Forrester – Gefunden!

Finding Forrester

USA/GB 2000 · 136 min. · FSK: ab 0
Regie: Gus Van Sant
Drehbuch:
Kamera: Harris Savides
Darsteller: Sean Connery, Robert Brown, F. Murray Abraham, Anna Paquin, Michael Pitt u.a.
Jamal & Forrester

Bleib in der Schule und da wo du hingehörst

Gus Van Zandts feiges feel-good-movie

Stay in school – heißt in den USA eine immer­wäh­rende Kampagne, die die Ghetto-Kinder mehr oder weniger vergeb­lich zum schu­li­schen Ehrgeiz ansta­chelt. Mit Forrester Gefunden gibt es nun den dazu entspre­chenden Propa­ganda-Film. »Du kannst es schaffen!«, dieser verödete Gemein­platz aus Millionen Film­scripts, wird da dem schwarzen Nachwuchs zugerufen. Unbewußt dürfte der Film aller­dings eher von der Schule abschre­cken, denn darge­stellt wird ein Bildungs­system, in dem nur für Wunder­kinder die Mühe des Lernens was wert zu sein scheint.

Jamal (Rob Brown) ist so ein Wunder­kind. Sechzehn Jahre, schwarz, aufge­wachsen in der Bronx. Der Junge liest und schreibt heimlich, denn Basket­ball ist in seiner Clique und Klasse weit gesell­schafts­fähiger als Literatur. Durch Zufall lernt er den so ziemlich letzten Weißen im Viertel kennen, einen alten Kauz, der nie seine Wohnung verlässt. Dieser Zausel, William Forrester (Sean Connery) der Name, entpuppt sich als berühmter Schrift­steller, der sich schon seit Jahren vor der Öffent­lich­keit versteckt hält. Die Annähe­rung des talen­tierten Halb­starken und des scheuen Bärbeiß bringt gute Lehren für beide Seiten. Der Junge lernt noch besser zu schreiben, der Alte öffnet sich wieder der Welt. Alles läuft glatt. Alles klappt prima. Alles gut gelogen. Die Gegen­sätze der beiden Haupt­fi­guren – schot­ti­scher Schrift­steller, afro-ameri­ka­ni­scher Basket­baller – sorgen für ein angenehm über­sicht­li­ches Span­nungs­feld, die Moral ergibt sich von selbst. Ein eitler Literatur-Professor wird am Rande abge­watscht, auch der böse Rivale vom Sport­platz. Der Beweis wird erbracht: Ein schwarzer Home-Boy kann Literat werden.

Gus Van Zandt, der Regisseur, war mal bekannt für erfreu­lich wind­schiefe Kunst, seit Good Will Hunting können wir ihn wohl abschreiben. Er hat sich einge­reiht zwischen Robert Zemeckis und John Hughes, und ist ein Beruhiger geworden. Nicht dass Forrester Gefunden abstoßend schlecht wäre, er flutscht in seiner Gefall­sucht fast unmerk­lich an allen Bedenken vorbei. Connery ist weise und natürlich keine Spur rassis­tis­tisch, Rob Brown ist der aufrechte Muster­knabe. Dass diese beiden sich ganz liebhaben, ist von vorne­herein klar. Originell daran ist nur die Umkehrung einer alten Standard-Situation: Seit Huck­le­berry Finn sind es meist weiße Kinder die sich scheu an einen skurrilen Schwarzen annähern.

Ansonsten jedoch beugt sich der Film gehorsam dem üblichen Hollywood-Rassismus. Die Lieb­schaft zwischen Jamal und einem weissen Mädchen aus der Ober­schicht wird vorsichts­halber nicht ausge­walzt. Mehr als Händchen halten ist nicht drin. Da wird bei ange­täuschter Libe­ra­lität ein altes, rassis­ti­sche Dogma einge­halten: Der schwarze Junge soll in der Schule bleiben, aber zugleich auch dort, wo er hingehört. So lasch und feige wäre Van Zandt in seinen früheren Filmen nicht gewesen, auch einen ausge­dehnten Reklame-Dialog über BMW wäre in Even Cowgirls Get The Blues noch undenkbar gewesen.

Ganz selten dürfen in Forrester Gefunden die wirklich inter­es­santen Konflikte hervor­lugen. So kann Jamal seinen arro­ganten Dozenten (F.Murray Abraham) schon mit einem einfach ghet­to­kom­pa­ti­blen »Yeah« provo­zieren, dieser wiederum diskri­mi­niert seinen Schüler durch harmlose Sätze wie »Geben Sie den Füller bitte danach wieder zurück!«. Der Streit dieser beiden wird jedoch in einem albernen Klug­scheisser-Wettkampf aufgelöst. Sinn für Literatur wird dabei dadurch bewiesen, dass man möglichst viele Zitate auswendig kann. Indirekt heißt das: Wenige können es schaffen, der Rest sollte doch im Ghetto bleiben. Mit der Parall­set­zung von Basket­ball­feld und Lite­ra­tur­se­minar bestätigt dieser bildungs­hu­bernde Film nur einen alten Irrtum: In der Kunst geht’s ums gewinnen.