Frankreich 2004 · 80 min. · FSK: ab 0 Regie: Claude Nuridsany, Marie Pérennou Drehbuch: Claude Nuridsany, Marie Pérennou, Patrice Aubertel Kamera: Claude Nuridsany Darsteller: Sotigui Kouyaté |
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Leben entsteht |
Genesis, der neue Film des Mikrokosmos-Teams, verknüpft die Geschichte der Evolution mit der von der Entstehung des Menschen. Leben und Sterben, fressen und gefressen werden präsentieren sich als Märchen, in dem die Liebe eine prägende Grundkonstante darstellt. Natürlich geht es auch um Konkurrenz und Kampf. Der Märchenerzähler Sotigui Kouyaté fängt das komplexe Geschehen in anschaulichen Sprachbildern ein. Die Wahl fiel aus verschiedenen Gründen auf einen Afrikaner: der schwarze Kontinent gilt als Wiege der Menschheit, und hier ist die Tradition mündlichen Erzählens noch lebendig. Eigentlich spielt jedoch die Kamera die Hauptrolle. Großer technischer Aufwand war nötig, um sie derart hinter ihren Bildern verschwinden zu lassen. Was beobachtet sie nicht alles, vom Einzeller zum Menschenwesen. Nichts bleibt ungesehen, weder auf den Klippen zerborstener Strände der Galapagosinseln, noch in der scheinbaren Geborgenheit, die im Ei eines Krokodils oder im Bauch einer Menschenmutter herrschen sollte. Faszinierende Aufnahmen von normalerweise Unsichtbarem.
Doch die Filmemacher vertrauen zu sehr auf die Kraft dieser Bilder und versuchen, mit assoziativer Montage dem groben Faden der Geschichte folgend zu verbinden, was nicht zusammengehört. Die Verknüpfungen zwischen Bild und Text sind oft weit hergeholt, die tierischen Darsteller werden unangemessen vermenschlicht. Dazu trägt auch die akustische Konstruktion des Filmes einiges bei. Neben der aufdringlich emotionalisierten Musik stört vor allem das Mickey-Mousing: die jeder Bewegung unterlegten »drolligen« Töne, die den Gang einer Riesenschildkröten mit dem Dröhnen von Dinosaurierschritten begleiten, um nur ein Beispiel zu nennen. Bei Mikrokosmos mag das angemessen gewesen sein, denn die unbekannte Welt zwischen den Gräsern verfügt über Geräusche, die mit unseren Ohren nur bedingt zu fassen sind. Doch bei größeren Tieren wirkt das eher albern und entstellend.
Die Idee, die Genesis als Märchen zu erzählen, hat ihren Charme. Denn was ist schon der prinzipielle Unterschied zwischen der Überlieferung in Wissenschaftsjournalen und der mündlichen? Warum nicht wie einen alten Mythos erzählen, was wir hier über unsere Herkunft erfahren. Man sollte sich allerdings vorher darüber im klaren sein, ob man diesen Zugang akzeptieren kann.
Traurig ist jedoch, dass die Synchronisation der Erzählsituation so schadet. Mit Christian Brückner wurde zwar ein Sprecher verpflichtet, der nuanciert erzählen kann (und dem es fast gelingt, seine Spielfilm-Sprechrollen, als Robert de Niro beispielsweise, vergessen zu machen). Im Off funktioniert das wunderbar. Aber häufig ist der Märchenerzähler Kouyaté im Bild, spricht in die Kamera, wenn er seine Gleichnisse von Sand und Wasser erzählt. Und hier wird die Diskrepanz deutlich zwischen Bild und Ton, hier sieht man allzu deutlich, was man nicht hört. Der Hauptfigur ist das wichtigste Werkzeug seiner Tätigkeit genommen: die eigene, wohlüberlegt modulierte Stimme – und die kann auch durch den besten deutschen Synchronsprecher nicht ersetzt werden.