Einsame Entscheidung

Executive Decision

USA 1996 · 135 min. · FSK: ab 16
Regie: Stuart Baird
Drehbuch: ,
Kamera: Alex Thomson
Darsteller: Kurt Russell, Steven Seagal u.a.

Bekannt­lich kommen einem wichtige Erkennt­nisse über einen auslän­di­schen Film, wenn man den deutschen Titel mit dem Origi­nal­titel vergleicht: Executive Decision. Wie so oft, ist er nicht nur falsch übersetzt, sondern auch völlig an der Handlung vorbei. Aber auch mit dem ameri­ka­ni­schen Filmtitel scheint es Probleme zu geben, denn im Vorspann heißt er Critical Decision, was zwar platt aber richtiger ist.

Ein bißchen Science Fiction steckt schon in der Idee, an einen entführten Jumbo Jet über dem Atlantik von unten anzu­do­cken und ein Einsatz­kom­mando einsteigen zu lassen. Ansonsten ist die tech­ni­sche Ausstat­tung der CIA-Leute und Terro­risten nicht wesent­lich besser als die der Artechock Redaktion. Internet, CUSeeMe, ein paar Kameras und Notebooks, also die Stan­dard­aus­stat­tung eines deutschen Haus­haltes, können nicht mehr, als ein Bomben-Koffer voller veral­teter Elek­tro­nik­pla­tinen und einer von Anfang an geöff­neten Fest­platte (5¼ Zoll, volle Bauhöhe). Da ist wieder mal MacGyver gefragt, der, wegen Verlet­zung an die Pritsche gefesselt, von einem nervösen Schle­cker­maul vertreten wird. Ein zweiter Halbtoter ist beim ersten Showdown der Ober­ter­ro­rist, der, so glaubte der Zuschauer, schon erschossen wurde. Aber nein, er kann als diabolus ex machina noch die Piloten erschießen und damit den zweiten Showdown einleiten, bevor er von einem dritten Halbtoten, einem Soldaten, ausge­schaltet wird.

Bei solcher Grund­aus­rüs­tung kann ein Film gar nicht mehr lang­weilig werden, von der ersten Minute bis zum Schluß wird Spannung geboten, wobei aller­dings die zwei Start­knüller, der versuchte Gift­gas­raub und das Selbst­mord­at­tentat, an der eigent­li­chen Handlung des Films keinen Anteil haben.

Erstellt man eine Grafik der Zahl der Toten und der Bruta­lität über die 135 Minuten Film, so lassen sich hohe Werte am Anfang und am Ende erkennen. Dazwi­schen geht man zwar nicht gerade zimper­lich mitein­ander um, aber die Flug­zeug­ent­führer sind im Vergleich zu anderen Thrillern eher vers­tänd­nis­voll als brutal. Die Spannung wird haupt­säch­lich durch die auf ein Flugzeug verla­gerte Vorliebe ameri­ka­ni­scher Film­au­toren für Lager­hallen und Belüf­tungs­schächte getragen. Viel­leicht dachte sich der Autor, daß es nicht gut wäre, alle Toten für den Schluß aufzu­heben, daher baute er jene beiden Szenen zur Erfüllung der Mordquote am Anfang noch ein.

Was wäre ein Action­film, wenn es nichts zu lachen gäbe? Auch dafür ist gesorgt: Als der Copilot, die Kanone des Entfüh­rers im Nacken, in den Lagerraum hinun­ter­steigt und dort unver­se­hens vor weiteren Bewaff­neten steht, muß er sich fragen, wer hier denn eigent­lich sein Flugzeug entführt. Doch dieses Problem wird souverän gelöst, denn ameri­ka­ni­sche Soldaten tragen eine kleine ameri­ka­ni­sche Flagge auf der Uniform, die per Klett­ver­schluß bei Bedarf als stumme Legi­ti­ma­tion sichtbar gemacht wird. Auch die Landung des inzwi­schen schwer beschä­digten Flugzeugs sorgte für Erhei­te­rung beim Pres­se­pu­blikum. Nachdem die Piloten und Terro­risten tot sind, muß der CIA-Mann das Flugzeug selbst landen und tut das, was der uner­fah­rene Benutzer beim Compu­ter­ab­sturz auch tut: er schaut im Handbuch nach. Nach erfolg­rei­cher Bruch­lan­dung applau­dierte das Publikum.

Soll der geneigte Artechocksurfer sich diesen Film anschauen? Ja, wenn es regnet, lang­weilig und gleich­zeitig Montag-Kinotag ist.