USA 1996 · 113 min. · FSK: ab 12 Regie: Richard Attenborough Drehbuch: Agnes von Kurowsky, Henry S. Villard, James Nagel Kamera: Roger Pratt Darsteller: Sandra Bullock, Chris O'Donnell u.a. |
Eine Weile war es Mode, über Ernest Hemingway zu spotten. Konventionell, schwach, kitschig gar fanden Kritiker seine Romane. Das hat sich inzwischen wieder geändert. Man erkennt in dem Schriftsteller die Jahrhundertfigur, die an vielen Orten und Anlässen präsent war, aus denen sich die Geschichte des 20. Jahrhunderts zusammensetzt. Und man erkennt auch den großen Schriftsteller, der bedeutende, zu ihrer Zeit avantgardistische Bücher schrieb, die noch heute lesenswert sind, und ein großes Publikum finden.
Bei Richard Attenborough wird Hemingway nun wieder zur Spottfigur, wenn auch unfreiwillig. Der Regisseur so großer Filme wie Gandhi und A Bridge Too Far verfilmt nun eine Episode aus Hemingways Leben als Kitschroman.
Erzählt wird aus der Zeit, als sich Ernest Hemingway seine ersten Lorbeeren als Kriegsreporter verdiente. In dem Augenblick, als er an der Front verwundet wurde, wurde er berühmt. Sein Roman »A farewell to arms« schilderte 1929 dieses Erlebnis und zugleich die Geschichte einer Liebe zu der älteren Krankenschwester Agnes von Kurowsky, auf deren Erinnerungen das Drehbuch zurückgeht. Diese Liebe gegen alle gesellschaftliche Konvention der Jahre um 1920 hat kein Happy End. Gerade darum, suggeriert uns das Drehbuch, wurde aus dem Journalisten Hemingway der Schriftsteller.
So weit, so durchwachsen. Die wirklichen Probleme beginnen damit, daß Attenborough die beiden Hauptrollen mit vermeintlich publikumsträchtigen Namen besetzt, die jedoch völlig überfordert sind, wenn es darum geht, große Gefühle glaubhaft auf die Leinwand zu bringen. Sandra Bullock mag man schnuckelig finden, eine große Schauspielerin ist sie nicht. Immer das gleiche nuancenlose Gesicht, der leere Blick aus braunen Rehaugen, die von der Tragik, die Attenborough schildern möchte, nichts ahnen lassen. Chris O’Donnell schlägt dann dem Faß den Boden aus. Eben haben wir ihn noch im grünen Röckchen durch Gotham City hüpfen sehen, jetzt soll er entschlossen und doch jungenhaft bleiben, verliebt und dabei draufgängerisch. Das schafft er beim besten Willen nicht im Ansatz. So bleibt er auch In Love and War der ewige Robin, ein eifriger »bester Freund des Helden«, bemüht, aber ohne jede Ausstrahlung, humorlos und zu keiner Sekunde ein Ernest Hemingway.
Und der Regisseur schließlich tut alles, um dem Film noch den letzten Funken Esprit auszutreiben, den man in der literarischen Vorlage finden kann. Krieg und Biographien haben Attenborough schon immer fasziniert, und er hat aus beiden Themen gute Filme gemacht. Diesmal aber haben ihn alle guten Filmgeister verlassen. Egal, was er versucht, es klappt nicht. Einmal hat Hemingway im Lazarett Wundbrand, und wir alle fürchten, daß er sein Bein verlieren wird. Aber dann erinnern wir uns, daß »Papa« immer zweibeinig durch die welt und ihre Stürme schritt, und alle Spannung ist perdu. Ein andermal möchte er den jugendlichen Überschwang seines Protagonisten zeigen. Heraus kommt nur neckisches, von sentimentaler Schmalzmusik unterlegtes Kinderspiel. Von den Liebeszenen wollen wir lieber schweigen.
Stilistisch ist In Love and War ein rettungslos altmodischer Film, ein Liebesmelo, das allenfalls noch dazu taugt, damit sich ein paar alte Herren in ihre Jugend zurückphantasieren können; für Attenborough selbst ist es eine künstlerische Bankrotterklärung.