USA 1997 · 80 min. · FSK: ab 16 Regie: Mike Judge, Yvette Kaplan Drehbuch: Mike Judge, Joe Stillman Musik: John Frizell Darsteller: Beavis, Butthead u.a. |
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Der kaputte Fernseher zwingt Beavis und Butthead, das heimatliche Wohnzimmer zu verlassen. Draußen in der Zivilisation verirren sie sich in einer Krimanalgeschichte, wobei sie zunächst für gefährliche Verbrecher, später aber für Helden gehalten werden. Sie selbst verstehen von all dem nichts.
Ein prima Vorspann erfreut das Auge des Betrachters, Abgefahrenes scheint uns hier versprochen: Die beiden Titelhelden im Seventies-Look zum Klange von Wah-Wah-Gitarren pistolenschwingend. Freudvolle Erwartung räkelt sich durch die Stuhlreihen.
Doch die darauffolgende Story hat nichts wirklich Wüstes im Sinn. Die Fernsehstars werden aus ihrer üblichen Umgebung ins Freie geholt und eine vorhersehbare, unwichtige Krimihandlung rollt an. Kein nennenswerter neuer Charakter wird eingeführt, Beavis und Butthead müssen mit den wenigen Gesten und Worten, die sie kennen, den Film mit Leben erfüllen. Kein leichter Job für Zeichentrickfiguren.
Gelockt von der Hoffnung auf ein neues Fernsehgerät, von Geld und von schönen Frauen geraten die beiden halbstarken Widerlinge immer tiefer in die wilde Realität. Im Kontrast zu dem hysterischen Amerika mit seinem latent faschistoiden Polizeiapparat und seiner debilen Bevölkerung erscheinen Beavis und Butthead bald als geradezu stoische Zeitgenossen mit ihrer unverdrossenen Beklopptheit. Etwaig anfallende Unbill, zum Beispiel einen Fußmarsch durch die Wüste, ertragen sie zwar mit Fluchen (»The sun sucks!«), aber dennoch geduldig, und stets sind sie bereit sich über neue Wunder der Welt zu erfreuen, zum Beispiel die Klospülung (»That’s cool!«). So erleben sie, wahrscheinlich allerdings ohne es sich zu merken, eine ereignisreiche Fahrt durch die Vereinigten Staaten und beweisen dabei, daß ein Leben in Beschränktheit mit steinzeitlichem Wortschatz, mit begrenzter Wahrnehmungsfähigkeit, mit ausgesprochen kurzfristigen Antriebsmotiven – Fressen, Ficken, Fernsehen – eine geradezu philosophische Alternative sein könnte zum hektischen Alltagswirrwarr.
Ein Irrtum ist sie meist, die Verspielfilmung von Fernsehgeschichten. Ehrwürdige, kultumflorte Charaktere werden ihrer wirkungsvollen Kurzauftritte beraubt und in die handelsüblichen Kinomechanismen gepresst, und rummsbumms da ist der Kult vorbei.
Die Welt ein Dorf in Zeiten von Multimedia – falsch. Viel handlicher ist sie, unsere Welt. In einem Computer, einem Fernseher läßt sie sich verstauen. Das Problem: Kleine Dinge verlegt man rasch, sie gehen leicht verloren. Weniger schlimm, wenn es sich um einen Regenschirm handelt: Macht eine Erkältung, weil man bis auf die Haut naß wird und 29,90 Mark für einen Neuen. Anders bei einem Fernseher: Ist der weg, dann ist – schwupp – die Welt mit ihm verschwunden.
Katastrophe, Weltuntergang! Zumindest für Beavis und Butthead, die beiden MTV-Deppen. Ein Dieb, ein gemeiner, hat sie ihrer Welt beraubt – wie jetzt eine neue schaffen, auf die Schnelle? Zwei tumbe Blick vor die Haustür, ob sie nicht da irgendwo liegt, quasi aus der galaktischen Bahn geworfen, die Fernseh-Welt. Nein, Pech gehabt.
Also machen sich die beiden letzten Helden dieser Erde auf in die Unwirtlichkeit vor der Haustür, die schon lange nicht mehr unsere Realität ist – der Weg zum Supermarkt ausgenommen. Es gilt, den Fernseher und damit die Welt vor dem Bösen, vor der Vernichtung zu retten.
Auf den ersten Blick ein irres Unterfangen – bei einem IQ im Bereich der Schuhgröße und der Lebensreife eines Säuglings, das Ganze zudem mal zwei. Doch gerade ihre Unbedarftheit ermöglicht Beavis und Butthead eine unglaubliche Odyssee durch die Relikte einer vergangenen Realität. Spieltrieb und Zerstörungswut, Unverschämtheit und – man staune – sogar Phantasie stürzen das Comic-Duo in immer neue Abenteuer. Freilich, ohne daß es die beiden Chaoten überhaupt merken. Beavis und Butthead machen es in Amerika, verheißt der Titel des Films. Den Mund zu voll genommen, bleibt da nur zu antworten. So agil sind die beiden Früchtchen nämlich bei weitem nicht. Sie machen überhaupt nichts, sie treiben dahin, quer durch die Vereinigten Staaten. Es treiben die Triebe: Essen, trinken und infantile sexuelle Wünsche grenzen den Horizont ihrer Glückseligkeitsvorstellungen ab, nicht zu vergessen die alles übertrumpfende Gier nach einem neuen Fernseher.
Was passiert, wenn diese beiden Engel in Begleitung von mehreren Dutzend Nonnen reisen, wenn die Knallköpfe ein Wasserkraftwerk an einem Stausee heimsuchen oder eine Besichtigungstour durch das Weiße Haus unternehmen, kann man sich ausmalen, wenn man die beiden Idioten schon einmal auf MTV ein wenig beobachtet hat. Klar, daß ihnen am Ende Präsident Clinton die Hände schütteln wird, denn Präsidenten schütteln immer die Hände von tapferen Helden.
Wer dabeisein möchte, muß sich allerdings wie Beavis und Butthead vor die eigene Tür begeben, in eine rauhe Ungewissheit. Aber vielleicht liegt das nächste Kino ja näher als der Supermarkt und somit noch innerhalb der Zivilisation.