Frankreich 1995 · 91 min. · FSK: ab 6 Regie: Cédric Klapisch Drehbuch: Cedric Klapisch Kamera: Benoit Delhomme Darsteller: Garance Clavel, Zinedine Soualem, Olivier Py |
Letzte Woche ist bei uns in der Straße ein Igel überfahren worden. Dies ist eigentlich keine große Sache und passiert alle Nase lang. Ich frage mich jedoch, wie so etwas in einer Zone 30 Straße passieren kann? Ich selbst bin ihm schon begegnet, als er auf seinem allnächtlichen Spaziergang die Straß überquerte. Mein Freund und ich überlegten uns schon Schilder aufzustellen ACHTUNG IGEL KREUZUNG, oder HIER STARB EIN IGEL oder sowas. Wir haben es dann aber doch nicht getan. Es kam auch niemand auf die Idee den Igel wegzuräumen. So wurde das Blut vom Regen weggewaschen und der Igel wurde immer flacher, sodaß er jetzt ein Bestandteil des Asphalts geworden ist und inzwischen wie eines dieser 3D Bildchen aussieht, die sich verändern wenn man an ihnen vorbeigeht. Immerhin aber sieht er noch aus wie ein Igel, wenn auch etwas flacher.
In dem Film ...und jeder sucht sein Kätzchen, hätten die Leute wahrscheinlich so ein Schild aufgestellt und dadurch hätten sich dann die möglichsten und unmöglichsten Geschichten und zufälligen Begegnungen ergeben.
Der Film ist wie ein Jazzstück gemacht. Man hat ein paar Ideen im Kopf, der Zweck ist es einfach anzufangen und nicht aufzuhören zu spielen und dann fallen alle Dinge auf den richtigen Platz, im Vorbeigehen und in der Bewegung... (frei aus dem Englischen). Dies kann man dem Presseheft entnehmen und genauso ist auch der Film aufgebaut. Rasant ist zum Beispiel die Erzählstruktur. Wenn die Protagonistin in den Urlaub geht, dann sieht das so aus: Sie verschwindet im U-Bahn-Schacht und kommt aus demselben wieder raus. Dazwischen sieht man sie in nur einer einzigen Szene kurz aus den wilden Wellen des Meeres auftauchen und tief Luft holen. Urlaub=Luft holen, was gibt es da mehr zu sagen? (Abgesehen davon besteht auch der phantastische Soundtrack aus coolen Jazz- und Drum & Baseelementen!)
...und jeder sucht sein Kätzchen handelt von der Suche eines Mädchens nach ihrer Katze. Sie hat sie verloren, als sie in den Urlaub gegangen ist und einer alten Frau in Pflege gegeben hat. Ihre Suche verselbstständigt sich und plötzlich beteiligt sich ein Horde einsamer alter Frauen, sowie der etwas schwachsinnige Djamel. Sie wird angerufen, oder auf der Straße von irgendwelchen Leuten angesprochen und wenn sie zum Lebensmittelladen geht, muß sie sich wider willen Tips und Tricks des Katzen wiederfindens von der ihr unbekannten Ladenbesitzerin anhören. Im Grunde weiß ihr ganzes Pariser Viertel Bescheid und vor ihr tut sich eine Welt auf, die sie vorher nie wahrgenommen hat. Nicht die Welt der jungen, hippen, sondern der einsamen alten und wirklichen Pariser.
Der Film ist ein Großstadtfilm. Neben den alten Frauen ist da noch der laute Schlagzeuger der alle nervt, die coole Kollegin aus ihrer Arbeit oder der deprimierte Maler- nicht zu vergessen Djamel, der Dorfdepp, den die alten Frauen lieben, denn er macht ihnen immer ihre Einkäufe. Zwischen allen diesen Leuten läuft unsere Protagonistin wie ein häßliches Entlein umher, denn sie hat sich noch nicht gefunden und weiß noch nicht wer sie ist.
Und wie sie sind eigentlich alle auf der Suche. Nicht nur die Suche nach einer Katze ist es, sondern im Grunde ist es die Suche nach Liebe, Freunden und einem Wesen dem man sich zugehörig fühlt.
Die Protagonisten könnten in jeder Stadt leben. Mit einer Leichtigkeit bezieht der Regisseur selbst Laiendarsteller in die Handlung ein. Einer der wenigen Filme, in denen die Laien unverzichtbar ihren Platz haben und ein wichtiger Bestandteil des Filmes sind, ohne sich besonders von den Schaupielern abzuheben. Durch sie erfährt man nicht nur ein Stück Paris, sondern auch ein Stück Leben, und in welchem Film tut man das heutzutage noch? Mit anderen Worten, wer den Film nicht anschaut ist selber Schuld!
Cedric Klappisch ist einer der erfolgreichsten und in Deutschland bekanntesten Vertreter des neuen französischen Films. ...und jeder sucht sein Kätzchen, der etwas vom Charme der frühen Filme der Nouvelle Vague hat, ist vielleicht ein Paradebeispiel für das junge französische Kino und hat auf der letzten Berlinale auch einen Preis einkassiert.