USA/NZ 2007 · 113 min. · FSK: ab 18 Regie: David Slade Drehbuch: Steve Niles, Stuart Beattie, Brian Nelson Kamera: Jo Willems Darsteller: Josh Hartnett, Melissa George, Danny Huston, Ben Foster, Manu Bennett u.a. |
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Wie im Comic: Vampire, besoffen von Blut, 30 Tage lang |
Es ist kalt. Draußen und in den Menschen. Der Schnee knirscht, die Luft beißt, am äußersten Rand des Himmels türmen sich Wolken zu einem dunklen Etwas. Es ist Abend in Barrow und vorläufig wird kein Morgen folgen, denn am äußersten Rand von Alaska bleibt es jeden Winter für einen Monat Nacht. Ein dunkles Etwas verschluckt die Sonne und spuckt sie 30 Tage später wieder aus. Während dieser Zeit sind die knapp 2.000 Einwohner der nördlichsten Stadt der Welt auf sich selbst gestellt. Sheriff Eben fährt durch die Straßen und sieht nach dem Rechten. Es entgeht ihm nichts, er kennt jeden und selbst bei einer unnütz und übereifrigen erscheinenden Verwarnung hat sich der junge, blendend aussehende Cop etwas gedacht. Ein guter Mensch auf der richtigen Position und nicht die Spur unsympathisch. Das muss man Josh Hartnett erstmal nachmachen. Auch seine Frau ist allererste Sahne, jung, hübsch, blond, mit einer Extraportion Sommersprossen auf der Nase und nett. Alles bestens, wenn den Beiden bei all der Idylle nicht die Liebe abhanden gekommen wäre. Die Ehe ist kaputt und Stella auf dem Absprung. Doch so leicht kommt man nicht davon, nicht im Leben und schon gar nicht in einem Horrorfilm, deshalb verpasst sie das letzte Flugzeug, denn das Inferno wartet schon.
Mit 30 Days of Night hat Regisseur David Slade den gleichnamigen Vampir-Comic der Amerikaner Steve Niles und Ben Templesmith verfilmt und damit eine Parabel auf die fortschreitende Kälte in und um uns geschaffen. Nach Hard Candy ist das der zweite Kinofilm des Engländers; und weil es sich diesmal um Vampire und nicht um Kindesmissbrauch handelt, wird es auch nicht pädagogisch.
Die Idee des Comics und damit des Films ist atemberaubend gut, und es ist nahezu absurd, dass sie noch keiner vorher hatte: Solange die Sonne nicht aufgeht, müssen die Vampire nicht ins Bett. Besoffen vom Blut und trunken vor Macht sind sie 30 Tage lang die Alleinherrscher, und wenn alles nach Plan läuft, wird es bald keine Untertanen mehr geben. Das ganze Dorf soll ausgesaugt und ausgelöscht werden, das Böse ist fleißig und hat Durst. Natürlich haben die Vampire jegliche Verbindung zur Außenwelt gekappt, Drähte und Leitungen zerschnitten. Das Licht ist aus, der mühsame Zivilisationsprozess schlagartig aufgehoben und das Wilde in Form des Bösen kehrt zurück. Was hat der Rest der Zivilisation dem entgegenzusetzen? Natürlich ihr Menschsein.
Eine kleine Gruppe versteckt sich, der Sheriff und seine Frau haben die Verantwortung für die Übriggebliebenen übernommen, zu überleben ist das Ziel. In Decken gewickelt spähen sie aus ihrem Versteck und beobachten das Massaker. Die Vampire sehen so ziemlich aus wie die aus dem Comic, sind bleich, tragen schräge Augen, einen stechenden Blick, überlange Fingernägel und einen mundvoll nadelspitzer Zähne. In langen schwarzen Mänteln warten sie auf den Dächern, jaulen die Nacht an, sind blitzschnell, effizient wie eine Epidemie und böse wie der Teufel, den es nicht gibt, weil es keinen Gott gibt. Hilf mir!, betet ein Opfer, und der Führer der Vampire hebt aufreizend langsam den Blick, schaut in den dunklen Himmel, schüttelt den Kopf und stellt fest: Kein Gott. Die Kamera hält es gar nicht erst für nötig, dort oben zu suchen.
Aber es gibt das Böse in Form der Blutsauger und also muss es das Gute geben, und das wird bewahrt und gehütet und reproduziert in der Keimzelle der Gesellschaft, der Familie. Das moralische Manifest dieses Films lautet: die Familie ist alles. Der Umkehrschluss: Hat die Familie ein Loch, wird sie angreifbar, wird alles angreifbar. Ob die Vampire das allegorische Städtchen am Rande Amerikas auch heimgesucht hätten, wenn die Ehe des gesetzlichen Oberhaupts, des Sheriffs, intakt gewesen wäre? Kam das Böse durch dieses Loch gekrabbelt? Tja. Kann man drüber nachdenken, oder es bleiben lassen und sich freuen, dass es einen neuen Vampirfilm gibt, von dem man sich gerne ein bisschen Lebenszeit aussaugen lässt. Fest steht, dass keiner das blutige Inferno überleben würde, wenn der Sheriff und seine Frau sich am Ende nicht auf das besinnen würden, was diese Welt im Innersten zusammenhält. Und fest steht auch: Ohne diesen gesellschaftsmoralischen Drehan dem es eigentlich nichts auszusetzen gibt, außer man mag ihn für eine Lektion haltenwürde der Film nicht überleben.