USA 2006 · 108 min. · FSK: ab 12 Regie: Steven Soderbergh Drehbuch: Paul Attanasio Kamera: Peter Andrews Darsteller: George Clooney, Cate Blanchett, Tobey Maguire, Beau Bridges, Tony Curran u.a. |
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Nostalgischer Charme: Cate Blanchett und George Clooney |
Heute hat es einen romantischen Appeal, jenes Nachkriegsberlin im Sommer 1945. Im neuen Frieden herrschten die allierten Besatzer, der Kalte Krieg kündigte sich erst fern am Horizont an, auf der Konferenz von Potsdam legte man die Ordnung des neuen Deutschland fest, täglich wurden alte Nazis verhaftet, die ersten Gefangenen kamen heim, die Fräuleins für ein paar Zigaretten mit aufs Zimmer, und man räumte erste Trümmer: auf den Straßen und in den Köpfen. Eine Goldgrube war das, nicht nur für die Besatzer, deren Überlebensfreude sich mit dem angenehmen Dasein als Sieger zu einem schönen Leben im Hier und Jetzt vermischte, sondern auch für das Kino. Ein spezielles Kino-Genre entstand, in dem sich die politischen Fronten mit dem Skeptizismus der Zeit und dem Stil des Film Noir verknüpfte: Michael Curtiz Casablanca hatte es vorgemacht, nach dem Krieg drehte dann Billy Wilder A Foreign Affair und Carol Reed seinen mythenumwogenen Dritten Mann.
Diese Filme sollte man im Kopf haben, wenn jetzt Steven Soderbergh nach Berlin 1945 zurückreist, genau in jene heißen Augusttage der Potsdamer Konferenz. Im Zentrum steht Jake Geismer (George Clooney), ein US-Kriegskorrespondent. Für eine Woche reist er hierher, wo er bereits vor dem Krieg als Journalist arbeitete, und bald schon holt ihn die Vergangenheit ein. Sie hat die Gestalt einer Frau: Lena Brandt (Cate Blanchett), einst Jakes Assistentin und Geliebte, verheiratet und desillusioniert vom Geschehen der letzten Jahre. Ihr Mann ist spurlos verschwunden, und Lena ist heute die Mätresse von Jakes Fahrer. Als dieser ermordet wird, ist schnell klar, dass Lena mehr weiß, als sie sagt, möglicherweise auch, wo sich ihr Mann versteckt. Und Jake kann von ihr nicht lassen, und mischt sich ein in Dinge, die ihn nichts angehen und von denen er vielleicht besser lassen sollte
Es ist eine schön altmodische, ganz klassische Geschichte von großem nostalgischem Charme, die Steven Soderbergh hier erzählt. Krimi und Spionage mischen sich, der Plot nimmt immer neue Volten, die nicht glaubwürdiger sind als die, nüchtern betrachtet abstruse Handlung des »Malteser Falken«. Soderberghs Film ist ein Film über die Kunst, die Kunst des Film Noir mit ihren spätexpressionistischen Geschichten aus Licht und Schatten, Hoffnung und Paranoia, die vor allem von europäischen Emigranten in Hollywood – wie Lang, Wilder, Siodmak und Preminger – begründet wurde und vor der sich Soderbergh in fast jeder Szene verbeugt. The Good German, entstanden nach dem gleichnamigen Bestseller-Roman von Joseph Karon (USA 2001, dt. 2003), verwandelt die Ruinen von Berlin in einen filmgeschichtlichen Zitatenpark. Schon der Beginn des Films ist großartig: Eine lange Sequenz aus Originalaufnahmen des zerstörten Berlin jener Monate, wie man sie im Kino lange nicht sah, beklemmend authentisch.
In den schwarzweißen Spielszenen, die folgen, ist The Good German vor allem auch ein Film über die Kunst, heute einen Film zu machen, der aussieht als wäre er vor 60 Jahren gedreht worden. Ein absurdes Unternehmen: Man stelle sich vor, heute wolle einer so malen, wie einst Rembrandt. Es geht und geht wieder nicht, denn nie wird es genau so aussehen wie der echte Meister – mag die Nachstellung auch perfekt sein, fehlt doch die Patina der Originale. Das gilt
auch in diesem Fall, und weil Soderbergh das weiß, versucht er auch gar nicht, den Film als alt zu verkaufen: Manche Zitate sind offen, ironisch, und der ganze Film sagt dem Zuschauer: »Ich weiß, dass Du weißt, dass das kein alter Film ista und dass wir uns auch nicht dumm stellen können – aber schön waren diese alten Filme schon.« Alles ist auch geprägt von der Trauer über das Verschwinden der alten Gesten und Erzählweisen. Dies gilt auch für das Spiel von Cate Blanchett, die sich hier
deutlich als Erbin von Marlene Dietrich stilisiert, und doch nie versucht, deren Charisma nachzuäffen. George
Soderbergh, der – das darf man nicht vergessen – neben Mainsatream (Ocean’s Eleven) immer wieder auch gewagte Experimente drehte, wie das Tarkowski-Remake Solaris, ist
ein großer Ekklektizist: The Good German ist ein wunderschönes Experiment, klug und voller melancholischer Romantik.