Ein heißer Coup

Where the Money Is

USA/D 2000 · 88 min. · FSK: ab 6
Regie: Marek Kanievska
Drehbuch:
Kamera: Thomas Burstyn
Darsteller: Paul Newman, Linda Fiorentino, Dermot Mulroney, Susan Barnes u.a.

Sie sieht ein bisschen aus wie das Stern­taler-Mädchen: Lachend steht sie im Dollar­noten-Regen, den sie mit ausge­breiten Armen empfängt. Sicher spannt sie gleich ihren Rock auf, um die Scheine zu fangen. Rechts von ihr thront ein riesiger alter Mann und grinst zufrieden. Die Botschaft des Plakats von Ein heißer Coup ist eindeutig: Er, Paul Newman, macht sie, Linda Fioren­tino, mit viel Geld glücklich.
Das stimmt aber besten­falls halb. Zwar ist Newman eindeutig der größere Star in diesem Film von Marek Kanievska. Aber Fioren­tino hat für die Geschichte ebenso eindeutig die wich­ti­gere Rolle: Sie spielt Carol, die als Kran­ken­schwester in einem Altenheim arbeitet. Das langweilt sie ziemlich, genau wie ihre Ehe mit dem gut ausse­henden Wayne (Dermont Mulroney). Eines Tages wird der völlig apathi­sche Schlag­an­fall­pa­tient Henry Manning im Rollstuhl bei ihr einge­lie­fert verlegt aus dem Gefäng­nis­kran­ken­haus. Carol findet heraus, dass er ein berühmter Bankräuber ist und wird miss­trau­isch. Was, wenn er nur simuliert? Mit allen Mitteln versucht sie, ihren Verdacht zu bestä­tigen. Als selbst ein eroti­scher Tanz nicht hilft, wird sie rabiat: Bei einem Picknick stößt sie den Rolli samt Henry in einen See. Es hilft.

Diese ersten fünfzehn Minuten des Films bestreitet Fioren­tino praktisch allein. Newman sitzt die ganze Zeit nur gekrümmt und bewe­gungslos herum. Nicht mal seine blauen Augen sind richtig zu erkennen. Aber das macht eigent­lich nichts, denn Carol und die zauber­haften alten Damen aus dem Heim sind unter­haltsam genug. So wirkt Henry fast störend als er nach seiner Wieder­be­le­bung erstmal einen langen Monolog hält und dann auch noch mit Carol tanzt. – Newman versucht aufzu­holen. Doch Fioren­tinos Vorsprung ist zu groß. Carol behält auch weiterhin die Zügel in der Hand: Sie ist es, die Henry zu einem gemein­samen Geld­trans­porter-Raub anstiftet. Sie ist es, die ihren Mann überzeugt mitzu­ma­chen und sie ist es, die im entschei­denden Moment die Pistole zieht. Aus der Fassung bringen sie höchsten mal ihre Niko­ti­on­pflaster: Als sie sich zu viele aufklebt, muss sie sich übergeben.
Mit dieser Rolle knüpft Linda Fioren­tino an einen Frau­en­typus an, den sie schon einmal in John Dahls Die letzte Verfüh­rung (1994) verkör­pert hat: ziel­strebig, sexy, kriminell und in erster Linie am Geld inter­es­siert. Männer werden dabei gezielt benutzt. Damals war der Charakter aller­dings noch ein wenig offen­siver angelegt, so dass es sehr über­raschte, dass sie letztlich davon kam. Auch diesmal gibt es am Ende noch eine spek­ta­ku­läre Wendung.
Die zunächst ange­deu­tete erotische Konno­ta­tion der Beziehung zwischen Henry und Carol wird nicht weiter verfolgt. Dass da nichts laufen kann, ist eigent­lich die ganze Zeit klar: Carol trägt ihren Ehering nicht am Finger, sondern an einem Kettchen um den Halsein auffäl­liges Bekenntnis zu ihrem Mann. Dabei macht auch Newman, der zehn Jahre jünger als seine 75 aussieht, eine ziemlich gute Figur: Nicht aufge­setzt fit, sondern kraftvoll in sich ruhend lächelt er sich durch den Film. Und wenn er einmal wütend wird, passt sein furchiges Gesicht besonders gut. So selbst­ver­s­tänd­lich und elegant geht derzeit nur noch Clint Eastwood mit seinem Altern vor der Kamera um.