In der Broschüre der Schauspielschule steht geschrieben: »Wir erwarten von den Schülern und Schülerinnen auch, daß sie den Freiraum der Schule nutzen, um die Rolle zu erkunden, die sie in ihrem Leben spielen – aber auch das, was ihnen fremd ist – Vorstellbares und Unvorstellbares.« Und: »Man sagt: Die Schauspielschule ist ein Ort, wo erforscht wird, was der Mensch ist und was er darüber hinaus noch alles sein könnte.« Kathrin Bohny sagte: »So habe ich die Schauspielausbildung noch nie betrachtet, doch neugierig bin ich schon darauf.« Der Film: Eine junge Frau, die sich und ihre Möglichkeiten erkundet. Der weite Weg, den sie während der vier Jahre ihrer Schauspielausbildung geht.
Quotations from the brochure of a school for actors: »We expect the students to use the free space at school to explore the roles they play in their everyday lives, but also all that is alien to them, both the imaginable and the unimaginable.« And: »It is said that an actor’s school is a place to discover what Man is and what he could be.«
Kathrin Bohny says »I never thought of training to be an actress in that way, but I’m curious to find out how it will be.« The film: a
young woman, learning to know herself, and of what she is capable. The wide path she follows, in the four years that her training as an actress lasts.
Über den Film:
»Auf den ersten Blick dokumentiert Die Zeit mit Kathrin von Urs Graf vier knallharte Ausbildungsjahre an der Schauspiel Akademie Zürich. Aber in diesem Film geht es letztlich allein um Kathrin – um das reizende Persönchen, das zu einer Persönlichkeit wird.
Anfang und Schluß des Films markieren zwei Bewerbungsfotos: das Bild eines mädchenhaften Wesens (für die Aufnahmeprüfung) und das Bild einer jungen, bezaubernden Frau, die endlich auf die Bühne
will. Was dazwischen liegt, erzählt Urs Graf in sorgfältig inszenierten, packenden Bildern: fast schmerzlich schön wirken zu Beginn die betörend sinnlichen Nahaufnahmen. Es ist Kathrins ›Irgendwie-Zeit‹. Die Neuland-Zeit, da sie oft vor Verlegenheit kichert und kokettiert, um dann plötzlich ungemein ernst und berührend nach Haltung zu suchen.
Dann folgt die Zeit der Häutungen. Kathrin muß (laut Lehrplan) ihren ›Panzer‹ abbauen, die
›Extreme‹ erforschen, die ›Neutralität des Körpers‹ finden. Eine gleichzeitig verletztliche und verschmitzte Kathrin scharwenzelt auf Befehl, schmachtet, keucht wie ein Tier, steigert sich souverän in eine wunderschöne Kuß-Szene hinein – und ringt bei all diesen Übungen mit wachsender Kraft um ihre Würde: ›Ich möchte bei mir sein, mit voller Kraft – wie beim Holzspalten.‘ Das sagt die eine unsichtbare Kathrin, während die andere
Sichtbare noch zaudert und Mühe hat. Ein nicht unwesentlicher Teil des Films lebt von diesen Widersprüchen zwischen Bild und Aussage. Das verleiht ihm Weite und hilft, den atemlosen Ernst dieser Ausbildung zu hinterfragen.
Obwohl Urs Graf mit sparsamen Bildschnitten arbeitet und scheinbar wenig deutende Akzente setzt, ist er alles andere als ein ‘neutraler‹ Filmer. Seine tagebuchartigen Off-Kommentare, in denen er mal Kathrin, mal eine Lehrkraft oder auch sich
selber zitiert, sorgen in der Betonung der indirekten Rede für eine gewisse Distanz. Hinzu kommt die Inszenierung des eigenen Blicks: Graf macht immer wieder deutlich, daß er und Kathrin einen Vertrag auf Zeit abgeschlossen haben, und daß die Kamera die unbestechliche Dritte im Bunde ist. Wenn Kathrin in ihrem Zimmer eine Video-Sequenz dieser Zusammenarbeit anschaut und danach mit einem ganz neuen Gesichtsausdruck von ihrem Schmerz und ihrer gewonnenen Härte spricht, dann ist das
großes Kino.«
Dora Meschini in Solothurner Zeitung (Auszüge)
BIO-FILMOGRAPHIE
Urs Graf
Geboren 1940 in Olten. Ausbildung als Grafiker-Lithograf. Grafik, Industrial-Design bei E+U Hiestand, Zürich. Malerei, Cartoons, Fotografie, 8mm-Film »Hop Trix« über Leistungssport. 1967-71 bei Turnus-Film AG (Drehbuch, Regie, Animation, Schnitt).
Gleichzeitig Beginn eigener Film-Realisationen. Seit 1961 wohnhaft in Zürich. Seit 1975 Mitglied des Filmkollektiv Zürich.
Produzent aller eigenen Filme, seit 1991 Produzent für das Filmkollektiv
Zürich der Filme von Thomas Imbach, Eduard Winiger, Theo Stich, Paolo Poloni. Ab 1972 Leitung medienpädagogischer Kurse. 1982 Dozent an der DFFB in Berlin. Ab 1983 Dozent für Film an der ETH Zürich. 1988 Dozent für Video an der Höheren Schule für Gestaltung Basel. 1990 Kunstpreis des Kantons Solothurn.
Filme:
1970 Z.B. UNIFORMEN (mit Marlies Graf Dätwyler)
1971 EINE LINIE IST EINE LINIE IST EINE LINIE
1971 ISIDOR HUBER UND DIE FOLGEN (mit Marlies Graf Dätwyler)
1978 CINEMA MORT OU VIF? (mit Hans Stürm, Mathias Knauer)
1979 KOLLEGEN
1982 WEGE UND MAUERN
1987 ETWAS ANDERES
1991 SERIAT (mit Marlies Graf Dätwyler)
1993 DIE FARBE DES KLANGS DES BILDES DER STADT (mit Elisabeth Wandeler-Deck und Alfred Zimmerlin)
1999 DIE ZEIT MIT KATHRIN