Foxtrot

IL/CH/D/F 2017 · 113 min. · FSK: ab 12
Regie: Samuel Maoz
Drehbuch:
Kamera: Giora Bejach
Darsteller: Lior Ashkenazi, Sarah Adler, Yonaton Shiray, Shira Haas, Dekel Adin u.a.
Familienstellen mit generationsübergreifenden Traumata

Die Rückkehr der inneren Wunden

Eine Tür öffnet sich und das Gesicht einer Frau erscheint. Für einige lange Sekunden starrt sie ungläubig in die Kamera, bevor sie unver­mit­telt aus dem Bildkader kippt. Dabei gibt sie den Blick auf ein abstraktes Gemälde an der Wand frei: ein unruhiges Geflecht aus Linien und recht­eckigen Formen, das sich zur Mitte hin wie ein Strudel verdichtet. Schon die ersten Bilder des Films verraten es: Foxtrot führt uns in einen Abgrund aus schick­sals­haften Verstri­ckungen. Bedächtig fährt die Kamera auf das finstere Zentrum des Strudels zu, macht kurz davor einen Bogen und steuert ins Innere der Wohnung, das Zuhause der Familie Feldmann in Tel Aviv. Michael Feldmann hat sich bereits im Türrahmen des Wohn­zim­mers aufge­stellt, erstarrt wie ein in die Enge Getrie­bener, dem nichts anderes mehr bleibt als das Unaus­weich­liche zu erwarten. Die Besucher vom Militär verkünden, was Michaels Frau Dafna gleich geahnt hat: Ihr Sohn Jonathan ist im Einsatz gefallen.

Für Foxtrot erhielt der israe­li­sche Regisseur Samuel Maoz im letzten Jahr den Silbernen Löwen. Es ist bereits seine zweite Auszeich­nung bei den Film­fest­spielen von Venedig, nachdem er 2009 mit Lebanon, der aus dem Inneren eines israe­li­schen Panzers vom Liba­non­krieg 1982 erzählt, den Goldenen Löwen gewann. In Foxtrot geht er mit ähnlicher konzep­tio­neller Klarheit vor: Seine Fami­li­en­ge­schichte teilt er in drei deutlich vonein­ander getrennte Episoden auf. In jeder davon erfindet sich der Film neu, jede ist in ganz eigenem Tonfall, in eigens ausge­klü­geltem filmi­schem Stil erzählt. Die erste konzen­triert sich auf Michaels Schock über den Tod seines Sohnes. Minu­ten­lang fokus­siert die Kamera sein Gesicht, während eine Tirade routi­nierter Anwei­sungen aus dem Off auf ihn einpras­selt. Es ist jetzt ganz besonders wichtig, regel­mäßig etwas zu trinken. Armee­be­auf­tragte und Verwandte geben sich die Klinke in die Hand, sodass bald zahl­reiche Akteu­rinnen und Akteure das kammer­spiel­ar­tige Szenario bevölkern und es mit Trauer und abge­klärter Orga­ni­sa­ti­ons­prag­matik bespielen. Indes taumelt Michael immer wieder durch den endlosen Gang seiner Wohnung, von einer Kamera in albtraum­haft langsamer Bewegung begleitet, vom Geschehen entkop­pelt. Nur dem Hund ordent­lich eins zwischen die Rippen geben, das funk­tio­niert noch. Jonathans Tod ist für Michael eine Konfron­ta­tion mit den eigenen Dämonen. Das Interieur seiner Wohnung, all die streng ange­ord­neten Möbel und Formen und Linien, gefilmt in akkuraten Symme­trien, machen klar: Hier hat sich jemand eine Ordnung errichtet, um äußerlich Kontrolle über das Chaos in seinem Inneren zu erlangen. Nun, da das Chaos sich erneut seinen Weg bahnt, wird diese Ordnung zum einengenden Raster. „Ich muss raus, ich krieg keine Luft“, krächzt Michael einmal, nur um sich in der nächsten Einstel­lung wieder in einem Gebäude mit ähnlich klaren Struk­turen wieder­zu­finden. Als er endlich handelt, ganz zum Schluss des ersten Teils von Foxtrot, mit der Entschie­den­heit von einem, der etwas wieder­gut­zu­ma­chen hat, da fällt er eine fatale Entschei­dung.

Worüber Michael bisher nie gespro­chen hat, sind die trau­ma­ti­schen Erfah­rungen, die er während seiner eigenen Zeit in der Armee durch­leben musste. Erfah­rungen, die nun auch Jonathan macht. Das Trauma tanzt hier Foxtrott: Egal, wo du hingehst, du landest immer am selben Ausgangs­punkt. Das gilt zum einen für Michael ganz persön­lich. Wie sehr er die eigene Schwach­stelle auch zu verbergen sucht – dem Gefühl, schuldig zu sein, wird er in diesem Film nicht mehr entkommen. Zum anderen gilt es, so die wohl zentrale These von Foxtrot, für die israe­li­sche Gesell­schaft ganz allgemein. Für Samuel Maoz ist sie von mili­ta­ris­ti­schen Struk­turen geprägt und gibt das Trauma des Krieges so von Gene­ra­tion zu Gene­ra­tion weiter. Trotz der seit 1949 geltenden Wehr­pflicht für beide Geschlechter erzählt Maoz von diesem Trauma als männ­li­cher Ange­le­gen­heit. Für Frauen, so erläutert er im Interview, sei es wesent­lich leichter, den Einsatz in gefähr­li­chen Gebieten zu umgehen. Tatsäch­lich ist der Einsatz in Kampf­ein­heiten für Frauen frei­willig. Ihr Anteil steigt zwar stetig, liegt aber immer noch im einstel­ligen Prozent-Bereich.

Eine spätere Episode gibt uns ein Bild des Militä­r­ein­satzes. An einem verlas­senen Check­point, an dem sich die rostige Schranke nur unter größter Anstren­gung für gele­gent­lich vorbeitrot­tende Dromedare hebt, leisten vier junge Männer ihre Pflicht. Zäh fließt die Zeit im trocken-staubigen Nirgendwo und die Sehnsucht nach einem anderen Ort steht den Soldaten förmlich ins Gesicht geschrieben. Viel­leicht nach dem Schoß der Blondine, deren Abbild mit keckem Lächeln von der bröckelnden Werbe­fläche eines Klein­trans­por­ters zu ihnen herüber­schielt, während einer der Soldaten in einem so sinn­li­chen Moment, wie ihn nur das Kino kann, einen flotten Foxtrott auf dem imaginären Parkett eines Schot­ter­wegs hinlegt. Zauber­hafte Leich­tig­keit und melan­cho­li­sche Schwere durch­ziehen die Szenerie glei­cher­maßen. Alles kann hier eine Illusion sein. Offen­kundig wird auf diese Weise nicht versucht, ein filmi­sches Abbild der Realität zu erschaffen. Der kulis­sen­haft herge­rich­tete Schau­platz ist vielmehr Bühne für die alle­go­ri­sche Darstel­lung einer Gesell­schaft, die sich in einer Schief­lage befindet – so wie der Wohn­con­tainer der Soldaten zu einer Seite hin zunehmend absackt und zu versinken droht. Eine Wahr­neh­mung, die von der Angst vor dem Feind geprägt ist, kann einen manchmal täuschen. Das müssen die jungen Männer erfahren, als die grausame Wirk­lich­keit des Krieges in ihre Traumwelt einbricht.

Foxtrot ist sorg­fältig kompo­niertes, bestechend visuelles Kino. Alles hat hier seinen Platz, im Aufbau des Bild­ka­ders ebenso wie in der Struktur der Erzählung. In einem Netz aus Bezügen, Dopp­lungen und wieder­keh­renden Motiven werden Details mit meta­pho­ri­scher Bedeutung aufge­laden. Vielfach hat man das Gefühl, es schließe sich nun ein Kreis, ein kleiner Kreis von vielen. Die inneren Wunden, die Michaels Hund von all den Tritten davon­trägt, werden uns wieder begegnen. Sogar das Dromedar – dieses Mal um die Absur­dität des Krieges auf die Spitze zu treiben. Am Ende des Films hat sich nicht nur im penibel arran­gierten Bücher­regal der Feldmanns das Chaos breit­ge­macht. Auch das Gemälde mit seinem düsteren Strudel ist in Schief­lage geraten.

Man muss nicht schweigen, worüber man nicht reden kann

»Wenn du keine Tränen mehr übrig hast, dann weine nicht. Lache!« -Amos Oz, Eine Geschichte von Liebe und Fins­ternis

Man könnte tatsäch­lich in Versu­chung geraten, Samuel Maozs Kamel­szenen in Foxtrot in den meta­pho­ri­schen Kontext zu stellen, in den auch die Tanz­szenen, in denen Foxtrott getanzt wird, stehen. Ist bei den Tanz­szenen aller­dings schnell klar, dass der Stan­dard­tanz, bei dem man immer wieder an den Anfang zurück­kehrt, ziemlich genau den verfah­renen Stand der Dinge der israe­li­schen Gesell­schaft umreißen soll, ist es mit den Kamelen schon viel schwie­riger. Sind sie Teil eines animis­ti­schen oder gött­li­chen Zufalls­prin­zips oder einfach nur absurder Humor? Weit gefehlt, sieht man sich die Begrün­dung des vor ein paar Wochen vom israe­li­schen Parlament beschlos­senen »Kamel­ge­setzes« an, nach dem alle Halter von Kamelen ihre Tiere mit Mikro­chips bestücken sollen, auf denen die Perso­na­lien der Besitzer gespei­chert sind. Grund dafür sind die zahl­rei­chen Verkehrs­un­fälle – immer wieder auch mit Todes­folgen – mit Kamelen, denen nun endlich auch »Verant­wort­liche« zuge­ordnet werden sollen.

Dieser Versuch einer Dechif­frie­rung von Maoz Film­sprache zeigt recht gut, welch riskante Grat­wan­de­rungen Maoz mit seinem in Venedig mit dem Silbernen Löwen ausge­zeich­neten, aber nicht nur in Isreal überaus kontro­vers disku­tierten und diskre­di­tierten Film immer wieder versucht.

Denn zum einen erzählt Foxtrot in einer gran­diosen thera­peu­ti­schen Achter­bahn­fahrt die Bemühungen des wohl­si­tu­ierten Tel Aviver Archi­tekten Michael (Lior Ashkenazi) und seiner Frau Dafna (Sarah Adler), mit dem Tod ihres Sohnes Jonathan (Yonatan Shiray) umzugehen. Da er beim Ableisten seines Mili­titär­dienstes gestorben ist, bettet Maoz die ganze büro­kra­ti­sche Absur­dität der Benach­rich­ti­gung durch eine militä­ri­sche Sonder­ein­heit in seine Geschichte mit ein, die die tiefe Tragik des Moments mit einem Humor unter­füt­tert, der schwärzer nicht sein könnte. Gleich­zeitig verkauft Maoz seine Geschichte, die noch einmal eine über­ra­schende Wendung erfährt, nicht an den Humor, sondern stellt ein zwar fragiles, aber dennoch über­zeu­gendes Gleich­ge­wicht her, indem er immer wieder präzise und erschüt­ternde Bilder für die Unmög­lich­keit findet, die Trauer und den Verlust an irgendwen zu dele­gieren oder Schuldige zu finden.

Mit dem Perspek­tiv­wechsel auf Jonathan und seinen Einsatzort in einer entle­genen Grenz­re­gion fügt Maoz seinem Film eine weitere, sehr andere, über­ra­schende Kompo­nente hinzu. Nach den trau­ernden Eltern und der gnaden­losen Absur­dität israe­li­scher Militär­büro­kratie überführt Foxtrot den Alltag der Grenz­sol­daten in einem Container und an einem verlas­senen Check-Point in eine fast surreale Realität, deren Schräg­lage ohne Zweifel ein weiter Zerr­spiegel isrea­li­scher Realität darstellen soll. Aber wie schon im ersten Teil mit dem Humor, so verfährt Maoz auch mit seiner surrealen Absur­dität, der immer wieder schlag­artig realis­ti­sche Bestands­auf­nahmen israe­lisch-paläs­ti­nen­si­scher Befind­lich­keit gegenüber­ge­stellt werden.

Gerade in diesen Momenten, den Militär­kon­trollen von Paläs­ti­nen­sern in ihren Autos, zeigt Maoz in wilden Über­gängen, mal zärtlich, mal wuchtig, mal brutal und realis­tisch, dann wieder poetisch, die ganze Tragik zwischen Israelis und Paläs­ti­nen­sern, findet er atem­be­rau­bende Bilder und narrative Konfron­ta­tionen, die wie große Lyrik mehr erklären als ein Kompen­dium von Fakten.

Wie schon in seinem ebenfalls in Venedig ausge­zeich­neten Film Lebanon geht Maoz dann auch in Foxtrot in einer erzählten Rück­blende zurück zum »Sünden­fall« Israels, dem Libanon-Krieg 1982, als aus einer während der NS-Zeit trau­ma­ti­sierten, sich durch Selbst­er­hal­tungs­kriege eman­zi­pie­renden »Opfer­ge­sell­schaft« eine Gesell­schaft aus Tätern wurde, und »Opfer­t­rau­mata« durch »Täter­t­rau­mata« abgelöst wurden und erneut gene­ra­ti­ons­über­grei­fend weiter­ver­mit­telt wurden.

Damit gelingt Maoz fast das Unmög­liche, formu­liert er doch filmisch genau das, was der isrea­li­sche Autor Amos Oz in seiner Geschichte von Liebe und Fins­ternis bereits lite­ra­risch ange­deutet hat: Man muss nicht schweigen, worüber man nicht reden kann.

Selbstqual und Selbstverletzung in Israel

Foxtrott, der Tanz, der diesem Film den Titel gibt, ist von einer beson­deren Bewegung geprägt: Vor – Zurück – Seitlich, seitlich. Und wieder von vorn.

Dies ist, so die viel­leicht etwas plakative Grund­m­e­ta­pher dieses Films, auch die Bewegung der israe­li­schen Gesell­schaft, israe­li­scher Politik, und des ganzen Nahost-Konflikts – alles bewegt sich, aber auf der Stelle. Wir hören diese Musik, sehen Tänzer mehrmals in diesem Film. Mal ist es ein Alters­heim mit Über­le­benden der Shoah, dann ist es ein einsamer Check-Point der Armee, an dem eine Handvoll Wehr­pflich­tiger gelang­weilt ihren Dienst tut.

Überhaupt die israe­li­sche Armee. Sie hat es Regisseur Samuel Maoz besonders angetan. Maoz war selbst Soldat im Libanon-Krieg, und das persön­liche Trauma der eigenen Kriegs­er­fah­rungen hält den Regisseur wie schon in seinem Erstling Lebanon auch diesmal gefangen. Jetzt verachtet er die Armee und hat seinen Film mit beißenden, oft absurden, nicht selten etwas platten Witzen über Sinn und Unsinn des Solda­ten­da­seins gespickt. Das ist auch nicht alles falsch, aber viel­leicht ist es doch eine etwas billige Kritik in einem Land, dessen Nachbarn offiziell seine Vernich­tung prokla­mieren, und das fast täglich von Atten­taten auf Zivi­listen heim­ge­sucht wird.

Foxtrot beginnt mit dem, was israe­li­sche Eltern am meisten fürchten: Zwei Spezial-Soldaten, psycho­lo­gisch trai­nierte Todes­engel der Armee, bringen die schlimmst­mög­liche Nachricht: Jonathan, der Sohn der Familie Feldman sei gefallen.

Tatsäch­lich handelt es sich um eine Verwechs­lung. Als die bald auffliegt, wechselt die Perspek­tive bald zu der des Sohnes, springt in der Zeit ein paar Stunden zurück, um dann dessen Sicht der Dinge zu zeigen. Man muss kein ganz erfah­rener Kino­gänger sein, um einige wesent­liche Pointen der Geschichte voraus­zu­ahnen – aus Wert­schät­zung für die Spoi­ler­po­lizei, verraten wir sie aber hier nicht.

Diesen Handlungs-Rahmen nutzt Maoz zu einer Kritik israe­li­scher Männ­lich­keit, die in drei Akten und vielen kleinen Szenen und Episoden erzählt wird: Anhand von Vater und Sohn, Generälen und Soldaten. Der erste Teil erzählt von der Todes­nach­richt, den unmit­tel­baren Folgen und ihrer Revision. Der zweite Teil illus­triert den Absur­dismus des Krieges. Es dominiert hier ein sehr plaka­tives Set-Design: Ein rostiger Container, wie ein Raum­schiff in einem Tarkowski-Film, ein total versautes Klo, ekelige Dosen­nah­rung – sie sollen uns alles in sinn­li­cher Direkt­heit madig machen. In Gesprächen fallen Sätze wie »It’s all an illusion.« Oder ein General behauptet: »War is war. In war: shit happens.«
Alles mündet in das Porträt einer kaputten Familie, und die Verach­tung des Regis­seurs für den – angeb­li­chen – Ausver­kauf der Erin­ne­rung an die Shoah und der jüdischen Tradition an die Pop- und Konsum­kultur. Denn der Vater beging einst einen Sünden­fall. Er besaß eine Fami­li­en­bibel, die über Gene­ra­tionen vererbt wurde, und sogar die Vernich­tungs­lager überlebt hat. Er tauschte sie für eine Playboy-Ausgabe von Januar 1970 ein...

Samuel Maoz ist ein Auto­ren­filmer, der mit viel Geschick und Geschmack insze­niert. Und Foxtrot Film besticht durch ausge­feiltes Set-Design: Moderne Kunst, abstrakte Muster der Boden­fliesen, die mal wie ein David­stern, mal wie schwarze Quadrate aussehen, Vexier­bilder der klas­si­schen Moderne, die aus der richtigen Perspek­tive einen horriblen Abgrund ergeben.
Die Szenen, die das Militär zeigen, setzen auf Absur­dismus: Ein herren­loses Kamel ist das einzige Wesen, das regel­mäßig die Grenze kreuzt.

Dann taucht irgend­wann, nachts bei Regen, ein Auto auf. Es ist voll­be­setzt mit Arabern. Jonathan, der Sohn flirtet noch mit der hübschen Beifah­rerin. Aus Versehen fällt eine Bier-Dose aus dem Auto... »Eine Bombe!!« schreit ein Soldat, und dann regieren die Reflexe. Es wird geschossen und danach sind fünf harmlose Jugend­liche tot.

Gewalt wird so als tragische Verket­tung dummer Zufälle gezeigt und als Ausdruck einer para­no­iden Gesell­schaft. Aber ist das tatsäch­lich die ganze Wahrheit über den Nahost­kon­flikt? Ist es wirklich so paranoid, Angst vor einer Bier-Dose zu haben, wenn diese sich schon in vielen Fällen als getarnte Granate entpuppt hat?

Wenn israe­li­schen Soldaten hier etwas passiert, geschieht dies natürlich nicht durch eine Hamas-Granate, oder eine paläs­ti­nen­si­sche Selbst­mord­at­ten­tä­terin, sondern gewis­ser­maßen selbst­ver­schuldet, als Ergebnis der Absur­ditäten des Armee-Alltags.

In Israel wird Foxtrot auch deswegen und wegen seines Humors stark kriti­siert – die junge schnei­dige Kultur­mi­nis­terin rechte Regierung ruft gar zum Boykott auf. Derar­tiges Verhalten ist natürlich einer demo­kra­tisch gewählten Regierung unwürdig – nicht allein, weil man Kritik auszu­halten hat. Es wäre aber falsch, im Umkehr­schluss zu folgern, dass Foxtrot brillante Kritik üben würde und über alle Zweifel erhaben wäre.
Sind es tatsäch­lich Tabu­themen, die Maoz adres­siert – oder ist es nicht vielmehr ein etwas schlichtes Brechen von Tabus, die mehr behauptet sind, als real existent? Denn in Israel, der einzigen Demo­kratie west­li­chen Zuschnitts im Mittleren Osten, wird Kritik an der Armee zwar von Rechts nicht gern gehört, ist aber natürlich möglich und in linken und links­li­be­ralen Kreisen alltäg­lich. Und die psychi­sche Verfas­sung, der Schuld­kom­plex der Kinder der Shoah-Über­le­benden; ist ebenfalls ein alltäg­li­ches Debat­ten­thema.
Nur dass, was eine Kriti­kerin als die »vergan­genen Schrecken und die undenk­baren Analogien, die daraus für die Gegenwart folgen« verklau­su­lierte, also die Behaup­tung, im Staat der Juden würde ein Verhalten prak­ti­ziert, dem die Juden im Dritten Reich zum Opfer fielen, ist aller­dings tatsäch­lich ein Tabu – nicht nur, weil sie mehr als geschmacklos ist, sondern weil sie vieles gleich­setzt, von dem man doch gerade die Unter­schiede hervor­heben müsste.

Regisseur Maoz ist selbst politisch ein Schwarz­weiß-Maler, der ein allzu einsei­tiges Bild zeichnet, und dessen Charak­tere meist Kari­ka­turen sind. Künst­le­risch ist Foxtrot ein konse­quenter Film mit vielen Stärken, politisch aber erzkon­ser­vativ und letztlich im Ergebnis auch ein anti­is­rae­li­scher Film aus Israel.

Am inter­es­san­testen ist sein Film als Kritik israe­li­scher Männ­lich­keit, die manchmal auch lächer­liche, groteske Züge hat, die ihre Traumata vererbt, und in Selbst­qual und Selbst­ver­let­zung mündet.

Dafür mag sogar nicht zuletzt dieser Film selbst ein gutes Beispiel sein.