USA/GB 2014 · 134 min. · FSK: ab 16 Regie: David Ayer Drehbuch: David Ayer Kamera: Roman Vasyanov Darsteller: Brad Pitt, Shia LaBeouf, Logan Lerman, Michael Peña, Jon Bernthal u.a. |
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Faust aus Eisen |
»Ideale sind friedlich, Geschichte ist gewalttätig.« Das bläut der schroffe Panzerführer Don »Wardaddy« Collier (Brad Pitt) an einer Stelle dem unerfahrenen Soldaten Norman Ellison (Logan Lerman) ein, der sich im April 1945 ganz unverhofft auf dem Schlachtfeld wiederfindet. Eine »Weisheit«, die dem ganzen Film als Richtschnur dient. Schließlich geht es Regisseur und Drehbuchautor David Ayer vor allem um die Entmenschlichung im Angesicht des massenhaften Tötens. Krieg ist immer dreckig und macht einfache Männer zu unberechenbaren Monstern – das wissen wir nicht erst seit gestern. Und doch sind viele Filmemacher oft zu ängstlich, um dem Schrecken kriegerischer Auseinandersetzungen wirklich zu Leibe zu rücken. Viele Bilder wirken weichgespült. Geschönt. Und bleiben im Sumpf erbaulicher Heldengeschichten stecken.
Nicht so Herz aus Stahl, der ungeachtet seines pathetischen Verleihtitels (im Original reicht ein einfaches Fury) recht schonungslos von der Endphase des Zweiten Weltkriegs erzählt. Handlungsort ist ein verheertes Deutschland (gedreht wurde allerdings in England), das in Blut, Rauch und Matsch versinkt. Hitler will sich noch nicht geschlagen geben und ruft den totalen Widerstand aus, weshalb die ausgezehrte Panzertruppe rund um Collier ständig in tödliche Scharmützel mit verstreuten Nazi-Einheiten gerät. Überall lauert Gefahr. Und dummerweise bekommt der zupackende Sergeant ausgerechnet jetzt einen absoluten Grünschnabel zugeteilt. Norman hat sich eigentlich nur als Schreibkraft gemeldet, muss nun, da alle Ressourcen schwinden, aber selbst im Panzer Platz nehmen. Was ihn zunächst viel Überwindung kostet.
Im Grunde fungiert der junge Mann als Stellvertreter des Zuschauers, der ebenso wie Norman in das chaotische Geschehen hineingeschleudert wird. Durch seine Augen schauen wir auf die schrecklichen Auswüchse der Gefechte, nehmen Teil am beschwerlichen Vorankommen der US-Soldaten und werden irgendwann Zeuge, wie sich das Nesthäkchen zu einem festen Team-Mitglied entwickelt. Eine klassischen Erweckungsreise, wenn Ayer nicht andauernd Brüche in seine grimmige Kriegsmär einbauen würde. Pitts »Wardaddy« (der in der Originalfassung mehrfach auf Deutsch parliert) ist einerseits ein imposanter Anführer, der seine fünfköpfige Crew mit der richtigen Mischung aus Härte und Kameradschaftlichkeit zu nehmen weiß, entpuppt sich andererseits aber auch als maßlose Killermaschine. Etwa wenn er den verängstigten Norman zu einem kaltblütigen Mord an einem wehrlosen SS-Kämpfer zwingt.
Ernsthafte Kratzer bekommt das Bild der ehrbaren Amerikaner auch in den Momenten, in denen der Film – auf zwiespältige Weise – mit ihrem Bedrohungspotenzial für deutsche Zivilistinnen spielt. Als Collier und Norman nach der Übernahme einer Kleinstadt auf zwei verunsicherte Frauen treffen, scheint zum ersten Mal so etwas wie Hoffnung und Mitmenschlichkeit auf. Stimmungen, die der Regisseur zugleich konsequent unterläuft, da er das Einschüchterungsgebaren und die sexuellen Zudringlichkeiten der vermeintlichen Befreier keineswegs unterschlägt. Warum einige Kritiker in ihren Besprechungen zu Herz aus Stahl von einer zunehmenden Heldenverklärung sprechen, will sich angesichts derartiger Ambivalenzen nicht ganz erschließen.
Selbst im Showdown, der sicherlich etwas forciert gerät, behält Ayer seine kritische Haltung bei und zeigt die nun Überhand nehmenden patriotischen Beschwörungsformeln als das, was sie in diesem Augenblick sind: verzweifelte Versuche, dem eigenen Handeln noch etwas Sinn zu geben. Ausgesprochen von einem Haufen abgestumpfter Soldaten, die das Kriegstreiben regelrecht um den Verstand gebracht hat. Brüderlichkeit und der Kampf fürs Vaterland gerinnen hier zu lächerlichen Posen, die nichts Beruhigendes mehr an sich haben. Selbst dann nicht, als am Ende explizit von einem »Helden« die Rede ist.
Mit seinen eindringlich inszenierten, physisch spürbaren Gefechtssequenzen und einigen harten Splatter-Einlagen erinnert Ayers Horrorvision vom Schlachtfeld ein wenig an Peter Bergs »Lone Survivor«, der im März dieses Jahres über die deutschen Leinwände flimmerte. Ein actionreicher, handwerklich versiert umgesetzter Kriegsfilm, der ebenfalls von einer Gruppe US-Soldaten im Feindesland erzählt (in diesem Fall Afghanistan). Gerade ein Vergleich zwischen beiden Werken sollte allerdings deutlich machen, dass Ayer weit entfernt ist vom unreflektierten Hurra-Patriotismus anderer Hollywood-Produktionen. Immerhin sind bei Berg, im Gegensatz zu Herz aus Stahl, alle Regie-Entscheidungen darauf ausgerichtet, die amerikanischen Protagonisten als märtyrergleiche Friedenskämpfer in den Himmel zu heben. Nicht zuletzt, weil Lone Survivor von einem traumatischen Einsatz handelt, der sich tatsächlich zugetragen hat.