Das fünfte Element

The Fifth Element

Frankreich 1997 · 127 min. · FSK: ab 12
Regie: Luc Besson
Drehbuch: ,
Kamera: Thierry Arbogast
Darsteller: Bruce Willis, Milla Jovovich, Gary Oldman, Ian Holm u.a.
Leeloo auf dem Sprung ins Taxi

The Fifth Element ist der Film eines Sech­zehn­jäh­rigen.
In jenem zarten Alter schrieb Luc Besson die Urfassung seines Science-Fiction Epos, und obwohl das Projekt seither etliche Jahre und zahl­reiche Umar­bei­tungen hinter sich hat, ist dieser Ursprung dem fertigen Film unver­min­dert anzu­merken.
Dies mag böse klingen, ist aber keines­wegs so gemeint: Denn obgleich The Fifth Element durch diesen Umstand einige Schwächen anhaften, so verdankt er ihm doch auch zwei­fels­ohne seine großen Stärken.

Die Story ist äußerst rudi­mentär: Das Universum wird im 23. Jahr­hun­dert heim­ge­sucht von dem absolut Bösen, und der Mensch­heit bleibt wenig Zeit, um sich vor dem Untergang zu retten. Den Schlüssel zur Erlösung besitzt eine Rasse von gutmü­tigen Aliens, die aber auf ihrem Weg zur Erde von den bösen Manga­lores ange­griffen wird. Aus Über­resten eines der Aliens können Wissen­schaftler in New York das Wesen Leeloo (Milla Jovovich) rekon­stru­ieren, das jedoch flieht, nur um dem herun­ter­ge­kom­menen Taxi­fahrer Corben Dallas (Bruce Willis) in die Arme (respek­tive das Taxi) zu fallen, mit dessen Hilfe sie sich dann anschickt, die Welt zu retten.
Das Ganze dient als Vorwand, um viele fantas­ti­sche Schau­plätze zu besuchen und bizarre Charak­tere zu treffen (darunter als weiterer Bösewicht der wie üblich wunder­bare Gary Oldman, mit stili­sierter Hitler­frisur, Hasen­zähnen und – im Original – Südstaa­ten­ak­zent), wobei es Besson verblüf­fen­der­weise gelingt, die Geschichte in zentralen Punkten trotz ihrer radikalen Einfach­heit verwir­rend unklar zu lassen: wieso Leeloo selbst das fünfte Element ist (oder doch die Liebe, oder wie oder was?), habe ich immer noch nicht verstanden.

Auch über die Story hinaus ist manches an The Fifth Element proble­ma­tisch. Vor allem gegen Ende häufen sich die pein­li­chen Momente – die über­flüs­sige Figur des schwarzen, schwulen Radio­mo­de­ra­tors, die für comic relief sorgen soll, ist mißlungen und nerv­tö­tend, und je mehr der Film seinem Finale zusteuert, um so mehr gerät er auch in die Fahr­wasser des Kitschs.
Außerdem ging dem puber­tären Besson offen­sicht­lich seine Männer­phan­tasie durch, und so bekommen wir mit Leeloo eine Fanta­sie­frau präsen­tiert, die die bekannten Vorlieben des Regis­seurs in über­zeich­neter Reinform verkör­pert. Leeloo ist stark und zupackend, eine phal­li­sche Frau, die Fäuste und Waffen schwingt, daß es nur so eine Freude ist, doch zugleich ist sie innerlich eine Kindfrau, die man(n) sich erst nach Belieben erziehen muß.

Der reizenden Milla Jovovich ist es zu verdanken, daß diese Ausgeburt eines feuchten Traumes dann doch zu char­mantem Leben erwacht, und ihre stau­nenden Augen sind es, die dem Publikum in der Welt von The Fifth Element die größte Iden­ti­fi­ka­ti­ons­mög­lich­keit anbieten.
Denn so sehr man an Details herum­zu­n­ör­geln versucht ist, so irre­le­vant werden diese ange­sichts dessen, daß der Film dem Kino etwas zurück­gibt, was in letzter Zeit fast gänzlich abhanden gekommen schien: das Staunen.
Besson ist es gelungen, sich jenen Enthu­si­asmus, jene grandiose Naivität und Präten­tion, jenes Gefühl des Neuen, Uner­hörten, Fantas­ti­schen zu bewahren, die ihn einst ange­trieben haben müssen, als er zum ersten Mal versuchte, die Vision von The Fifth Element zu Papier zu bringen.
Zusammen mit seinen Designern (darunter die fran­zö­si­chen Comic-Zeichner Moebius und Mézières, sowie Jean-Paul Gaultier) hat er eine faszi­nie­rende, über­bor­dene, reiche Welt geschaffen, die das Schauen zu einer puren Freude macht. Man mag sich an dem Film gar nicht genug sattsehen und -hören (Eric Serra liefert den bemer­kens­werten Sound­track), und gottlob versteht es Luc Besson, die Ideen­fülle wohl­do­siert und struk­tu­riert darzu­bieten, so daß sie (im Gegensatz beispiels­weise zu Batman & Robin) voll zur Geltung kommt.
Deshalb fällt es mir letzlich auch leicht, dem Film all seine Fehler und Schwächen zu verzeihen – was sind die schon im Vergleich zu dem Geschenk, wieder einmal etwas von jener Zeit spüren zu dürfen, als man den Kosmos des Kinos noch zu entdecken hatte, als jeder Film neu war, jeder Film Spaß machte und jeder Film ein wahres Abenteuer war.