USA 2025 · 156 min. · FSK: ab 12 Regie: Joseph Kosinski Drehbuch: Joseph Kosinski, Ehren Kruger Kamera: Claudio Miranda Darsteller: Brad Pitt, Javier Bardem, Kerry Condon, Damson Idris, Tobias Menzies u.a. |
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Partnerschaftliche Konkurrenz... | ||
(Foto: Warner) |
Ein Film über die Königsklasse des Motorsports, mitfinanziert von deren eigener Organisation: Das weckt schlimme Erinnerungen an den von der FIFA mitproduzierten United Passion . Allerdings waren die Vorzeichen diesmal deutlich besser: Joseph Kosinski hat mit Top Gun: Maverick bewiesen, dass er weiß, wie man einen großartigen Blockbuster inszeniert. Brad Pitt, Kerry Condon, Javier Bardem und Damson Idris bilden einen namhaften Cast, und das Budget von über 200 Millionen US Dollar versprechen definitiv Bombast. Zudem gewährte die Formel 1 Dreharbeiten an den und auf den Strecken, Zugang zu den Team Facilities und kooperierte sogar soweit, dass man innerhalb der regulären Weltmeisterschaft an sämtlichen Veranstaltungen teilnehmen und drehen konnte. Zusätzlich war der siebenfache Weltmeister Lewis Hamilton als Berater tätig, der die Authentizität sicherstellte.
Vorweg gelingt Kosinski mit F1 ein gesamtkünstlerisches Meisterstück. Der Sound dröhnt, der Schnitt sitzt und die immersive Kamera (Claudio Miranda) lässt einen nahezu mit im Boliden sitzen. Das sind Bilder, die man im Kino auf der großen Leinwand erleben muss.
Der erste Akt des Films funktioniert aufgrund dieser Komponenten hervorragend. Das 24-Stunden Rennen von Daytona und Sonny Hayes’ (Brad Pitt) erste Testfahrt mit dem Fahrzeug von APXGP sind großartig. Eine Prise Humor und die erwartet guten Darsteller machen den Film sehr kurzweilig.
Ab dem Punkt, an dem die Formel-1-Weltmeisterschaft ins Rollen kommt, scheitert der Film jedoch an sich selbst. Zum einen sind die technischen Details der Rennen, die Strecken und das Gefühl rund um einen Grand Prix logischerweise zu 100 Prozent authentisch. Doch leider entgleist der Film etwas, was die Handlung angeht. Ist ein über 50-jähriger Formel-1-Rückkehrer zwar bereits sehr unwahrscheinlich, lässt man bei den Rennen den Eindruck erscheinen, man könne mit jeglichen Mitteln der Unfairness große Erfolge erzielen. Kosinski stolpert dabei etwas über die moderne Formel 1, die eben nicht mehr wie in vergangenen Jahrzehnten ist. Während bei Top Gun: Maverick jenes »Aus der Zeit gefallen sein« noch funktionierte, ist die moderne Struktur der Formel 1 eben nicht mehr ausgelegt auf absichtliche Crashs oder unnötige Sicherheitsrisiken.
Diese Diskrepanz zwischen Blockbuster und Authentizität zieht sich nachfolgend durch den gesamten Film. Oben drauf kommt noch eine Liebesgeschichte zwischen Sonny Hayes und der technischen Direktorin des APXGP Teams Kate (Kerry Condon), welche recht lieblos hineingeschrieben ist.
Der Film ist trotz allem, das hat auch Produzent Jerry Bruckheimer vorbeugend kommuniziert, kein Film für große Formel-1-Fans. Das mag einen mitunter verwirren, wird doch so viel Aufwand betrieben, um das Drumherum realistisch zu gestalten. Soweit, dass selbst die echten Formel-1-Fahrer der Saison 2023 mitfahren. Doch tatsächlich funktioniert diese Fusion aus Realem und Fiktion kaum. Die Handlung des Films wirkt wie ein Paralleluniversum, welches immer wieder kurz in unsere Welt hineinschaut, aber doch nie Teil davon wird. Es gibt keinerlei Interaktion mit den Fahrern, und obendrein kommt hinzu, dass der Kampf um die Weltmeisterschaft keine Rolle spielt und nicht einmal erwähnt wird. APXGP hat als einziges Ziel, endlich ein Rennen zu gewinnen, um die Geldgeber bei Laune zu halten: zum Zeitpunkt des Filmbeginns hat das Team keine einzige Punkteplatzierung vorzuweisen. In diesem Zusammenhang wird die Weltmeisterschaft gänzlich ignoriert. Max Verstappen ist nur in einem kurzen Funkspruch zu hören und einige Teamchefs geben kurze Cameos, die ziemlich seltsam wirken.
Alles in allem bleibt F1 damit hinter den Erwartungen und entfaltet nie sein Potenzial. Der Spagat aus Authentizität und Hollywood-Geschichte gelingt Joseph Kosinski kaum und wenn nur in kleinen Momenten. Für Formel-1-Fans hat der Film abgesehen von der visuellen Wucht und einigen kleinen Anspielungen wie jene auf die Netflixserie »Drive to Survive« oder den wenig Bekannten Louis Chiron nichts übrig. Neueinsteiger dürften wiederum den Formel-1-Zirkus für einen dysfunktionalen sportlichen Wettkampf mit zwielichtigen Geldgebern und unfairen Sportlern halten. Bei all der Kritik sollte jedoch nochmals erwähnt werden, dass der Film visuell geschaffen für die große Leinwand ist. In diesem Sinne »It’s Brains out and away we go!«