Japan 2003 · 112 min. Regie: Takashi Miike Drehbuch: Yasushi Akimoto, Minako Daira Kamera: Hideo Yamamoto Darsteller: Kou Shibasaki, Shinichi Tsutsumi, Kazue Fukiishi, Renij Ishibashi, Goro Kishitani u.a. |
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Horror via Handy |
Der Tod komm per SMS: One Missed Call – »Versäumter Anruf« ist der englische Titel dieses – nach Ringu, Ju-on, The Grudge – neuesten Exempels der japanischen Horrorwelle (bei uns läuft der Film unter dem Titel The Call). Gleich in der ersten Szene hört ein Mädchen die Mailbox ihres Mobiltelefons ab: darauf ertönt ein schrecklicher Schrei. Es ist, das weiß sie noch nicht, eine Nachricht aus der Zukunft, ihr eigener Todesschrei. Drei Tage später wird sich das Menetekel erfüllen.
Das Bedrohliche in der modernen Technik ist das Thema des neuen Films des japanischen Kultregisseurs Takeshi Miike. Das Verlangen des modernen Menschen jederzeit und allerorten erreichbar zu sein, wird hier zum Fluch. Denn mit dem ersten Tod setzt sich eine bizarre Todesserie in Gang; eine abgetrennte Hand gibt eine Nummer in die Handy-Tastatur, ein Mädchen verbrennt, Leichen schlurfen durch dunkle Gänge, viele weitere unappetitliche Dinge geschehen – und immer geht ein versäumter Anruf aus der Zukunft voraus. Aus Tele-Kommunikation wird Tele-Extermination.
Die Opfer sind in der Regel junge Japanerinnen mit irgendwann schreckensweit aufgerissenen Augen. Eine von ihnen ist Yumi, aus deren Perspektive uns die Story erzählt wird. Wie manch andere Figuren dieses Films leidet auch sie an einem Kindheitstrauma, seit ihre böse Mutter sie mit brennenden Zigaretten gequält hat – Familie bedeutet im Fernostkino im Gegensatz nicht unbedingt eitel Freude, vielleicht gerade weil die Asiaten der Familie im Prinzip viel mehr Bedeutung zuweisen, kennen sie auch deren Schattenseiten. Während Yumis Umgebung reihenweise dahingemordet wird, beginnt sie die Ursachen der Geschehnisse zu ahnen.
Ironisch zugespitzt bietet Miike einen perfekt ins Bild gesetzten, augenzwinkernden Kommentar über den grassierenden Handywahn der Jugendkultur und die Folgen moderner Kommunikationstechnik. Zugleich ist One Missed Call aber auch einfach ein einfallsreicher Horrorfilm auf hohem Niveau. Und ein weiterer Beweis dafür, dass die Dominanz Hollywoods über das Geschichtenerzählen im Kino schon längst gebrochen ist – nicht zuletzt durch die Asiaten, die gerade in Hollywoods ureigener Domäne, dem Genrekino, wildern und mit weitaus originelleren, intelligenteren Ideen aufwarten, als die Amerikaner.