USA 2016 · 121 min. · FSK: ab 12 Regie: Roland Emmerich Drehbuch: Nicolas Wright, James A. Woods, Dean Devlin, Roland Emmerich, James Vanderbilt Kamera: Markus Förderer Darsteller: Liam Hemsworth, Jeff Goldblum, Bill Pullman, Maika Monroe, Travis Tope u.a. |
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Mit viel Liebe zum Detail – und zur Wiederholung |
»Dieses Leben, wie du es jetzt lebst und gelebt hast, wirst du noch einmal und noch unzählige Male leben müssen; und es wird nichts Neues daran sein, sondern jeder Schmerz und jede Lust und jeder Gedanke und Seufzer und alles unsäglich Kleine und Grosse deines Lebens muss dir wiederkommen, und Alles in der selben Reihe und Folge – und ebenso diese Spinne und dieses Mondlicht zwischen den Bäumen, und ebenso dieser Augenblick und ich selber. Die ewige Sanduhr des Daseins wird immer wieder umgedreht – und du mit ihr, Stäubchen vom Staube!«
Friedrich Nietzsche, Die fröhliche Wissenschaft, Viertes Buch, Aphorismus 341 (KSA 3, S. 571)
Es muss schon Nietzsches Gedanke der ewigen Wiederkehr gewesen sein, der Roland Emmerich geritten haben muss, nun doch, nach 20 langen Jahren der Verweigerung, eine Fortsetzung seines großen Blockbuster-Erfolges Independence Day aus dem Jahre 1996 auf den mit Sequels überfüllten Blockbuster-Markt zu werfen. Und so etwas wie Verachtung und Zynismus gegenüber dem Publikum und unserer neoliberalen Realität: Wie weit kann man gehen, wie wenig sich neu erfinden, wie dreist darf man wiederholen, ohne das es irgendwen kümmert?
Anscheinend kann man sehr weit gehen und immerhin lässt sich der Sache auch etwas Positives abgewinnen: denn es ist wie eine Zeitmaschine, die ins Jahr 1996 reist, sieht man sich Emmerichs Independence Day: Wiederkehr an. Nichts hat sich geändert. Bis auf Will Smith, der abgesagt hat, ist die alte Garde mit dabei, natürlich zur Rentner-Combo mutiert oder durch ein paar Drehbuchflicken wiederbelebt, aber nichtsdestotrotz bereit, die Erde ein weiteres Mal vor den gleichen Außerirdischen zu retten, die schon damals die Erde als Tankstelle missverstanden haben.
Natürlich altern nicht nur die Menschen, auch die Raumschiffe werden größer und der Trick ist besser. Wem es also reicht, sich über die Gnadenlosigkeit der menschlichen Alterungsprozesse zu amüsieren, die nicht einmal vor Jeff Goldblum halt gemacht haben; wer einem kleinkindhaften Staunen über die Wiederkehr des ewig Gleichen frönen möchte und wer es liebt, auch im entferntesten Winkel unseres Universums eine McDonalds-Filiale zu finden, der ist bei Emmerich richtig.
Wer allerdings in den letzten 20 Jahren durchaus Spaß daran hatte, dass auch das Blockbuster-Kino sich entwickelt hat; der Ridley Scotts Marsianer zu schätzen wusste; der des selbstverliebten, ewigen Orchideen-Zitats in Emmerichs Filmen müde ist; der es satt hat, jahrzehntelang gewachsenen Buddy- und Komplizenschaften müde zuzulächeln; der sich aber auch nicht auf das neue Personal wie das chinesische Supermodel Angelababy – der Film soll schließlich auch in China Umsatz machen – einlassen möchte und der trotz Lärm und kontinentalen Zerstörungen nicht immer wieder in grummelnde Schlummerphasen absacken möchte, dem sei dringend davon abgeraten, sich auf Emmerichs Kommentar zu Nietzsches ewiger Wiederkehr einzulassen. Dem sei stattdessen empfohlen auf eine Hütte in den Bergen zu fahren und sich vor einem knisternden Feuer ein wenig auf Nietzsches »Fröhliche Wissenschaft« einzulassen. Und dann vor die Hütte zu treten, um die kristalline Schönheit des Weltraums völlig unbefangen zu genießen.
Als 1996 Roland Emmerichs Sci-Fi-Action-Knaller Independence Day in die Kinos kam, markierte dies den internationalen Durchbruch für den bis dahin als Spielbergele belächelten deutschen Filmemacher aus dem Schwabenland. Zugegeben: Bis heute ist „unser Mann in Hollywood“ eher so etwas, wie der kleine dreckige deutsche Stiefbruder des mit Oscars überhäuften Blockbusterproduzenten Steven Spielberg.
Doch während Letzterem in Filmen wie Der Soldat James Ryan (1998) das Pathos schon einmal böse außer Kontrolle geraten kann, ist selbst eine globale Alieninvasionsabwehr unter amerikanischer Führung bei Emmerich trotz penetrant wehender US-Flagge, eine hoch vergnügliche Angelegenheit. – Und dies liegt nicht nur daran, dass der ein Jahr später ebenfalls in David Lynchs Psycho-Noir Lost Highway brillierende – Bill Pullman als amerikanischer Präsident eine verdammt coole Socke ist ...
Trotzdem tut es dem Sequel Independence Day: Wiederkehr sehr gut, dass es Emmerich gelungen ist, für dieses Pullman und einen Teil der alten Alien-Fighter-Crew zu reaktivieren. Zwar hat ausgerechnet Will Smith nach anfänglicher Zusage dann doch gekniffen. Aber so war unser Spielbergele wenigstens gezwungen, sein anfängliches Drehbuch dahingehend umschreiben zu lassen, dass die Fortsetzung jetzt kein reiner Neuaufguss des Klassikers von 1996 geworden ist.
Zugleich hat sich Emmerich an die wichtigste Regel für jede Blockbuster-Fortsetzung gehalten: »Wenn du es nicht wirklich neu machen kannst, dann mach es wenigstens größer!« Und größer macht es der Lausbub Emmerich hier so richtig: Zwar verzichten die Aliens für ihre Wiederkehr auf das Anrücken mit einer ganzen Alien-Spaceship-Flotte. Aber dafür kommen sie jetzt mit einem Mothership, welches locker das größte Raumschiff der gesamten Filmgeschichte darstellen dürfte. – Das ist so gnadenlos übertrieben, dass es schon wieder eine Heidenfreude macht.
Diese Mutter aller Motherships passt ausgezeichnet zum augenzwinkernden Tonfall des gesamten Films. In diesem lässt es der Master of Desaster natürlich erneut nach allen Regeln der Kunst kräftig krachen, wobei ebenso natürlich der eine oder andere Kontinent großflächig – und mit viel Panache – pulverisiert wird. Während Emmerich vor 20 Jahren noch damit punkten konnte, dass solch einen Gigantismus bis daher im Kino so ziemlich ungesehen war, fährt er im Jahre 2016 schwerste CGI-Geschütze auf, um dem Zuschauer sein wüstes Alieninvasionsspektakel nun in 3D um die Augen und die Ohren zu knallen.
Zwar hat man in der Zwischenzeit schon so Einiges gesehen, weshalb Independence Day: Wiederkehr in dieser Hinsicht kein Alleinstellungsmerkmal verzeichnen kann. Aber sagen wir es einmal so: Im direkten Vergleich zum wahnwitzigen Aliengemetzel in Wiederkehr wirkt Ridley Scotts gleichfalls von Gigantomanie getriebenes Alien-Prequel Prometheus (2012) nicht nur deutlich unspektakulärer, sondern fast schon ein wenig bieder. Es muss auch positiv angemerkt werden, dass Emmerich diesmal nicht einfach nur mächtig auf möglichst Vieles draufhaut, sondern sich sein neuer Film sowohl in Hinsicht auf das Design als auch die Inszenierung durch eine große Liebe zum Detail auszeichnet.
So sind die Aliens – inklusive furchterregender Ganzkörper-Alienanzüge nicht nur sehr böse, sondern zudem sehr schön durchgestaltet. Und wenn im Bild ein Koloss zusammenbricht, dann kracht dies nicht nur angemessen übertrieben, sondern dann geht die gesamte Körperbewegung hinein in eine letzte verzweifelte Geste, bei welcher aus einer ausgestreckten Hand etwas kleines Rundes herauskullert.
Der Unterschied zwischen Prometheus und Wiederkehr lässt sich folgendermaßen festmachen: Während die Ankündigung, dass auf das Alien-Prequel auch noch ein Sequel folgen soll, fast schon, wie eine von sadistischen Aliens mental induzierte Androhung erscheint, so ist die Aussicht darauf, dass sich Independence Day bei Erfolg von Wiederkehr zu einer Trilogie auswachsen wird, ein Grund zu großer Vorfreude!