USA 1996 · 90 min. · FSK: ab 6 Regie: Gary Trousdale, Kirk Wise Drehbuch: Tab Murphy, Irene Mecchi, Bob Tzudiker Musik: Alan Menken, Stephen Schwartz |
Der bucklige Glöckner Quasimodo wird von seinem Ziehvater, dem Richter Frollo, in der Kathedrale von Notre Dame versteckt gehalten. Als die Ziegeunerin Esmeralda vor Frollos Schergen in die Kathedrale flieht, verliebt sich Quasimodo in sie und hilft ihr, den Richter zu besiegen.
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Wenn man bedenkt, daß Disney zu jedem Zeichentrickfilm ja auch Poster, T-Shirts, Schmusepuppen mitverkauft, stellt sich die erste große Frage schon vorher: Wie stellt man den Glöckner schmusetechnisch dar?
Victor Hugo hat die Geschichte einst verfaßt, bei ihren Plünderungen der Literaturhistorie sind die Disney-Story-Scouts darauf gestoßen: Das Drama vom häßlichen Quasimodo, der die schöne Esmaralda begehrt. Logisch, das ist ideal für den Kinderfilm. Auf die Originalhandlung haben die Autoren auch bedenkenlos gepfiffen, ein halbes Dutzend Lieder eingefügt, der Heldin einen respektableren Lover beiseite gestellt, als es selbst diese putzige Glöckner-Ausgabe hätte abgeben können, und ansonsten gesetzt auf Gaudi, Schmacht und Geschwindigkeit.
Nach Shir-Khan (Dschungelbuch), Medusa (Bernard und Bianca) und den diversen Hexen und anderen Schurken aus der Disney-Werkstatt wird der Bösewicht erstmals um eine tragische Komponente erweitert. Frollo fühlt sich schuldig, da ihn Esmeraldas Reize anziehen, daher will er der Versuchung entweder völlig erliegen oder deren Ursache zerstören. (Bei dieser Gelegenheit sei erwähnt, daß die Brüste in den Kinderfilmen auch immer größer und runder werden. Der alte Walt hätt' es sicher nicht gut gefunden.) Die Komik tritt bei soviel menschlichen Schwächen ein wenig in den Hintergrund, große Gefühle versucht man uns zu vermitteln, was bei einem Cartoon auch seltsam anmuten kann. Andrerseits: Wo, wenn nicht beim Zeichentrick kann man es so schaurig melodramatisch krachen lassen, mit Schattenspielen, Wahnvorstellungen und Liebesgesang bei synchronem Kirchen-Climbing? Hm?
Der Glöckner von Notre Dame gerät verglichen mit den Disney-Hits der letzten Jahre trotz seinem expressionistischen Getöse eher mittelmäßig. Es fehlt dankenswerterweise das aufgeregte, hektische Buhlen um die Publikumsaufmerkeit aus Aladdin, ebenso das semireligiöse, schleimige, Fascho-Pathos aus König der Löwen, leider aber auch die brilliante Lässigkeit aus Toy Story, der vermutlich in der Disney-Geschichte lange eine wohltuende Ausnahme bleiben wird.
André Eisermann spricht den Glöckner in der deutschen Fassung, Behinderte scheinen irgendwie seine Vorliebe zu sein; ein prima Grund also, den Film zu boykottieren und sich Basil, der große Mäusedetektiv auf Video anzuschauen.