Schriftstellerin ist, einfach Bindungsprobleme, aber sie sagt auch, sie möchte keinen »Uber-Sex« per Dating-App und behauptet, sie träume von einer Liebesgeschichte, wie sie Jane Austen hätte schreiben können. Agathe ist, wie man bald erfährt, vom Unfalltod ihrer Eltern, den sie einst als Kind miterlebte, traumatisiert – aber als Bücherwurm besitzt sie eine überbordende Fantasie und so scheint das echte Leben nie das zu halten, was die Literatur ihr täglich verspricht. Alles ändert sich, als sie überraschend zu einer »Jane Austen-Schriftsteller-Residency« nach England eingeladen wird: Nun wird Agathe unausweichlich mit ihren Ängsten und Zweifeln konfrontiert, aber auch mit plötzlichen Veränderungen in ihrem Liebesleben.
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Jane Austen und das Chaos in meinem Leben erzählt die Geschichte einer Frau, die – von der Haltung des Films ausgehend – nicht etwa etwas kann und darf, sondern »muss« – nämlich »die Liebe finden«.
Laura Pianis Filmdebüt kann man gut und folgenlos »weggucken«. Dies ist der perfekte Date-Movie für die gehobenen Stände – denn man kann woanders hingucken, ohne viel zu verpassen.
Dies ist gewissermaßen Instant-Kino, das geradezu eine
visuelle Gebrauchsanleitung auf die Leinwand wird: »Wie bastle ich einen erfolgreichen Zeitgeist-Film, der alle Themen des gehobenen Bildungsspießbürgertums anspricht, und gebildet und bedeutsam daherkommt, ohne irgendwen vor den Kopf zu stoßen?«
Doch wie geht das? Man nehme:
– gutaussehende Schauspieler,
– eine idyllische Kulisse auf dem Land, die die Natursehnsüchte des Stadtpublikums befriedigt,
– eine unbeholfene, weibliche Hauptfigur, Anfang 30, die »mit dem Leben hadert« und am Ende »durch die Liebe gerettet« wird.
– zwei grundsätzlich antriebslose männliche Liebesanwärter, die sehr unterschiedlich sind, und daher scheinbar gleiche Chancen haben
– Gags, die man
schon Minuten im Voraus erahnt.
– Intellektuelle, die so blöde sind, dass man sie nicht ernst nehmen kann,
– viele Jane-Austen-Zitate
– und schließlich knisternde Kaminfeuer, kaputte Oldtimer, skurrile Briten,
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Alles an dieser romantischen Komödie sieht hübsch aus, und in den den besten Momenten vermischt der Film das 21. Jahrhundert elegant mit dem 19. Die Story aber ist emotional harmlos – und erzählerisch leider weniger raffiniert, als jeder Jane-Austen-Roman.
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Zwei schöne Zitate aus diesem Film scheinen gar nicht hineinzupassen. Sie sind hier als Witz gemeint, aber bei Lichte betrachtet wenig lustig und verraten womöglich eine viel radikalere Gesinnung der Regisseurin.
Sie lauten:
»Töten ist die logische Folge von Revolutionen. Dass die Lust am Töten durchaus subversiv sein kann, wusste er nicht. Er würde wohl nie mehr als ein Konformist sein.«
»Der marxistische Feminismus wie wir ihn in den Reden von Clara Zetkin finden, behandelt das Problem der Manipulation von Frauen in ihrer Funktion als arbeitende und politische Kräfte, bevor sie als individuelle und denkende Wesen betrachtet wurden.«
Damit mache die Leserin jetzt, was sie möchte.