USA 2000 · 90 min. · FSK: ab 12 Regie: Bobby Farrelly, Peter Farrelly Drehbuch: Peter Farrelly, Mike Cerrone, Bobby Farrelly Kamera: Mark Irwin Darsteller: Jim Carrey, Renée Zellweger, Anthony Anderson, Mongo Brownlee u.a. |
»Alles ist gut, wenn es exzessiv ist,« hat der Marquis de Sade irgendwie, irgendwo, irgendwann einmal bemerkt.
Nun ja – wollen wir nicht vergessen, dass der Mann vom deutschen Privatfernsehen keinerlei Ahnung haben konnte.
Was jedenfalls, wenn man mit komödiantischen Exzessen gegen den sog. »guten« Geschmack erst berüchtigt und verpönt, dann berühmt und verehrt wurde? Wie die Farrelly-Brüder, die den derben Humor aus Dumb and Dumber zuletzt in das etwas angepasstere Gewand von There’s Something About Mary gesteckt haben und ob des anschließenden phänomenalen Erfolgs plötzlich in der Familie Hollywoods eine Art Wandlung durchmachten von den angeheirateten White Trash-Cousins
dritten Grades, deren Furzkissen-Scherze man peinlich berührt versucht zu ignorieren, zu unerwarteten Schwiegersöhnen, deren gutes Herz man ja in Wahrheit schon IMMER erkannt hatte und die ja ach so frech und witzig sind.
Und jedenfalls alle jetzt plötzlich ganz gespannt auf deren neuen Streich äugen und die armen Buben mit ihren wohlerprobten Scherzartikeln dastehen und wieder ganz was Tolles, Exzessives machen sollen?
Man kann den beiden zumindest nicht vorwerfen, dass sie sich nicht bemüht hätten. Mit ihrer herzerwärmenden Geschichte vom überfreundlichen, übereifrigen Beamten des Rhode Island Highway Police Departments, dessen gesamter runtergeschluckter und aufgestauter Frust sich eines unschönen Tages plötzlich Bahn bricht und die Gestalt einer zweiten, knallharten Persönlichkeit im selben Körper annimmt. Was – Überraschung! – Probleme mit sich bringt mit der putzigen Frau,
in die sich besagter Polizist Charlie in Ausübung seiner Dienstpflicht verknallt.
Nein, der gute Wille zum spaßproduzierenden Affront ist da. Das geht gleich zu Anfang mit dem schwarzen Liliputaner als Chauffeur los, der mit Charlies frischgebackener Braut durchbrennt, und hört später mit dem extrem-kurzsichtigen Albino Whitey noch lange nicht auf. Masturbations-Witze schütteln die Farrellys locker aus dem Handgelenk, genauso wie spritzige Späße über Pinkelprobleme nach
dem Sex. Oder da wäre die – neidlos: ziemlich großartige – Nummer mit der Kuh, die gar nicht dran denkt, nach dem Gnadenschuss dahinzuscheiden. Auch nicht nach dem zweiten bis fünften. Und auch nicht nach einem Versuch des Gnaden-Erwürgens.
Nein, man kann nicht behaupten, die Farrellys hätten sich nicht bemüht.
Schon eher, dass sie es zu viel getan haben.
Einerseits um Pointen, Gags, geschmackliche Verstöße (vermeintliche, zumindest). Dass die ein bisschen wahllos
abgefeuert werden, wäre nicht schlimm – aber dass die Knaller zu wenig von den Fehlzündern geschieden wurden, dass die Zielgenauigkeit und Überraschungstaktik manchmal zu wünschen übrig lässt. Und dass man die Mühe zunehmend spürt, mit der sie sich häufen. Je länger Me, Myself & Irene andauert, je mehr macht sich ein lähmendes Gefühl der Ermüdung breit. Bis schließlich Jim Carrey im unvermeidlichen, langgezogenen Ringkampf mit
sich selbst ankommt, wie zuvor Bruce Campbell in Evil Dead 2, wie zuvor Steve Martin in All of Me, wie zuvor Graham Chapman in dem einschlägigen Monty Python-Sketch, und man das Ganze traurig und unbeteiligt vorbeiziehen läßt wie das verzweifelte Haschen nach Aufmerksamkeit eines Oberstufen-Klassenclowns.
Andererseits ist da zuviel Bemühen darum, letzlich doch alle Verletzungen (die wahre Grundlage jeder Komik) wieder aufzufangen,
einzudämmen, gutzumachen. Niemandem wirklichen Grund zum Getroffensein zu geben. Nein, man muss mit Komik nicht immer zu weit gehen, sollte es oft auch wirklich nicht. Aber etwas mehr Mut und Ballance beim Ausloten der Grenze hätte nicht geschadet. So bleibt es letzlich bei einer Einen Schritt vorwärts – Anderthalb Schritte zurück-Taktik, die kaum wo hinführt.
Ein guter Exzess ist keiner, für den man sich gleich danach schämt.