Air

Vâyu

F/Indien 1994 · 62 Minuten
Regie: Velu Viswanadhan
Drehbuch:
Kamera: Velu Viswanadhan

Die Luft ist im Raum spürbar, immer in Bewegung, durch­sichtig, farblos, geruchlos. Ohne Konturen, von einem unvor­stell­baren Volumen, ist sie unendlich und wesent­lich. Unsichtbar und doch Haupt­figur dieses Films, ist die Luft ein Sesam-öffne-dich, um in Indien einzu­dringen. Im chao­ti­schen und lärmigen Alltag der Stadt sowie auf dem Land und in den Bergen, wo die Zeit langsamer zu vergehen scheint, findet Viswa­nadhan die Metaphern, die notwendig sind, um einem viel­schichten Porträt Indiens Dichte zu verleihen; dabei geht er von einer Welt aus, die sich in einem Span­nungs­feld zwischen Unruhe und Medi­ta­tion befindet. Es tauchen Stimmen und Geflüster empor, Gesichter und Körper, die von der Geschichte der Menschen erfüllt sind. Die noch nach Einbruch der Nacht prächtig leuch­tenden Drachen segeln durch die Luft ...

Percep­tible in space, always on the move, air is trans­pa­rent, colorless, odorless. Lacking contour, of incon­ceivable volume, it is infinite and essential. Though invisible, air is nonethe­less the prot­ago­nist of this film, an eye opener to India. From the city in all its noisy, chaotic routine, to the coun­try­side and mountains where time seems to flow slowly, Viswa­nadhan finds metaphors that gibe consis­tency to a multi-faceted portrait of India, and therefore, the world, balanced between efferve­scence and medi­ta­tion. Voices and murmurs, faces and bodies emerge, inhabited by the history of mankind. And there are the kites, superb even in the night, which devour the air to remain on high.

„Vâyu/Air“ ist der vierte Teil einer Serie von fünf Filmen über die Elemente (Sable 1982, Ganga/Wasser 1985, Agni/Feuer 1989, der fünfte Teil über den Himmel ist noch in Planung). Auf eine Weise, die weniger mit Kino als mit einem Gedicht, einem Lied zu tun hat, zeigt er die indische Welt, den Lufthauch, der in den Menschen durch Ein- und Ausatmen zu Musik, Poesie, Wissen wird. Schon durch das bewußte Ein- und Ausatmen einer kleinen Menge Luft kann das Gefühl von Beengung und Befreiung entstehen. Ausgehend von einer sehr einfachen Idee hat Viswa­nadhan zwei Filme in einem gemacht, die sich nicht wider­spre­chen, aber auch nie mitein­ander verschmelzen: einen über das Sehen und einen über den Ton. Schon sein Film über das Feuer wurde als audio­vi­su­elles Gedicht gewürdigt, als viel­schich­tiges und komplexes Porträt eines Grund­ele­ments. Gérard Augustin

Die fünf Winde
Die Vâyus sind auf der Ebene des geistigen Seins die fünf vitalen Funk­tionen: Prana, Apana, Samana, Vyana und Udana. Prana ist der Atem, das Wort und die Aktion. Apana ist das Ausatmen, richtet sich nach unten und verläßt den Körper durch den Anus. Samana befindet sich beim Nabel und hilft bei der Verdauung. Vyana ist die Luft, die im ganzen Körper verteilt ist. Und die fünfte Luft, Udana, strebt nach oben steigt durch die Kehle in den Kopf auf, wenn der Körper nicht mehr lebt. Aus: L’Hébdo, Locarno 1994

BIO-FILMOGRAPHIE Velu Viswa­nadhan

Geboren 1940 in Kerala, Südindien; er studierte an der Govern­ment School of Fine Arts in Madras und arbeitet und lebt seit 1968 in Paris. Seit 1966 zahl­reiche Ausstel­lungen in Indien, Südame­rika und West­eu­ropa. Filme seit 1972, die meist von seiner Malerei inspi­riert sind.

Filme: 1972 COULEUR ET FORME, 1973 ECRITURE, 1976-82 SABLE, 1984-85 EAU / GANGA, 1989 AGNI / FEU, 1994 VÂYU / AIR