Cage Talks |
![]() |
|
Nicolas Cage in Windtalkers |
Der 1964 geborene Neffe von Regie-Genie Francis Ford Coppola spielte sich in den 80er Jahren in die erste Darstellerriege der USA. Jetzt ist Nicolas Cage in der Rolle eines traumatisierten Offiziers in John Woos neuem Film Windtalkers zu sehen.
Mit Cage sprach Rüdiger Suchsland.
artechock: Mr.Cage, Sie haben offensichtlich einen Hang zu ambivalenten, gebrochenen, dunklen Charakteren...
Nicolas Cage: Nun, ich interessiere mich nicht für Perfektion – die Condition Humaine ist anders. Ich mag es, die Maske herunterzureißen, die wir alle immerzu tragen: Andauernd lächelnd, gutgelaunt, etc. Ich möchte die Abgründe des Lebens zeigen, und wie man diese überwinden kann. In Windtalkers sucht John Erlösung, er ist spirituell verloren und fühlt sich schuldig, weil er einst seine Männer in den Tod geführt hatte. John repräsentiert eine Vorstellung von Ehre und Loyalität, die jüngeren Generationen verlorengegangen ist.
artechock: Eine Message, die perfekt in Kriegszeiten zu passen scheint...
Cage: Ich hasse Krieg. Dieser Film zeigt, dass Krieg die Hölle ist, dass das nicht passieren soll. Wir haben Windtalkers vor dem 11.September gedreht. Wenn er einen Sinn hat, dann den, davor zu warnen, dass Eltern ihre Kinder in den Krieg schicken.
artechock: John Woos Filme handeln immer von Helden. Was ist – in allen Ihren Filmen – für Sie ein Held? Was macht einen Helden aus?
Cage: Wer tapfer genug ist, um sich aufs Schlachtfeld zu wagen, ist eine Art Held. Aber John, meine Figur in Windtalkers verändert sich, wird zu einer anderen Art Held. Er wird selbstlos. Ein Held ist einer, der, wenn das Schicksal
gegen ihn – oder sie – ist, eine Form von spiritueller Macht, von emotionaler Stärke findet, um dies zu
überwinden. Und zwar in selbstloser Weise.
artechock: Windtalkers ist nach Face/Off ihr zweiter Film mit John Woo, in einigen Wochen werden Sie den dritten drehen: Einen Western. Sie spielen dort einen irisch-stämmigen Arbeiter, der gemeinsam mit chinesischen Arbeitern beim Bau einer der großen Eisenbahnlinien von Ost nach West durch die USA beschäftigt ist. Warum ist John Woo ein so guter Regisseur für Sie?
Cage: John Woo ist einfach ein großer Künstler und wahrhafter Visionär, außerdem ein Gentleman, der die Leute, mit denen er arbeitet, mit Respekt behandelt. Ich glaube, ich verstehe, was er will, wohin er seine Schauspieler bringen will. Als wir Face/Off gedreht haben, war ich schnell sicher: Mit ihm wird es etwas ganz Besonderes, Neues werden. Er hat keine
Angst vor Gefühlen, vor dem Extremen – und das ist genau das, was auch ich selbst in meiner Arbeit
versuche. Längst nicht alle Regisseure begreifen das.
artechock: In Windtalkers nimmt sich Woo erstmals einem »echt« amerikanischen Thema an. Zugleich handelt Windtalkers von einem Menschen, der einer Minderheit angehört. Es geht darin auch um Rassismus, um Identitätsfindung... – Erfahrungen, die er selbst machen musste. Ist es für Woo ein Vorteil in Hollywood, als Chinese ein Fremder zu sein, die Dinge von Außen betrachten zu können?
Cage: Ich sehe Woo als Amerikaner. Seine Perspektive ist die eines echten Künstlers. Das hat nichts damit zu tun, wo er aufwuchs. Ähnliche Rassismus-Erfahrungen kann man ja auch in anderen Ländern machen, auch in China. Was bei Windtalkers in dieser Hinsicht wirklich interessant ist, ist, dass die Gruppe wie ein internationaler Querschnitt zusammengesetzt ist: Weißen, Griechen, Navajos, Italo-Amerikaner. Ab einem bestimmten Punkt werden sie farbenblind, sehen die Unterschiede nicht mehr. Sie erkennen sich als zu einer Einheit verbunden. So könnte es vielleicht auch unserer heutigen Welt ergehen, wenn es bloß keine Kriege gäbe...
artechock: Die klassische revolutionäre Idee von der Armee als dem Instrument der Vergesellschaftung und der Gleichheit aller Bürger?
Cage: Ja. Einer der für mich schönsten Sätze des Films sagt: In 50 Jahren verstehen wir uns vielleicht mit den Japanern prächtig, spielen gegeneinander Fußball... Da sind wir heute! Und da können wir – denken Sie an den 11.September – auch in absehbarer Zeit mit den islamischen Ländern sein. Das wäre großartig!