Deutschland 2005 · 91 min. · FSK: ab 12 Regie: Stefan Beck, Peter Dörfler Drehbuch: Stefan Betz Kamera: Alexander Fischerkoesen Darsteller: Stefan Betz, Andreas Buntscheck, Johannes Herrschmann, Sebastian Kalhammer, Oliver Korittke u.a. |
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Existentielle Grenzerfahrung – oder doch nur Blabla? |
Es muss schon ein schlimmes Leben sein, auf dem Land in Niederbayern, erst recht als Messdiener und Mofafahrer. Die drei 16jährigen Freunde Wong, Schilcher und Hunter leiden ein wenig unter dem Unfalltod ihres Freundes, weitaus mehr aber darunter, dass die Dorfschönheiten sie nicht ernst nehmen und lieber mit den Motorrad- und Autofahrern aus den Nachbargemeinden anbändeln. Was bleibt da einem Pubertierenden mit Hormonstau? Offenbar nur der Weg über die nahe gelegene tschechische Grenze ins Billigbordell.
Diese eigentlich eher triste Grundsituation bildet die Ausgangslage für Stefan Betz' Kinodebüt mit dem doppelsinnig gemeinten Titel Grenzverkehr. Dies soll eine Komödie sein, und es gibt bestimmt auch manchen, der hier herzhaft lachen kann. Dabei ist alles eigentlich traurig: In Tschechien laufen die drei der hochschwangeren Ukrainerin Alicia über den Weg, die gern nach Deutschland will, um den Vater ihres Kindes zu finden. Im Bordell erlebt Wong ein überaus abtörnendes erstes Mal, die beiden anderen Freunde trinken zuviel und kotzen den Puff voll, worauf der Ärger mit den Zuhältern vorprogrammiert ist. Um aus ihrer schwierigen Lage herauszukommen, bieten die drei Alicia doch noch einen Deal an: Sie wird über die Grenze gebracht, wenn sie ihnen hilft.
Der Film zeigt also, nüchtern betrachtet, kalte Ausbeutungsverhältnisse und pubertäre Depression. Was daran witzig sein soll, weiß der Himmel. Inszeniert als schrille Farce versucht der Film noch nicht einmal, die Klischees der Story zu verbergen – im Gegenteil soll deren Übersteigerung den Ausweg bilden. Das könnte sogar klappen, stünde dem nicht die Tatsache entgegen, das deutsche Filme ja immer auch noch moralische Botschaften verkünden müssen. So wird der Trip der drei Freunde zur »existentiellen Grenzerfahrung« verklärt, reine Behauptung, die nicht nur von Teilen der Filmkritik eselig nachgebetet – und mit einem Blabla von Freundschaft und Verantwortungsbewusstsein verquirlt – wird, sondern angesichts der realen, durchaus gezeigten Verhältnisse einfach nur obszön ist. Vorhersehbar darf weder die ungemein existentielle Frühgeburt des Kindes fehlen, noch das schwule Coming-Out eines der drei – merke: kein deutscher Film ohne positiven Schwulen.
Zu guter letzt folgt noch die überaus abgedroschene Botschaft, dass Sex nicht alles ist, die zum Leidwesen des Zuschauers auch noch ausgebreitet werden will. Umgekehrt würde vielleicht ein Schuh draus: Sex ist alles!, Glücklicher Sex ohne jede Liebe, der nicht moralisch gedizzt wird – das wäre doch mal wirklich was Neues im deutschen Film.
Wäre Grenzverkehr wirklich so mutig, wie er tut und vielleicht gern wäre, hätte man sich schon trauen müssen, zum Beispiel der Hauptfigur Wong ein richtig tolles »erstes Mal« im Puff zu gönnen, oder ähnliche Brüche mit den eigenen Erzählklischees.
Aber zuviel verlangt! So kann man Regisseur und Scriptautor Betz nur zugestehen, dass er sein Handwerk beherrscht. Die beiden Hauptdarsteller sind begabt, spielen gut und werden überzeugend inszeniert. Der
Rest ist bestenfalls infantil.